21. September. Heute den scheußlichsten Eindruck auf der ganzen Reise gehabt.

21. September. Heute den scheußlichsten Eindruck auf der ganzen Reise gehabt. War in Skutari bei den heulenden Derwischen. Hatte mich schon frühmorgens nicht ganz wohl gefühlt, etwa als Folge der Anstrengung auf dem gestrigen Ritte, mußte noch dazu beim Frühstück den Kaffee versäumen, der mir des Morgens einmal notwendig geworden ist, und ging daher schon etwas unwohl vom Hause weg. Besahen noch im Vorbeigehen die Pferde des Sultans, die mir höchst unbedeutend scheinen. Kamen dadurch, durch den Münzingenieur Mr. Taylor geführt, in die äußern Höfe des Serails. Das Innere kann man leider nicht besehen, da der Sultan es bezogen hat. Hierauf nach Skutari zu diesen Teufeln von Mönchen. Schon Lokal und Kleidung war so bettelhaft und schmutzig als möglich. Ungefähr dreißig Lümmel und drei Kinder zwischen sieben und neun Jahren. Nach Gebeten, deren Anfang wir glücklicherweise versäumten, fingen sie endlich an zu singen oder vielmehr zu stöhnen, zu grunzen, zu bellen, wobei sie den Leib nach ein- und auswärts und den Kopf nach rechts und links bewegten, etwa den Bewegungen eines Schiffes im Sturm ähnlich. Der Vorsteher in der Mitte gab das Tempo an. Von langsam immer schneller und schneller. Nun hoben sie auch stampfend die Füße. Das Geheul wurde immer stärker. Tief im Baß stießen sie immer die Silbe hom! hom! aus, während eine schneidende Tenorstimme, falsch, in einer ganz verschiednen oder vielmehr gar keiner Tonart schrillend dazwischen sang. Bald schienen sie nur noch das Mittel zu halten zwischen brandenden Wogen und galoppierenden Pferden. Einer von ihnen, ein wilder Kerl mit struppigen schwarzen Haaren, bekam einen Anfall von fallender Sucht. Er brüllte, bäumte sich, schlug um sich. Drei oder vier warfen sich über ihn, die andern galoppierten wie vorher. Einer von ihnen hatte offenbar durch das Schaukeln eine Art Seekrankheit bekommen. Er gröhlte nur noch, sah aus wie eine Leiche, und ich erwartete jeden Augenblick, daß er sein Frühstück von sich geben werde. Da fiel mich der Ekel und das Grauen über die Entwürdigung der menschlichen Natur übergewaltig an. Ich mußte hinausgehen, und im Freien meine Begleiter erwartend, bezahlte ich mit einem heftigen Kopfweh das widerliche Schauspiel.

Und in dieser Verfassung mittags zum Minister. Es ging aber besser, als ich gedacht. Ich saß an der Seite des russischen Gesandten, Grafen Titoff, der ein gebildeter, vielleicht etwas mystisch angeregter, aber völlig interessanter Mann ist. Die Gräfin Hahn war auch da, ich konnte aber mit ihr nicht zum Gespräche kommen. Bei Tische trank ich zwei Gläser gutes Wasser, ein Genuß, den ich in Konstantinopel zum erstenmale hatte. In Pera wenigstens gibt's bloß Cisternenwasser. Lächerlich kam mir General Jochmus vor, der, ein Europäer, sein Fes vor den Damen auf dem Kopfe behielt. Mein Kopfschmerz kam wieder, mir machten uns daher gegen neun Uhr ganz still aus dem Staube.