Montag, 25. April. Kann nicht ausweichen, heute der Frau v. Rothschild meinen Brief abzugeben. Wollte vorher noch die Gemäldeausstellung sehen; war verschlossen. ...

Montag, 25. April. Kann nicht ausweichen, heute der Frau v. Rothschild meinen Brief abzugeben. Wollte vorher noch die Gemäldeausstellung sehen; war verschlossen. Ging in den Tuileriengarten, las die Zeitungen. Der Kronprinz geht nach Berlin und Wien. Die östreichische Heirat dürfte sich bestätigen. Fängt an zu regnen. Flüchte mich in die Galerien des Palais royal. Möchte einige Kleinigkeiten kaufen, kann sie nirgends finden. Nach Hause gegangen, umgekleidet. Zu Rothschild. Von der Frau sehr gut empfangen. Sie ist liebenswürdig, gebildet, spricht wahrhaft gut. Sie gehen aufs Land. Soll sie dort besuchen. Sie gibt mir die Adresse von Heine. Gehe von ihr fort, meine Reisegefährtin zu besuchen. Hermine kommt heraus, sagt mir, daß viel Gesellschaft bei ihren Schwestern sei, Franzosen, zweifelt, ob mir das angenehm sei. Spreche mit dem Mädchen, finde sie weniger hübsch als auf der Reise. Sonst ganz dieselbe. Ein alter General, der bei den Schwestern war, kommt, um Abschied von ihr zu nehmen. Thut ziemlich bekannt. Der Aushängschild zeigt das Gewerbe. Gehe endlich auch, eben als Auber, der Opernkompositeur, sich entfernt, der mit den Schwestern artistische Konferenz gehalten hat. Bin gar nicht begierig, seine oder irgend jemands Bekanntschaft zu machen. Noch ehe ich zu Rothschild ging, besuchte mich Lapique, der Gefährte unserer Reise von Nancy nach Paris. Es plagt sie offenbar die Neugierde, zu wissen, wer Hermine ist. Ich mag es ihnen aber durchaus nicht sagen. Muß sie aber doch besuchen. Sie sind gar zu freundlich und gut.

Mittags bei Valentin. Der üble Eindruck, den ich am ersten Abende unserer Bekanntschaft erhielt, verschwindet. Es sind liebenswürdige Leute. Leo, den ich damals absprechend fand, ist es vielleicht, aber nicht mehr, als alle Deutsche, die Verstand haben. Ein Doktor Julius aus Berlin da, der eben aus Amerika kommt und der allerorten die Gefängnisse untersucht, auch ein sehr gutes Werk darüber geschrieben haben soll. Er gibt mir einen Brief an den Londoner Buchhändler Murray, der mich gleich in den Mittelpunkt der dortigen gelehrten Welt setzen soll. Guter Gott! Mich in den Mittelpunkt der gelehrten Welt! Nahm übrigens den Brief, der wohl nie aus meinem Portefeuille herauskommen wird.


Hatte Doktor Koreff versprechen müssen, ihn in der Oper, wo er eine Loge genommen hat, zu besuchen, um die Bekanntschaft seiner Frau zu machen. Gehe um neun Uhr hin. Die Frau äußerst hübsch. Ein wenig auffallend angezogen. Der Verfasser des Greuelstückes La tour de Nesle ist bei ihr. Ein gut aussehender junger Mann. Ich suchte vergebens nach dem Kainszeichen an ihm. Gehen während der Zwischenakte ins prächtige Foyer, wo die Leute auf und ab spazieren. Man zeigt mir Jules Janin. Ziemlich jung, wohlbeleibt, unelegant gekleidet, heiteres, französisch-behagliches Gesicht.

Meine eigene Behaglichkeit fing nach und nach an, zu Ende zu gehen. Die letzten Akte der Oper machten auf mich weniger Eindruck, als das erste Mal. Nach dem Schlusse ging ich mit Doktor Julius, der auch gekommen war, ins Café, Eis zu essen. Wollte sich kein rechter Austausch geben.