Am 17. Oktober morgens wartete Herr von Kotzebue

Am 17. morgens wartete Herr von Kotzebue an seinem Bord auf den ersten Besuch des Gouverneurs der Provinz; und der Gouverneur hinwiederum, ein alter Mann und Offizier von höherem Range, wartete auf dem Presidio auf den ersten Besuch des Leutnant von Kotzebue. Der Kapitän wurde zufällig benachrichtigt, daß er auf dem Presidio erwartet werde, worauf er mich nach dem Presidio mit dem mißlichen Auftrag schickte, dem Gouverneur glimpflich beizubringen: er, der Kapitän, sei benachrichtigt worden, daß er, der Gouverneur, ihn heute früh an seinem Bord habe besuchen wollen, und er erwarte ihn. Ich fand den kleinen Mann in großer Montierung und vollem Ornat, bis auf eine Schlafmütze, die er, bereit, sie a tempo abzunehmen, noch auf dem Kopfe trug. Ich erledigte mich, so gut ich konnte, meines Auftrages und sah das Gesicht des Mannes sich auf das Dreifache seiner natürlichen Länge verlängern. Er biß sich in die Lippen und sagte: er bedaure, vor Tisch die See nicht vertragen zu können; und es täte ihm leid, für jetzt auf die Freude verzichten zu müssen, den Herrn Kapitän kennenzulernen. – Ich sah es kommen, daß der alte Mann zu Pferde steigen und unverrichtetersache seinen Kurierritt durch die Wüste nach Monterey zurück wieder antreten würde; denn daß Herr von Kotzebue, wenn einmal die Spaltung ausgesprochen, nachgeben könne, ließ sich nicht annehmen.

Dem nachsinnend, schlich ich zum Strande wieder hinab, als ein guter Genius sich ins Mittel legte und, bevor es zu Mißhelligkeiten gekommen, den wartenden Frieden durch den schönsten Freundschaftsbund besiegelte. Der Morgen war verstrichen und die Stunde gekommen, wo Herr von Kotzebue, Mittagshöhe zu nehmen und die Chronometer aufzuziehen, an das Land fahren mußte. – Es wurde von den ausgesetzten Spähern auf dem Presidio gemeldet, der Kapitän komme; und wie dieser ans Land trat, schritt ihm der Gouverneur den Abhang hinab entgegen. Er wiederum ging zum Empfang des Gouverneurs den Abhang hinauf, und Spanien und Rußland fielen auf dem halben Wege einander in die offenen Arme.


Es wurde unter unserm Zelte gespeist, und in der Sache von Port Bodega, die zur Sprache kam, hatte der Kapitän Gelegenheit zu bedauern, daß er ohne Instruktion sei, der Unbill, die Spanien widerfahre, zu steuern. – Von jenem Hafen her langte heute eine große Baidare an und brachte von Herrn Kuskow alles, was der Kapitän verlangt hatte. Mit dieser selben Baidare, die am andern Tage, dem 18., zurückeging, ersuchte Herr von Kotzebue im Namen des Gouverneurs den Herrn Kuskow, sich zu einer Konferenz in San Francisco einzufinden.

Wir sahen am 18. den Gouverneur nicht, der vielleicht einen Staatsbesuch auf dem Presidio erwartete. Am 19. ward auf dem Presidio getafelt, und Artilleriesalven begleiteten den Toast auf die Alliance der Souveräne und die Freundschaft der Völker. Am 20. waren wir hinwiederum zu Mittag die Wirte und tanzten abends auf dem Presidio. Bei der Acht-Uhr-Glocke schwieg auf eine Welle die Musik, und das Abendgebet ward in der Stille verrichtet.

Herr von Kotzebue war im Umgang von einnehmender Liebenswürdigkeit, und Don Paolo Vicente de Sola, der doch sehr an Förmlichkeiten hing, denen Genüge zu leisten ausgewichen worden war, hatte, darüber getröstet, sich uns ganz hingegeben. Das hier beliebte Schauspiel des Kampfes eines Bären mit einem Stiere war uns verheißen. Am 21. fuhren zehn bis zwölf Soldaten in der Barkasse der Mission nach dem nördlichen Ufer hinüber, dort Bären mit dem Lasso einzufangen. Man will am späten Abend von der See her Geschrei gehört haben, was auf die Bärenjäger auf jener Küste gedeutet wurde; kein Bivouakfeuer war jedoch zu sehen. Die Indianer sollen ein gar gellendes Geschrei erheben können.

Erst am 22. abends brachten die Jäger eine kleine Bärin ein. Sie hatten auch einen größeren Bären gefangen, aber zu weit von der See ab, um ihn ans Ufer transportieren zu können.

Dem Tiere, das am andern Tage kämpfen sollte und über Nacht in der Barkasse blieb, wurden gegen den Brauch Kopf und Maul frei gelassen, damit es sich frischer erhalte. Der Gouverneur brachte den ganzen Tag, Mittag und Abend in unsern Zelten zu. Zu Nacht brannten auf dem festen Lande im Hintergrunde des Hafens große Feuer; die Eingebornen pflegen das Gras anzuzünden, um dessen Wachstum zu fördern.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reise um die Welt