Reise eines Gesunden in die Seebäder Swinemünde, Putbus und Doberan
, Erscheinungsjahr: 1823
Neuaufgelegt: 2005
ISBN: 978-3-938347-73-7
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Themenbereiche
Reisen Mecklenburg-Vorpommern Pommern Seebäder, Kurbäder und Heilbäder Gesundheit, Medizin, Homöopathie
Enthaltene Themen: Reisen, Mecklenburg, Vorpommern, Ostseebäder, Frankfurt an der Oder, Stettin, Ueckermünde, Swinemünde, Stralsund, Sagard, Glowe, Putbus, Damgarten, Rostock, Doberan, Güstrow und Neuruppin, Stubbenkammer, Wittow, Jasmund
Schon manchen Tropfen Oderwassers hast du hier vorbeifließen gesehen, schon manchen Strom befahren, dich in manchem Flusse gebadet; geh und sieh das große Wasser, welches alle diese Tropfen wie einen in sich aufnimmt, ohne dadurch größer zu werden; bade dich in den Fluten des baltischen Meeres und fahre auf dem Rücken desselben dahin! So sagte ich zu mir und beschloss eine Reise nach der Insel Rügen und wohin mich der Geist und Zufall weiterführen würden. Hindernisse mancher Art verschoben die entworfene Reise bis zum Sommer 1822...
Geist und Zufall führten den Verfasser unter anderem an folgende Orte: Frankfurt an der Oder, Stettin, Ueckermünde, Swinemünde, Stralsund, Sagard, Glowe, Putbus, Damgarten, Rostock, Doberan, Güstrow und Neuruppin.
Geist und Zufall führten den Verfasser unter anderem an folgende Orte: Frankfurt an der Oder, Stettin, Ueckermünde, Swinemünde, Stralsund, Sagard, Glowe, Putbus, Damgarten, Rostock, Doberan, Güstrow und Neuruppin.
Inhaltsverzeichnis
Frankfurt an der Oder
... Sie sollte den 21. Juni angetreten werden. In der Nacht auf den 20sten brach aber ein Feuer in meinem Wohnorte aus, das 7 Häuser mit Scheunen und Ställen in die Asche legte. Dieser Zufall schien im dritten Jahre die Reise zu vereiteln. Da indes meine Wohnung unversehrt geblieben war, so packte ich meinen Koffer, hieß zweien von meiner Familie in den Wagen steigen und fuhr am Morgen des 28sten Juni früh 4 Uhr mit ihnen ab, in der Hoffnung, nicht bloß selbst gesund heimzukehren, sondern auch die Meinen glücklich wieder zu finden. Diese letzte Hälfte der Hoffnung ward wenigstens insoweit verkümmert, dass ich bei meiner Rückkehr erfuhr, wie die Meinen in steter Furcht und Angst geschwebt und keine Nacht ruhig geschlafen hätten wegen der wiederholten Feuersbrünste, deren in meiner Abwesenheit nicht weniger als 4 und mit den beiden frühern zusammen 6 innerhalb 5 Monaten gewesen waren.
Woher diese ungewöhnliche Zahl von Feuersbrünsten, die in manchem benachbarten Orte noch größer ist? War immer der Zufall oder Fahrlässigkeit die Ursache derselben? Dies wird niemand behaupten, der mit der gewöhnlichen Zahl von Feuerschäden in andern Gegenden, und auch den früheren in hiesiger bekannt ist, und mit den Umständen, unter welchen sie jetzt so vielfach vorkommen. Es ist größtenteils der Eigennutz und die Gewinnsucht, und wenn man es so nennen will, die Ruchlosigkeit, welche absichtlich den Feuerbrand und den glimmenden Schwefel in die Scheune, den Stall oder das Wohnhaus steckt, um mit dem erhaltenen Feuerversicherungs-Gelde das ganze Gehöft neu aufzubauen und vielleicht noch einige hundert Taler übrig zu behalten. Die Aussicht auf einen solchen Gewinn ist für den, welcher seine verfallenen Gebäude vielleicht um das Doppelte oder Dreifache ihres Wertes versichert hat, und welcher bei der hier immer mehr herrschend werdenden Sonderung und Zerschlagung der Grundstücke seine Hofstelle versetzen will, eine zu große Lockung, als dass er ihr bei dem jetzigen geringen Verkehr und den niedrigen Kornpreisen widerstehen könnte. Der Spekulationsgeist hat sich auf eine neue Seite geworfen, und es gibt einige, welche genau berechnen können, wie viel bei dem Ankauf eines Hauses im Dorfe mit einer Scholle von einem bis zwei Morgen auf dem Wege einer glücklichen Feuersbrunst zu gewinnen sei. So unsittlich dieser Spekulationsgeist auch ist, so wird er von selbst aufhören, wenn die Umstände wegfallen, die ihn hervorgerufen haben. Was dazu durch verbesserte Einrichtung der Feuer-Versicherungsanstalt geschehen kann, werden die gesetzlichen Behörden am besten zu beurteilen wissen. Es bestätigt sich indes auch hier die Erfahrung, dass Gesetz und gesellschaftliche Einrichtungen oft zu Verbrechen reizen, wenn sie zu den auch nur in etwas veränderten Umständen nicht ganz mehr passen, so weise sie bei ihrer Einführung auch waren.
