Die Staalmeesters
Seitdem Rembrandt im Jahre 1656 bankrott erklärt war, und in den folgenden Jahren seine ganze Habe und sein Haus mit allen seinen herrlichen Kunstschätzen verkauft waren, kam der Künstler aus den bedrängten Verhältnissen nicht wieder heraus. Vereinsamt lebte er, von seinem jungen Sohne Titus und seiner Freundin Hendrickje Stoffels unterstützt, in der abgelegenen Rosengracht; doch hat es ihm an Aufträgen auch hier bis in seine letzten Jahre nicht ganz gefehlt, da seine Kunst, wenn sie auch nicht mehr die Mode war, noch eine Reihe Verehrer hatte. Vornehme und reiche Leute ließen sich noch bei ihm porträtieren; selbst große öffentliche Aufträge wurden ihm noch zuteil. Einem solchen verdanken wir das größte Meisterwerk, das uns von seiner Hand erhalten ist „Die Staalmeesters“, die Vorsteher der Tuchmacherzunft in Amsterdam. Über die Bestellung, über den Ausfall des Auftrages wissen wir nichts; keine Urkunde ist darüber erhalten, und die älteren Schriftsteller erwähnen das Bild nicht mit einem Worte, Nur Rembrandts eigene Schrift bezeugt uns die Zeit der Entstehung des Bildes: es ist zweimal von ihm bezeichnet (vorausgesetzt, dass beide Bezeichnungen echt sind), und neben den Namen finden wir das eine Mal die Jahreszahl 1661, das andere Mal 1662. Die „Nachtwache“ die er zwanzig Jahre vorher vollendete, hat zweifellos in ganz anderem Grade die Aufmerksamkeit auf sich gezogen; wenn auch, namentlich mit der Zeit, manches dagegen eingewendet wurde, so blieb sie doch das Bild, an das man dachte, wenn man von Rembrandts Meisterschaft sprach. Neben der „Nachtwache“ sind die „Staalmeesters“ auffallend einfach, ohne die Eigenartigkeit der Beleuchtung und Handlung, ohne die malerische Anordnung und Ausstaffierung, die jenes Bild einzig in seiner Art erscheinen lassen. Aber gerade in dieser Schlichtheit und Natürlichkeit, in der treffenden Charakteristik und Leibhaftigkeit jedes einzelnen dieser biederen Bürger, in der Einheitlichkeit des Motivs — der Künstler denkt sich die Vorsteher bei der Rechnungslegung vor der Versammlung, der alle den Blick zuwenden — , in der klaren, sprechenden Zusammenordnung der Figuren und ihrer Unterordnung unter den leitenden Gedanken, in der malerischen Durchbildung ist das Bild von solcher Gewalt, von so packender Wirkung, von so vollendeter Feinheit, dass sich ihm kaum ein zweites Porträtstück irgend eines Meisters an die Seite stellen lässt. Die prächtige Erhaltung lässt diese Wirkung auch heute noch zur vollen Geltung kommen.
Rembrandt van Rijn. Die Staalmeesters.
Rijksmuseum, Amsterdam
Rembrandt van Rijn. Die Staalmeesters.
Rijksmuseum, Amsterdam
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rembrandt van Rijn (geb. zu Leiden 1606, gest. in Amsterdam 1669)
Rembrandt van Rijn. Die Staalmeesters. Rijksmuseum, Amsterdam
Rembrandt van Rijn. Die Staalmeesters. Rijksmuseum, Amsterdam (1)
Rembrandt van Rijn. Die Staalmeesters. Rijksmuseum, Amsterdam (2)
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