Putbus

Putbus, den 9. Juli 1822, früh 7 Uhr.

Später als bisher auf meiner Reise bin ich heut aufgestanden, obwohl ich mich gestern vor 10 Uhr niederlegte, aber freilich in ein Bett, dergleichen ich noch nicht gehabt habe; wenigstens war die Decke mit Daunen gestopft, dagegen die ströhern so schwer wie Mühlsteine waren. Das hier, wie im übrigen Vorpommern eigentümliche Umschlagen des Lakens über das Kopfkissen werde ich Dir, liebes Weib, bei meiner Rückkehr selbst zeigen.


Meine gestrige Reise hierher auf einem Wagen, den ich für 2 schwedische Taler von meinem Wirt in Sagard gemietet hatte, hob um 8 Uhr an und zeigte mir anfangs fruchtbares Land mit unterschiedenen Höfen, einen kleinen Landsee mit Möwen, den Anblick des Rugard und andrer mir schon bekannten und noch fremden Gegenstände; dann ein dürres steiniges Land mit etwas Heidekraut bewachsen, und bloß zu Schafhütung tauglich. Links am Meere waren dürre Dünen aufgehäuft und rechts zeigte mir der Fuhrmann eine alte Schwedenschanze auf einem Berge. Der Heidekrug ist hier nicht, wie bei uns, ein Wirtshaus in einem Walde (Heide) sondern ein elendes Haus in einer elenden dürren Gegend. Nachdem wir ein Jägerhaus erreicht hatten, ging es in einer tiefen Schlucht den Berg hinauf, der mit Gesträuch bewachsen war. Die Gegend wird Prora genannt und da hier eine schöne Aussicht auf das von ihr benannte Prorer Wiek und das, was umher ist, sein sollte, so stieg ich bei der Stelle, die mir der Fuhrmann im Auftrage seines Herrn zeigte, ab und lief, obwohl es grade stärker zu regnen anfing, hin und her, um den besten Standpunkt von der bedeutendsten Anhöhe zu finden. Bei der dunklen Luft und dem zunehmenden Regen verirrte ich mich aber dabei so sehr, dass ich schlechterdings den Rückweg und den Wagen nicht wieder finden konnte. Ich rief den Knecht, bekam aber keine Antwort; ich arbeitete mich in dem nassen Gestrüppe immer weiter in der vermeint wahren Richtung fort und geriet in ein Eisbruch, aus welchem ich zuletzt mit Mühe glücklich ins Freie kam und mich in der Nähe eines Hauses sah, welches nach näherer Erkundigung in demselben kein andres war, als das Jägerhaus, vor dem ich vorher vorbeigefahren war. Ich stieg nun zu Fuß den Fahrweg wieder hinan und kam nach einer guten Stunde ganz durchnässt bei meinem Fuhrmann wieder an, der mir Irrenden zwar zugerufen hatte, wovon mir aber nichts zu Ohren gekommen war. So hatte ich also für meine Mühe weiter keine Belohnung, als vom Regen triefende Kleider auf einem von Schweiß triefenden Leibe. Ich werde an die Prora, wo ich nichts sah, denken. Wir eilten weiter und kamen nach einer Viertelstunde an einige elende Häuser, in deren einem ich mich trocken umkleidete. Die Leutchen wunderten sich höchlichst darüber, denn bei ihnen hatte es gar nicht geregnet. Die Prora hatte also auch hier, wie die Stubnitz am Sonnabend das Gewölk mehr an sich gezogen, als die Niederung es konnte, und die Entladung desselben bewirkt.

In dem Dorfe Zirkow war ich bei dem Herrn Pastor von Schämen durch dessen Bruder, meinen Gastfreund zu Kampe, angemeldet worden und ward freundschaftlichst empfangen. Da die Mittagszeit nahe war, so bat man mich, zu bleiben und vorlieb zu nehmen. Hier lernte ich nun die schon früher beobachtete Reihenfolge der Gerichte, welche von der bei uns üblichen merklich abweicht, und dem ganzen Pommerlande mehr oder weniger eigen ist, genauer kennen. Die Mahlzeit begann mit einem Gerichte von Seefischen, wozu Butterbrot gegessen wird. Käse und Schnaps folgen darauf, oder stehen dem Liebhaber auch schon zum früheren Genüsse bereit auf dem Tische. Alsdann folgen andre Fleischspeisen usw. und den Beschluss machte eine Milchspeise in Form einer kalten Suppe. Ländlich, sittlich. Nach Tische nahm ich von der mir liebgewordenen Familie des gastfreien Mannes Abschied, und fuhr die 2 kleinen Meilen hierher über fruchtbares Land mit Höfen und Dörfern besetzt.