Unser Weg führte uns zunächst nach Frankfurt an der Oder. Ich schreib Euch von dieser Stadt nur wenig, da Ihr sie hinreichend durch den öfteren Messbesuch kennt. Sie hat sich indes seit Eurer letzten Anwesenheit wieder merklich verändert, und gar nicht zu ihrem Nachteile. Das Gubener Tor und das noch hässlichere Lebuser mit der berüchtigten Keule und dem schönen im Volke umlaufenden Reimlein :
Wer seinen Kindern gibt das Brot
Und leidet darnach selber Not,
Den schlagt mit dieser Keule tot –
sind abgebrochen, und schon stehen einige schöne Häuser an deren Stelle, in gleicher Linie mit den übrigen der Straße. Die beiden Vorstädte, welche nach diesen weggebrochenen Toren führten, sind dadurch mit der Stadt selbst verbunden. Die nächtliche Erleuchtung ist vollständiger als frühere. In der Dammer Vorstadt wird viel Neues gebaut und Altes verschönert, so wie in den übrigen Teilen der eigentlichen Stadt. Den wohltätigen Einfluss der hierher verlegten Regierung merkt man überall, und binnen den wenigen Jahren ihres Hierseins ist des Guten und Schönen viel geschaffen worden, und künftig dürfte außer dem jetzt schon vorhandenen, außer dem Euch bekannten Denkmale des edlen Herzogs Leopold, dem schön umgestalteten Kirchhofe in der Gubener Vorstadt, mit dem unter Bäumen schön versteckten Denkmale des Dichters Kleist, der in der Schlacht bei Kunersdorf sein Blut vergoss,– und so manchem andern, noch ein mehres für die Besucher Frankfurts merkwürdig sein. Ich bemerke nur noch, das die Bevölkerung der Stadt bereits auf 15.000 gestiegen ist.
Hinter Frankfurt fuhren wir durch das Städtchen Lebus, das in der frühern märkischen Geschichte eine größere Merkwürdigkeit hat, als gegenwärtig. Denn vormals war es der Sitz eines Bischofs, der den Frankfurtern nicht immer Wohltaten erwies, am wenigsten unter der Regierung der Markgrafen aus dem bayrischen Hause. Der Bischof Stephan zog 1325 ein Heer von Polen und Litauern in die Mark, das die schrecklichsten Grausamkeiten verübte; und auch Anlass zu der erdichteten Geschichte von der Ermordung einer Nonne gab, die Bardous Pinsel, wie Ihr wisset, so schön dargestellt hat. Die Zeit der katholischen Bischöfe spukt noch jetzt in den Köpfen der gemeinen Leute in der hiesigen Gegend. Sie erzählen noch immer mit großem Ernste von den unterirdischen Kammern, Ställen etc. der ehemaligen Bischöfe, von den darin verwahrten Schätzen, und wie mancher einen prächtig geputzten Bischof, nur leider ohne Kopf, auf kostbarem Wagen, mit Sechsen bespannt etc. habe fahren gesehen. Man muss sich wundern, wie sich solche alberne Erzählungen noch immer unter dem Volke erhalten und Gläubige finden können. – Das Städtchen selbst von etwa 1.300 Einwohnern und 175 Feuerstellen, bleibt dem von Frankfurt Kommenden rechts weg liegen. Es führen einige tiefe und lange Hohlwege zu demselben, und man wundert sich, hier auf einmal in der sonst flachen Gegend, solche Zerreißungen des Erdbodens, und Häuser in solcher Höhe und Tiefe erbaut zu sehen. Wir hatten beim Untergange der Sonne von einer bedeutenden Bergspitze eine schöne Aussicht auf den niedern Teil des Orts und die dicht vorbeifließende Oder. Der Garten des hiesigen Amtes liegt sehr anmutig in einem kleinen Tale der Berge.
