Dritte Fortsetzung

Jetzt besitzen die arabischen Christen Mittel zur Bildung ihrer Kinder in Klosterschulen, deren Stiftung sie der Aufmerksamkeit verdanken, die Europa dem heiligen Lande widmet. Die ersten, welche ein gutes Beispiel gegeben, waren katholische Mönche von dem Orden der Jesuiten, Lazaristen und Franziskaner. Diese erhielten, in Syrien sich niederlassend, unter dem Beistande frommer Wohltäter, in allen Städten Plätze zur Erbauung von Klöstern, bei denen sie Schulen errichteten wo Kinder aller Bekenntnisse und Stände, reicher und armer Leute, unentgeltlich Aufnahme finden: man lehrt sie Religion, Arithmetik, arabische, französische und italienische Sprache; man bringt ihnen von Geschichte und anderen Wissenschaften einige Begriffe bei. Die ärmsten Kinder werden hier unentgeltlich gespeist und gekleidet, und alle ohne Ausnahme mit notwendigen Büchern versorgt, von welchen die arabischen in den Druckereien der Klöster selber gedruckt werden. Man findet sehr gebildete junge Leute aus reichen Familien des Landes, welche in diesen wohltätigen Anstalten erzogen sind. Jetzt ist die griechische Geistlichkeit dem Beispiele der römisch-katholischen Mönche gefolgt und hat, mit dem Beistande wohlhabender Laien ihres Glaubens, ähnliche Institute gegründet.

*) Bei der nahen Verwandtschaft des Syrischen mit dem Arabischen müsste sich dies bald von selbst machen.


Beirut ist von einer baufälligen Mauer und zehn eben so baufälligen Türmen umgeben, die der leichtesten Artillerie wohl nicht länger als eine Stunde Widerstand leisten könnten; ihre eigentliche Bestimmung muss also wohl die sein, zu verhüten, dass etwas eingebracht werde, ohne vorgängige Erlegung eines unmenschlichen Zolles, der für heimische Erzeugnisse eben so hoch ist wie für auswärtige, welche letztere ihn schon bei der Ausladung am Ufer entrichten. Die Einnehmer lauern an allen Stadttoren, so dass arme Bewohner der Stadt und ihrer Umgebungen, seien sie Fischer, Gemüsehändler oder sonst etwas, den Zoll erlegen müssen, ehe sie ihre Ware verkaufen; außerdem dürfen sie diese nicht selbst auf Markt oder Straßen feil bieten, sondern müssen sie in Läden abliefern welche dieses Recht von den Paschas gekauft haben. Ist es bei solchem Drucke des einheimischen Handels ein Wunder, dass kein Schatten von Industrie vorhanden ist, der Land und Volk beleben könnte?

Die Zollämter werden gewöhnlich verpachtet; dies geschieht offenbar, um unmittelbare Berührung mit den ausländischen Kaufleuten zu vermeiden, welche, als unter dem Schutze ihrer Regierungen stehend, über die ohnmächtige Habsucht der türkischen Behörden spotten würden. Der Pächter von seiner Seite bemüht sich auf alle Weise, das Dreifache des von ihm erlegten Pachtgeldes einzulösen, von dem öffentlichen Nutzen gänzlich absehend; so liegt denn die ganze Last unmäßiger Abgaben auf den Eingebornen. — Die Pforte sieht gleichgültig darein, während Ausländer, den Druck der einheimischen Industrie zu ihrem Vorteil kehrend, in Scharen herbeikommen und die Schätze des ganzen Landes beinahe um nichts aufkaufen.

Die Gebirgsbewohner und die Landleute überhaupt, beschäftigen sich mit gar keinem Handwerke; ihre Kunst, das Land zu bauen, ist so erbärmlich, dass sie vor Hunger umkommen müssten, wenn ihnen die Natur nicht kräftigen Vorschub täte. Was sie an Seide, Wolle, Wein und Olivenöl gewinnen, das gehört seit einigen Jahren ausländischen Kaufleuten welche den Bauern gegen einen Zins von 20 bis 24 vom Hundert Geld vorstrecken. Die Eigentümer von Gärten und Grundstücken müssen die Möglichkeit, den an keine Zeit gebundenen Anforderungen der Regierung zu genügen, um hohen Preis erkaufen; darum rühmen sie Ausländer als ihre Schutzherren. Fabriken und Manufakturen im Besitze Eingeborner gibt es sehr wenige, und diese sind noch weit entfernt, vollkommen heißen zu können.

In Damaskus webt man seidene, halbseidene und baumwollene Stoffe, auch einige wollene; außerdem gibt es fast in jeder Stadt Gewerbeleute die seidene Schärpen anfertigen. Jaffa hat zwei Seidenfabriken. Aber alle die Erzeugnisse Eingeborner sind größtenteils grob, sehr selten mittelmäßig, werden wohlfeil verkauft, und ausschließlich an Ort und Stelle verbraucht.

