Reisen 5. Band - Java

Autor: Gerstäcker, Friedrich (1816-1872), Erscheinungsjahr: 1853
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Leseprobe aus Kapitel 1 - Batavia und sein erster Eindruck.

Freitag den 7. Nov. (1851) hatten wir endlich nach langer, durch die ewigen Windstillen wahrhaft verzweifelter Fahrt, Java's Höhe erreicht, und segelten nun mit günstiger Brise in die Sunda-Straße ein, die durch Java und Sumatra gebildet wird. O, wie wohl das schattige Grün der javanischen Küste, an der wir dicht vorbeihielten, dem Auge that; endlich einmal wieder Leben außer uns, endlich wieder einmal die Zeichen einer schaffenden, treibenden Menschenwelt. Ueber die stille Bay glitten die wunderlichen Prauen der Eingeborenen, mit ihren eigenthümlich gestellten Mattensegeln und scharf aufgebogenen Schnäbeln. Ein- und ausgehende Schiffe mit wehenden Flaggen zeigten sich da und dort in der Ferne, und eine Schaar munterer Tümmler, die nicht weit von uns ihre wilde Jagd durch die klare Fluth verfolgte, und manchmal mit dem ganzen glatten Körper übers Wasser schnellten, schien sich ordentlich darüber zu freuen baß wir endlich angekommen seyen, und begleiteten uns eine ganze Strecke Wegs – ohne jedoch ihre Freundschaft so weit auszudehnen daß sie in Harpunenwurfs-Nähe zum Schiff herangekommen wären.

So knapp waren wir – durch die ewig lange Windstille, und dadurch daß wir nicht ein einzigesmal einen ordentlichen Regen gehabt – mit Wasser geworden, daß der Capitän beabsichtigt hatte die Küste, Meeuven Island gegenüber, um Wasser anzulaufen; da aber die Brise so frisch und günstig wehte, gaben wir das wieder auf, denn mit dem Wind konnten wir Batavia in kurzer Zeit erreichen.

Links die Küste von Sumatra, mit ihrem ausdehnenden Gebirgsrücken, rechts die von Java, mit den spitzen kantenartigen Bergen, unter uns die ruhige, von einer günstigen Brise nur leicht bewegte See, über uns den blauen sonnigen Himmel, so fuhren wir in die Java-See ein, und mir war das Herz seit langer Zeit nicht so froh, so leicht gewesen.

Am nächsten Tag umsegelten wir Point Nicholas. Die ganze Bucht ist von hier aus wie mit kleinen Inseln besäet, und einzelne von diesen boten, mit ihren schattigen Fruchtbäumen und den tief darunter versteckten Häusern, einen wirklich reizenden Anblick. So die Insel Amsterdam, an der wir dicht vorbeifuhren, und die wahrlich mit ihren schaukelnden Prauen und Booten, den aus dem dichten Grün üppig heraussprossenden jungen Cocospalmen, den lauschigen Hütten und buntgekleideten Mädchengestalten, der leise plätschernden und doch weißbeschäumten Brandung und der ganzen sonnigen Umgebung, wie das Titelblatt zu einem wunderbaren herrlichen Märchenbuch aussah.

Am Abend landeten wir ziemlich dicht unter dem Reef einer andern unbewohnten Insel, lichteten am nächsten Morgen wieder die Anker und segelten die Rhede von Batavia an.

Es war Sonntag, und alle Schiffe flaggten! Mynheer war darunter am stärksten vertreten – überall wehte die holländische Flagge, doch zählte ich drei Amerikaner, mehrere Engländer, einen Franzosen, und dicht neben uns grüßte die Bremer Flagge vom »Ernst Moriz Arndt« herüber. Ein Hamburger der weiter draußen auf der Rhede lag, hatte nicht geflaggt.

Der Hafen von Batavia, oder vielmehr die Rhede (denn einen Hafen kann man das gar nicht nennen wo die Schiffe, weit vom Lande ab, in freier, offener See liegen müssen) bietet wenig anziehendes. Die einzeln umhergestreuten Inseln geben dem Bilde wohl einige Abwechselung, aber die javanischen Berge liegen zu weit in der Ferne, einen wirklichen Hintergrund zu bilden, und die nächste Küste, aus der nur hie und da die einzelnen Ziegeldächer der wirklichen Handelsstadt herausschauen, ist zu flach, um das Ganze selbst, dem Auge wohlthuend, einzufassen. Nur mit dem Fernrohr lassen sich die üppigen Palmenwälder der Niederung erkennen. Die Sonne brannte übrigens so gutmeinend auf uns herab, daß wir uns nicht mehr verheimlichen konnten wir hätten jetzt wirklich tropischen Boden erreicht. ...

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Friedrich Gerstäcker

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