Eine Stunde hinter Lebus, bei dem adligen Dorfe Reitwein, fängt das so genannte Oderbruch an. Wir konnten bei der schon eingetretenen Dämmerung nicht weit in dasselbe hineinsehen, um so weniger, da ein leichter Nebel, der gewöhnlich diese Niederung des Abends und Morgens bedeckt, die Gegenstände meistens in einiger Entfernung umzog. Wir eilten auf der gewöhnlichen Heerstraße, zur Rechten ein oft breites Wasser und jenseits desselben den Oderdamm habend, nach Küstrin, um diese Festung noch vor sinkender Nacht zu erreichen, und waren so glücklich, noch vor Toresschluss dort anzukommen. Von Frankfurt bis hierher werden 4 Postmeilen gerechnet; im gewöhnlichen Leben nimmt man nur 3 gute Meilen an.
Woher diese ungewöhnliche Zahl von Feuersbrünsten, die in manchem benachbarten Orte noch größer ist? War immer der Zufall oder Fahrlässigkeit die Ursache derselben? Dies wird niemand behaupten, der mit der gewöhnlichen Zahl von Feuerschäden in andern Gegenden, und auch den früheren in hiesiger bekannt ist, und mit den Umständen, unter welchen sie jetzt so vielfach vorkommen. Es ist größtenteils der Eigennutz und die Gewinnsucht, und wenn man es so nennen will, die Ruchlosigkeit, welche absichtlich den Feuerbrand und den glimmenden Schwefel in die Scheune, den Stall oder das Wohnhaus steckt, um mit dem erhaltenen Feuerversicherungs-Gelde das ganze Gehöft neu aufzubauen und vielleicht noch einige hundert Taler übrig zu behalten. Die Aussicht auf einen solchen Gewinn ist für den, welcher seine verfallenen Gebäude vielleicht um das Doppelte oder Dreifache ihres Wertes versichert hat, und welcher bei der hier immer mehr herrschend werdenden Sonderung und Zerschlagung der Grundstücke seine Hofstelle versetzen will, eine zu große Lockung, als dass er ihr bei dem jetzigen geringen Verkehr und den niedrigen Kornpreisen widerstehen könnte. Der Spekulationsgeist hat sich auf eine neue Seite geworfen, und es gibt einige, welche genau berechnen können, wie viel bei dem Ankauf eines Hauses im Dorfe mit einer Scholle von einem bis zwei Morgen auf dem Wege einer glücklichen Feuersbrunst zu gewinnen sei. So unsittlich dieser Spekulationsgeist auch ist, so wird er von selbst aufhören, wenn die Umstände wegfallen, die ihn hervorgerufen haben. Was dazu durch verbesserte Einrichtung der Feuer-Versicherungsanstalt geschehen kann, werden die gesetzlichen Behörden am besten zu beurteilen wissen. Es bestätigt sich indes auch hier die Erfahrung, dass Gesetz und gesellschaftliche Einrichtungen oft zu Verbrechen reizen, wenn sie zu den auch nur in etwas veränderten Umständen nicht ganz mehr passen, so weise sie bei ihrer Einführung auch waren.
