Reisen in Schweden – 2. Das Reisegeld, Währungen, Zahlungsmittel

Aus: Ernst Moritz Arndts Reise durch Schweden im Jahr 1804, Teil 1
Autor: Arndt, Ernst Moritz (1769-1860) Schriftsteller, Historiker, Freiheitskämpfer und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. Gebürtig in Groß Schoritz auf Rügen, Erscheinungsjahr: 1806
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Schweden, Reisen, Land und Leute, Sitten und Gebräuche, Natur und Umwelt, Flora und Fauna, Geschichte, Städte und Dörfer, Extrapost, Lebensweise, Reisegeld
Aber das Erste, was beim Reisen so einzig not ist, als das Bewusstsein beim Philosophieren, hab' ich vergessen, das Geld. Und dieses Vergessen geht einem jetzt in keinem europäischen Lande ungestraft hin. In Schweden kursieren folgende Münzen: Dukaten, in Bankosilbergeld Reichsthaler, 16, 8, 4, 2, 1 Groschenstücke und Schillinge, in Kupfer Stüver und Rundstücke, und zwar diese nach Banko- und Riksgäldkurs, ferner Banko und Riksgäldzettel. Ich irre nicht, wenn ich den Reichsthaler Banko zwischen Reichsthaler 12 und 13 Groschen preußisch Kurant setze. Banko-und Riksgäldzettel gibt es von 8, 12 Schill, bis zu mehreren 100 Rthalern. Bankozettel kursieren im ganzen Lande gleich mit der klingenden Münze. Die Riksgäldzettel oder Reichsschuldenscheine existieren seit dem letzten Kriege und auf dem letzten Reichstage ist ihr Wert bis zur völligen Realisation ein Drittel unter Banko gesetzt, so dass ein Reichsthaler in Riksgäldzetteln 32 Schill, in Banko gleich ist. Stüver, (auch Öre) jetzt die größte Kupfermünze, gehen 4 auf einen Schilling und Rundstücke 3 auf den Stüver, also 12 auf den Schilling.

Auf Reisen tut man wohl, um dem ewigen Wechseln und Verlegenheiten, vorzüglich um dem Unangenehmen zu entgehen, halb zerrissene und beschmutzte Zettel zu erhalten, in den größeren Städten sich mit kleinen Zetteln und kleiner Münze zu versorgen für das Wechseln und die Trinkgelder, weil in manchen Provinzen und Gegenden, wo wenig Kommerz ist, das meiste Geld in großen Banko- oder Riksgäldzetteln bequemer aufbewahrt liegt oder gar in harten Thalern, die sie nicht gern anrühren. Seit der Festsetzung des Kurses auf dem letzten Reichstage nehmen die meisten Leute fast lieber Riksgäld als Banko in Bezahlung.

Außer diesen wirklichen Münzen und Münzzeichen hat Schweden, wie die meisten Länder, chimärische und eingebildete, welche den Fremden durch die Verwechslung der Namen und durch die verschiedene Meinung der verschiedenen Provinzen oft in Verlegenheit setzen. Bei der Unkunde der Sprache oder bei Vergessenheit selbst des Gewussten, hört er Riksdaler und Daler und meint, er höre einerlei, und doch ist zwischen beiden kein größerer Unterschied, als zwischen 48 Schillingen und zwischen 2 Schillingen 8 Rundstücken. Er hört von Tonnen Gold, von Million Daler und Daler Silfvermynt - und wird verwirrt; indem er die Begriffe seines Landes mitbringt. Was hunderttausend Rthaler oder eine Million Rthaler Banko sind, ist klar, nicht aber, was eine Million Daler Silfvermynt , was eine Tonne Goldes im gewöhnlichen Sinn, was ein Daler Silfvermynt, ein Daler, eine Mark sind. Daher muss ich es erklären und zwar will ich vom Kleinsten anfangen. 8 Rundstücke machen eine Mark; ein Daler schlechtweg oder ein Daler koppare besteht aus 2 Schillingen 8 Rundstücken; dahingegen ist ein Daler Süfvermynt 8 Schillingen gleich. Das Landvolk rechnet am meisten nach Daler oder Daler koppare, mit einer solchen Behendigkeit, dass der Fremde ihm nur durch Übung nachkommen kann. Für 12 Schillinge sagt er 4 ½ Daler, für 24 Schill. 9 Daler, für einen Reichsthaler 18 Daler. Nimmt man einen Daler Silfvermynt oder 8 Schillinge, so sagt man selten Daler schlechtweg, sondern setzt Silfvermynt hinzu. Das kommt indessen auch auf die Provinzen an. Im Gothenlande (Götharike) rechnet man am meisten nach Daler Silfvermynt und versteht mit dem Daler immer 8 Schillinge. Das muss der Reisende durch Verlegenheit oder Schaden lernen, wie er kann. Für 16 Schillinge sagt man gewöhnlich ein Plåt, von dem jetzt nicht mehr gebräuchlichen schweren Kupfergelde in Plåtar. Man horcht hier anfangs hoch auf, wenn man hört, dieses und jenes Gut sei zu vier oder acht Tonnen Goldes verkauft, dieses und jenes Mädchen habe eine Mitgift von einer Tonne Goldes; aber die Verwunderung sinkt, wenn man lernt, wie viel dies bedeutet. Eine Tonne Gold ist nicht, wie bei uns, 100.000 Rthaler, sondern 100.000 Daler Silfvermynt, also nicht mehr und nicht weniger als 166.666 2/3 Rthaler; eine Million Daler ist also nur 166.666 2/3 Rthaler, ein Sechstel von einer Million Rthaler Banko.

Alles ist fertig, der Skjuts bestellt, die Koffer und der Mantelsack gepackt, der Schlitten klingt schon heran, die Reiselust schlägt hoch in der Brust. Wohl ist die Lust groß, aber Stockholm ist schön; Stockholm ist nicht allein schön, es hat auch viele gute und freundliche Menschen, es ist vielleicht die geselligste und freundlichste Stadt in der Welt für einen Fremdling. Ich komme freilich im Sommer wieder dahin, aber viele werden dann nicht mehr da sein, viele brave Menschengesichter werde ich also in meinem Leben nicht wiedersehen. So ging es mir im Herzen umher, ich drückte meinen besten Freund an dieses Herz, sprang auf den Schlitten und rasch klingelte er durch die Schustergasse über den großen Markt durch den neyen Sund und bald flog ich der Reiterstatue des großen Gustav Adolf auf dem Norrmalmstorg vorüber.

Schweden, Wappen

Schweden, Wappen

Schweden, Stockholm, Ritterhaus

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Schweden, Kalmar, Schloss

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Schweden, Schloss Skokloster

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Schweden, Schloss Drottningholm

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Schweden, Uppsala, Universitätsgebäude

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Schweden, Stockholm um 1650

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Schwedenfähre

Schwedenfähre

Schweden, Schloss zu Gripsholm

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Schweden, Stockholm, Vasabrücke

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