Putbus war vor wenigen Jahren nichts weiter als ein fürstliches Schloss mit einem Garten in altfranzösischer steifer Manier und einem Kruge dabei. Jetzt ist es ein zum Flecken oder zur Stadt anstrebender Ort mit einem neu eingerichteten Seebade, das schon einigen Ruf erlangt hat und durch die Bemühungen des jetzigen Fürsten noch mehr erlangen dürfte. Dieser, ein Mann in den kräftigsten Lebensjahren (39) königl. preuß. General-Major und General-Gouverneur von ganz Neu-Vorpommern, nimmt sich seiner Schöpfung aufs tätigste an, und spart nichts, den alten Landsitz seiner Vorfahren glänzend zu machen. Das Schloss ist zwar nicht erheblich, und keineswegs ein ausgezeichnetes Werk der Baukunst, obwohl es dreistöckig ist und 1725 noch mit einem Flügel oder hintern Anbau versehen ward. Es enthält in seinem Innern manche merkwürdige Altertümer und Kunstwerke der Malerei und Bildnerei. Der umgeformte Garten ist durch ein daran stoßendes Gehölz, die Wusternitz oder Wustnitz genannt, vergrößert und verschönert worden. Man findet darin schattige Gänge und sonnige Plätze mit Ruhebänken versehen. Ein neu angelegtes Treib- und Gewächshaus liegt auf einer Anhöhe des ältern Gartenteils, von wo man eine Aussicht auf das Meer hat. Fließendes Wasser geht dem Garten ab; nur hinter dem Schlosse ist ein Teich, mit Schwänen besetzt. Neben dem Schlosse befinden sich andre Gebäude für die Umgebung des Fürsten, Pferdeställe und Wirtschaftsgebäude. Ein großer und schöner Speisesaal liegt in einem angenehmen und schattigen Teile des Gartens, und ein Pavillon nicht weit davon, war größtenteils schon vollendet und zu seiner Bestimmung eingerichtet. Hinter demselben befindet sich der fürstliche Tiergarten mit zahmen Hirschen, Rehen usw. besetzt. Ich sah einige 19-Ender darunter. Dieser Tiergarten ist mit hohen Staketen umgeben. Auf der andern Seite befinden sich neben den Wirtschaftsgebäuden Wiesen, und ein bedeutender Teil des Gartens ist mit einer steinernen Mauer eingefasst. Eine schöne Doppelreihe von alten Lindenbäumen läuft an dem Park und Tiergarten von Osten nach Westen fort und jenseits derselben befinden sich die neuen Anlagen, welche den Anfang der künftigen Stadt Putbus ausmachen. Außer einem geräumigen Logierhause nämlich, worin auch ich wohne, und aus meinem Fenster in den Tiergarten blicke, sind besonders seit 1810 nicht bloß einige Kolonistenhäuser erbaut, sondern auch prachtvolle Gebäude und darunter ein Schauspielhaus in neuerm schönen Stile aufgeführt. Ein freier viereckiger Platz ist zur Abhaltung eines Marktes bestimmt, und würde, gehörig bebaut, einer großen Stadt Ehre machen. Der vorhandenen Gebäude, außer dem Schlosse, sind jetzt erst zwanzig und einige. Nicht weit von ihnen ist ein mit Fichten bewachsener Berg, welcher nebst einem andern Wäldchen am entgegengesetzten Teile der Halbstraße zu etwas entferntem Ergehungen dient, auf welchen man sehr oft das Meer im Auge hat.

