Die sogenannte Danaë
Nackte Frauengestalten kommen in dem Radierwerk Rembrandts in nicht unbeträchtlicher Zahl vor. Ihnen verdankt wohl der Künstler den Vorwurf, dass er Göttinnen als alte holländische Waschweiber dargestellt habe, ein Vorwurf, dessen Ungerechtigkeit eine Reihe seiner Gemälde beweist, Werke, auf die freilich erst in neuerer Zeit die Aufmerksamkeit gelenkt worden ist. In diesen Bildern hat Rembrandt den weiblichen Körper mit einem Reiz der festen, runden Formen ausgestattet, der an Giorgione erinnert, mit einer Leuchtkraft des Fleisches, die mit Tizian wetteifert, mit einer Morbidezza, wie sie fast nur Correggio besitzt; in dem packenden sinnlichen Reiz, in der berauschenden Lebenswahrheit erreicht ihn aber keiner dieser Künstler, übertrifft ihn selbst Rubens nicht. Es sind mehrere Bilder dieser Art aus der späteren Zelt des Künstlers erhalten, aus seiner früheren Zeit besitzt die Galerie der Eremitage in St. Petersburg in der sogen. Danaë ein Meisterwerk, das schönste aller dieser Bilder und zugleich eines der umfangreichsten Gemälde des Künstlers. Wie jene Bilder der späteren Zeit durch die anmutige Gestalt der Hendrikje Stoffels eingegeben waren, die bei dem alternden Künstler die Stelle der sorgenden Hausfrau vertrat, so ist es die Gestalt der jungen Gattin Saskia van Uylenborch, die Rembrandt zu der Danaë begeistert hat. Die Bezeichnung der Darstellung als Danaë ist eine althergebrachte; es kann dafür sogar das Inventar von Rembrandts Habe herangezogen werden, wo eine große „Dianae“ in einer Vorratskammer neben dem Atelier genannt wird. Aber abgesehen davon, dass der Verfasser dieses Verzeichnisses selbst geschwankt zu haben scheint, ob er eine Danaë oder eine Diana daraus machen solle, sprechen die Auffassung, die Lage, der Blick der jungen Schönen wie der der Alten neben dem Bett, der gefesselte Amor am Kopfende des Bettes keineswegs für den Mythus der Danaë und lassen eher auf die Braut des jungen Tobias, der Tochter des Raguel schließen. W. B.
Rembrandt van Rijn. Die sogenannte Danaë.
Kaiserl. Galerie der Eremitage, St. Petersburg
Rembrandt van Rijn. Die sogenannte Danaë.
Kaiserl. Galerie der Eremitage, St. Petersburg
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rembrandt van Rijn (geb. zu Leiden 1606, gest. in Amsterdam 1669)
Rembrand van Rijn. Die sogenannte Danae. Kaiserl. Galerie der Eremitage, St. Petersburg
Rembrand van Rijn. Die sogenannte Danae. Kaiserl. Galerie der Eremitage, St. Petersburg (1)
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