Die übermäßige Menge der Abgaben ist die vornehmste Ursache des kläglichen Zustandes der Industrie bei einem Volke, das, im wahren Besitze seiner so ergiebigen Heimat, ein Muster des Kunstfleißes sein könnte, dessen Vorfahren die ersten Aufklärer der Menschheit, die Lehrer des Handels und der Seefahrt waren.

Außer der bekannten Kopfsteuer (dem Charadj), welche nur auf den unterworfenen Andersgläubigen lastet, außer der allgemeinen Grundsteuer und Abgabe von allen unbeweglichen Dingen, die Einkünfte geben, und welche Salgin heißt, bezieht die Regierung noch den sogenannten Usul von sämtlichen Erzeugnissen des Gewächs- und Tierreichs, von den Ackerbauern und Hirten; ferner den Resm von allen Handarbeiten; die Handarbeiter insbesondere müssen ein Zehntel von dem abgeschätzten Wert ihrer Arbeiten entrichten; endlich nimmt das Zollamt ein Zehntel von jedem Erzeugnisse der Natur oder Menschenhand, wenn es aus einem Orte nach einem anderen befördert wird, wenn auch beide Orte in den Grenzen eines und desselben Kreises liegen. Zu dem Allen muss der Handwerker das notwendige Material seiner Arbeiten vom Pascha annehmen, wenn es in den Vorratshäusern der Regierung sich befindet; auswählen ist nicht gestaltet und feilschen eben so wenig; Weigerung aber wird bestraft. Die zum Ankauf erforderliche Quantität bestimmt der Verkäufer.

Alle Ausländer sind im türkischen Reiche freier als die Vögel unterm Himmel; daher befindet sich der ganze äußere und innere Handel Syriens in ihren Händen. Eine kleine Zahl Eingeborner, die „Bevollmächtigte" heißen, ist bei den umfassenden Geschäften derselben beteiligt; eine noch geringere Zahl, die unter dem Schutz der fremden Konsulate steht, handelt auf eigne Rechnung; die Bemühungen beider Klassen haben Erfolg, da sie vom Druck der Regierung unberührt bleiben. Alle übrigen Untertanen, Christen wie Muselmänner, können ihren mühseligen Erwerb nicht als unveräußerliches Eigentum betrachten.

Obschon es in Syrien, außer Paschas und Truppen, gar keine Türken gibt, so bildet es doch immer eine Provinz der Pforte und sollte derselben Ruhe genießen und eben so blühend sein wie die übrigen Provinzen dieses Reiches (wenn diese unter dem Schütze der neuen Einrichtungen in der Tal so glücklich sind); aber mit den Gebirgsbewohnern sich zu vertragen wäre für keine Nation eine leichte Sache, und am wenigsten für den heutigen Türken, der im friedlichen Kaffeehause gar tapfer seine Nargile raucht, aber nach den unzugänglichen Festen des Libanon mit Schaudern blickt und mit dem brünstigen Gebete, dass es ihm nicht beschert werden möge, an den Adlern der Felsen seine Kräfte erproben zu müssen. Dafür ist er in den Mauern der von Batterien geschützten Stadt ein hochmütiger Zwingherr. Wehe aber den Gebirglern, die sich in die Ebene hinablassen! die türkische Obrigkeit schlummert nicht und presst sie aus, wo und wie es angeht, auf gesetzmäßige und gesetzwidrige Weise, ohne zu bedenken, dass solches Verfahren ihr selber größeren moralischen Schaden als materiellen Nutzen einbringt.

Für die Ruhe und Wohlfahrt der Bewohner zu sorgen, sollte die erste Sorge des Paschas sein, der mit dem Charakter eines Generalstatthalters von Syrien und Palästina in Beirut residiert; aber in Folge einer wunderlichen Mischung der neuen Einrichtungen mit den Unordnungen der vorigen Verwaltung des Landes, führt er nur einen hochtönenden Titel ohne alle Bedeutung. Das Fach der verschiedenen herrschaftlichen Einkünfte ist von ihm völlig unabhängig und gehört dem Defterdar. Alle türkischen Truppen in Syrien stehen unter den unmittelbaren Befehlen des Serdar, der gleichfalls vom Pascha unabhängig ist. Die ganze Rechtspflege ruht noch immer in den Händen der Geistlichkeit: der Scheich-ul-Islam zu Konstantinopel ernennt alljährlich drei Mullas in Damaskus, Aleppo und Jerusalem; diese vergelten ihm mit ansehnlichen Summen und verkaufen hinwiederum die zu ihrer Verfügung stehenden Subalternstellen an die Kadi's und Nakib's, welche von ihrer Seite mit dem Recht auf gewissenlose Weise Handel treiben.