Ich besuchte am Abend das Schauspielhaus und fand das Innere sehr geschmackvoll und prächtig ausgeziert. Es kann eine bedeutende Zahl von Zuschauern fassen; aber diesen Abend war es sehr leer, es mochten nicht mehr als hundert darin sein, darunter der Kronprinz und das fürstliche Paar. Eine mecklenburgische Gesellschaft spielte nicht ganz schlecht. Man gab: No. 777, und auf Begehren des Kronprinzen den Witwer und die Witwe. Das Orchester, aus 8 Personen bestehend, tat sein Möglichstes. Als ich aus dem Schauspiele kam, wehte mich ein so kalter und heftiger Nordostwind an, das ich nach einigen Gängen in dem fürstlichen Garten eilte nach Hause zu kommen, um mich durch einen Tee zu erwärmen und zu Bett zu gehen.

Mittags 12 Uhr.

Ich komme soeben vom Bade zurück, und habe mich abermals mit Vergnügen in die Fluten des offenen Meeres getaucht. Die Anstalt ist in einer Entfernung von 1/4 Meile südlich von Putbus unweit dem Stranddorfe Niendorf, jetzt Neuendorf. Man fährt zu Wagen dorthin und kann für 20 Schillinge zu jeder Stunde ein Fuhrwerk bekommen. Der fürstliche Pächter nicht bloß, sondern auch die Bauern der benachbarten Dörfer haben die Verpflichtung, für einen bestimmten Preis, der im Logierhause angeschlagen ist, die Gäste nach dem Bade und andern Örtern hinzufahren. Es halten zu dem Ende stets einige Wagen in der Lindenallee, und hätte ich nicht durch meinen bereits ein Fuhrwerk bestellt gehabt, so würde ich durch einen Bauern, der mir seinen Wagen anbot, für den bestimmten Preis nach dem Badeort gebracht worden sein. Die Karte zum Baden in der freien See löste ich für 3 gute Groschen beim Gastwirte. Der Weg ging um den fürstlichen Garten und durch eine hinter demselben angelegte grade Allee von jungen Bäumen nach dem im Jahre 1818 erbauten Hause, worin warme Bäder aller Art genommen werden können. Hinter demselben fängt ein angenehmes Wäldchen an, das bis dicht an den schroffen Strand reicht. Für die Frauen, welche kalt baden, stehen drei Karren, wie sie auch in andern Seebädern getroffen werden, in Bereitschaft, und hinter einer Landecke, an welcher sich die See brach, drei ebensolche Karren für Männer, so dass der Anstand in keiner Art beleidigt wird. In noch größerer Entfernung fand ich drei bretterne Gerüste in die See hinausgehend und bei jedem am Lande unter dem Schutze des hohen Ufers, das mit dem erwähnten Holze bekränzt ist, zwei Schilderhäuschen, in welchen sich die Badenden aus und ankleiden können. Ich wählte mir eins der mittlern und fand Spiegel, Pantoffel, Stiefelknecht und andre Bequemlichkeiten darin. Der Badegrund ist ein reiner Sand und man kann ziemlich weit in die See gehen, ohne Gefahr zu laufen, wenn man auch kein Schwimmer ist. Dem Bade gegenüber liegen zwei benachbarte Inseln, der große und kleine Vilm, wovon der erste bewohnt, der letzte nur beholzt ist, und nach welchen ein guter Schwimmer übersetzen kann. Ohne Begleiter mochte ich es nicht wagen; denn außer mir badete sich niemand.

Die Zahl der Badegäste, welche sich jetzt hier aufhalten, ist nicht sehr groß. Ich konnte keine gedruckte Badeliste erhalten, erfuhr aber mündlich, das bis dahin nur 90 und einige Personen auf der geschriebenen ständen. Da man indes, wie auch an andern Badeorten geschieht, auch die Reisenden mit aufsetzt, welche bloß einen Tag oder einige sich hier aufhalten und, wie ich, nur einmal im Freien baden, so ist die Liste in der Regel etwas länger, als sie gemacht werden könnte. Der Aufwärter beim Bade zeigte mir die Verzeichnisse derer, die heut im Freien badeten, und dies fasste nur 10 bis 12 Personen, den Kronprinzen an der Spitze, dessen Ankunft ich mit jedem Augenblicke erwartete, der aber nicht kam, obwohl die Yacht, welche ihn nach dem Bade aufnehmen sollte, schon heransegelte.

Man kann von dem Eifer des Fürsten erwarten, dass er für den Flor der Anstalt ferner rühmlichst sorgen und seine Bemühungen durch einen zahlreichen Besuch des Bades werde belohnt sehen.

