Sonnabend, 16. Meine Hypochondrie kommt wieder. Fürchte, diese Reise umsonst gemacht zu haben. Der Gedanke, nach Hause zurückzukehren, macht mich schaudern, und doch fühle ich, daß ich hier nichts zu thun habe. ...

Sonnabend, 16. Meine Hypochondrie kommt wieder. Fürchte, diese Reise umsonst gemacht zu haben. Der Gedanke, nach Hause zurückzukehren, macht mich schaudern, und doch fühle ich, daß ich hier nichts zu thun habe. Courage, mon ami!

Mein Zimmer ist unbehaglich. Feuer im Kamin wäre mir recht angenehm. Aber das Anmachen, das Unterhalten, das Ab- und Zulaufen der Dienstleute wäre mir zuwider. Daher mag es nur kalt bleiben. Es geht mir damit, wie mit der Gesellschaft von Paris. Ich möchte sie wohl kennen lernen, habe auch Empfehlungsbriefe im Portefeuille, die alle Thüren öffnen würden, kann mich aber nicht entschließen, mich der damit verbundenen gêne zu unterziehen. Auch ist mir die französische Sprache zu wenig geläufig, um im Gespräch über der Schwierigkeit des Wie, des Was nur einigermaßen froh zu werden. Meyerbeer hatte sich sehr empressiert gezeigt, jetzt bekomme ich ihn nicht mehr zu sehen. Ich war zweimal bei ihm, ohne ihn zu treffen. Thalberg, der Klavierspieler, versprach mir eine Karte in sein heutiges Konzert. Er hat bis jetzt nicht Wort gehalten. Es wird wohl unmöglich gewesen sein.


Ich bin für die Gesellschaft verdorben. Ich kann mit niemand sprechen, an dem ich keinen Herzensanteil nehme. Es unterhält mich mehr, einem Redlichen stumm gegenüber zu sitzen, als mit einem Zweifelhaften noch so geistreich zu konversieren. Brant gefällt mir erst, seit ich einen Zug von ihm gehört habe, der ihn als Ehrenmann charakterisiert.

Bin heute mit ihm in der Stadt herumgeschlendert. Pantheon. Prachtvolles Gebäude, wunderlicherweise ganz leer. In den Souterrains höchst widerlich die Sarkophage einiger grands hommes aufgeschichtet, die niemand kennt. Ich dachte mir die Monumente in der Kirche selbst. Rousseaus erstes Grabmal. Voltaires Bildsäule. Charakteristisch liegt der eine, und der andere steht. Die Kuppel bestiegen. Unangenehme Empfindung beim Emporsteigen. Seit mich vor Jahren auf dem Tischberge bei Gastein der Schwindel so heftig ergriff, machen alle Höhen mir einen beängstigenden Eindruck. Ungeheure Aussicht. Doch sollte man eigentlich gar nie die Grenzen eines großen Gegenstandes zu sehen begehren. Paris ist größer, wenn man seine endlosen Gassen durchwandert, als wenn man die Massen Stein und Kalk vom Pantheon aus überschaut.

Jardin des plantes. Der Schönbrunner Garten besser gehalten. Den Wert der Pflanzen verstehe ich nicht. Der Pariser Garten unendlich reicher an Tieren, in weiteren, luftigeren Räumen aufbewahrt. Die interessantesten waren verschlossen. Ein Bisonochse merkwürdig. Das Vorderteil mit dem Kopfe ungeheuer, das Hinterteil schwach.

Ueber den Place de la Bastille zurückgekehrt. Bizarre Idee des Elefanten als Springbrunnen. Noch nicht vollendet. Boulevard du temple. Reise bis zum Mittelpunkte der Stadt. Mit Brant in einer Restauration nach englischer Art eingekehrt, wo man für beinahe nichts wirklich nichts erhält. Mein Magen fordert tüchtigere Mahlzeiten. Die Stadt durchwandert, die sich bei Nachtbeleuchtung feenhaft ausnimmt. Vor allem die mit Glas bedeckten Passagen, Rue Vivienne, die einer einzigen ungeheuren Lampe gleicht oder einem Krystallpalaste, von Feuergeistern bewohnt. Die Boulevards heller als bei Tage. In dieser Richtung geht auch der Hauptzug der Vestalen vom ausgelöschten Feuer, die großenteils sehr hübsch sind, übrigens viel weniger zahlreich und anständiger, als ich gedacht hatte. Früher soll letzteres anders gewesen sein, besonders im Palais royal, von wo sie jetzt ganz verbannt sind. Das eine und das andere verdankt man dem jetzigen Könige. Louis Philipp ist überhaupt ein Ehrenmann, und ein erzgescheiter Mann obendrein. Ich habe ihn vom ersten Augenblicke an dafür gehalten und sehe hier nichts, was mich meine gute Meinung zurücknehmen ließe. Abends bei Brant mit dem jungen Neuwall. Wir schwatzten beim Thee bis eilf Uhr.