Unser Weg führte uns zunächst nach Frankfurt an der Oder. Ich schreib Euch von dieser Stadt nur wenig, da Ihr sie hinreichend durch den öfteren Messbesuch kennt. Sie hat sich indes seit Eurer letzten Anwesenheit wieder merklich verändert, und gar nicht zu ihrem Nachteile. Das Gubener Tor und das noch hässlichere Lebuser mit der berüchtigten Keule und dem schönen im Volke umlaufenden Reimlein :
Wer seinen Kindern gibt das Brot
Und leidet darnach selber Not,
Den schlagt mit dieser Keule tot –
sind abgebrochen, und schon stehen einige schöne Häuser an deren Stelle, in gleicher Linie mit den übrigen der Straße. Die beiden Vorstädte, welche nach diesen weggebrochenen Toren führten, sind dadurch mit der Stadt selbst verbunden. Die nächtliche Erleuchtung ist vollständiger als frühere. In der Dammer Vorstadt wird viel Neues gebaut und Altes verschönert, so wie in den übrigen Teilen der eigentlichen Stadt. Den wohltätigen Einfluss der hierher verlegten Regierung merkt man überall, und binnen den wenigen Jahren ihres Hierseins ist des Guten und Schönen viel geschaffen worden, und künftig dürfte außer dem jetzt schon vorhandenen, außer dem Euch bekannten Denkmale des edlen Herzogs Leopold, dem schön umgestalteten Kirchhofe in der Gubener Vorstadt, mit dem unter Bäumen schön versteckten Denkmale des Dichters Kleist, der in der Schlacht bei Kunersdorf sein Blut vergoss,– und so manchem andern, noch ein mehres für die Besucher Frankfurts merkwürdig sein. Ich bemerke nur noch, das die Bevölkerung der Stadt bereits auf 15.000 gestiegen ist.
Hinter Frankfurt fuhren wir durch das Städtchen Lebus, das in der frühern märkischen Geschichte eine größere Merkwürdigkeit hat, als gegenwärtig. Denn vormals war es der Sitz eines Bischofs, der den Frankfurtern nicht immer Wohltaten erwies, am wenigsten unter der Regierung der Markgrafen aus dem bayrischen Hause. Der Bischof Stephan zog 1325 ein Heer von Polen und Litauern in die Mark, das die schrecklichsten Grausamkeiten verübte; und auch Anlass zu der erdichteten Geschichte von der Ermordung einer Nonne gab, die Bardous Pinsel, wie Ihr wisset, so schön dargestellt hat. Die Zeit der katholischen Bischöfe spukt noch jetzt in den Köpfen der gemeinen Leute in der hiesigen Gegend. Sie erzählen noch immer mit großem Ernste von den unterirdischen Kammern, Ställen etc. der ehemaligen Bischöfe, von den darin verwahrten Schätzen, und wie mancher einen prächtig geputzten Bischof, nur leider ohne Kopf, auf kostbarem Wagen, mit Sechsen bespannt etc. habe fahren gesehen. Man muss sich wundern, wie sich solche alberne Erzählungen noch immer unter dem Volke erhalten und Gläubige finden können. – Das Städtchen selbst von etwa 1.300 Einwohnern und 175 Feuerstellen, bleibt dem von Frankfurt Kommenden rechts weg liegen. Es führen einige tiefe und lange Hohlwege zu demselben, und man wundert sich, hier auf einmal in der sonst flachen Gegend, solche Zerreißungen des Erdbodens, und Häuser in solcher Höhe und Tiefe erbaut zu sehen. Wir hatten beim Untergange der Sonne von einer bedeutenden Bergspitze eine schöne Aussicht auf den niedern Teil des Orts und die dicht vorbeifließende Oder. Der Garten des hiesigen Amtes liegt sehr anmutig in einem kleinen Tale der Berge.
Eine Stunde hinter Lebus, bei dem adligen Dorfe Reitwein, fängt das so genannte Oderbruch an. Wir konnten bei der schon eingetretenen Dämmerung nicht weit in dasselbe hineinsehen, um so weniger, da ein leichter Nebel, der gewöhnlich diese Niederung des Abends und Morgens bedeckt, die Gegenstände meistens in einiger Entfernung umzog. Wir eilten auf der gewöhnlichen Heerstraße, zur Rechten ein oft breites Wasser und jenseits desselben den Oderdamm habend, nach Küstrin, um diese Festung noch vor sinkender Nacht zu erreichen, und waren so glücklich, noch vor Toresschluss dort anzukommen. Von Frankfurt bis hierher werden 4 Postmeilen gerechnet; im gewöhnlichen Leben nimmt man nur 3 gute Meilen an.