Die Schönheit der Natur hier, wie auf der ganzen Insel Rügen, ladet dazu ein; aber ein Umstand wird dem Wachstume der Anstalt immer hinderlich bleiben, rühmlich der geringe Salzgehalt des Wassers. Er fiel mir auf der Zunge gar nicht merklich auf, obwohl etwas stärker als bei Swinemünde. Das Wasser des Rügischen Boddens ist noch zu sehr mit Süßem gemischt, als dass es die Wirkung auf den kranken Körper haben könnte, welche sich der Leidende in andern Seebädern verspricht. Den Wellenschlag fand ich wenigstens heut nicht stark, obwohl er zu andern Zeiten sehr bedeutend sein mag.

Die Mittel zur Bestreitung der Kosten, welche solche bedeutende Anlagen als die hiesigen erfordern, findet der Fürst in seinen großen Besitzungen. Ihm gehört mehr als ein Drittel aller Güter auf Rügen, nämlich 118. Der gesamte übrige Adel besitzt nicht so viel; man rechnet dass dieser überhaupt 2/3 aller liegenden Gründe auf der Insel innehabe, auch schreibt man ihm Stolz zu, und dem Fürsten insbesondere sagt man nach, dass er bei aller Vorliebe für seine Schöpfung doch etwas genau sei und den Wirt zu wenig mache, um diese auch dadurch zu heben.

Der Zustand der Bauern war wenigstens sonst auf der ganzen Insel nicht der wünschenswerteste; in einigen Teilen lebten nur 3/4 aller Einwohner als Leibeigene, in Jasmund aber sogar 4/5 . Wenn die preußische Regierung durch Aufhebung aller Leibeigenschaft dem Mehrteil der Menschen die ihm gebührenden Rechte gegeben hat, so kann sie auch auf den stillen Dank derselben rechnen und darüber die etwaige Unzufriedenheit einiger wenigen vergessen.

Mein Fuhrmann war ein Bauer aus dem Dorfe Lonnewitz und besaß, wie jeder der darin befindlichen 7 Bauern, 24 hiesige Morgen Landes (zu 300 Quadratruten) und außerdem noch 5 Morgen Sandland. Diese Fläche hatte er vor 3 Jahren für 2.000 Taler erkauft und steuerte dem Fürsten dafür jährlich 70 Taler und 4 Freifuhren. Jetzt sind die Grundstücke auch hier bis auf die Hälfte des vorigen Wertes gefallen. Der Bauer klagte zwar darüber, wie über die schlechten Zeiten überhaupt, urteilte aber sehr vernünftig, dass es auch in Schweden jetzt wohl nicht mehr wie vordem sein möchte, indem man überall von schlechten Zeiten höre. Er zeigte mir bei der Fahrt nach dem Bade sein Haferfeld, welches am Wege lag. Es war eins der besten, das ich in diesem Jahre überhaupt gesehen habe. Über den Ertrag des Bodens äußerte er sich dahin, dass man in dieser Gegend in der Gerste das 12te Korn ernte, und im Weizen bis zum 18ten.

Zu Mittag aß ich in dem von außen und innen gleich schönen und prachtvollen Speise- und Tanzsaal in Gesellschaft von etwa 50 Personen, die aber nicht lauter Badegäste waren. Wenigstens fanden sich einige adlige Familien darunter, die nur für heute aus der Nachbarschaft hierher gekommen waren, um den Kronprinzen zu sehen. Die Speisen waren gut. Der Anfang ward auch hier nach pommerscher Sitte mit Butterbrot und Schnaps gemacht. Ich zahlte für die Mahlzeit 20 Schillinge und für 1/2 Flasche Wein 12 Schillinge. Die Tafel dauerte etwa eine Stunde. Die Tischgesellschaft zerstreute sich; ich machte noch einen Gang durch den Garten und fuhr ab.

Mein Weg führte mich zunächst durch das Gehölz bei Putbus, in welchem für die Lustwandler gekrümmte Gänge geebnet sind, durch mehrere Dörfer und das Städtchen Garz, das nächste nach Bergen. Es ist in der ältern Geschichte unter dem Namen Charenza bekannt und wegen der Verehrung dreier wendischen Götzen merkwürdig. Ein bedeutender Wall außerhalb der offenen Stadt ist zwar größer als der auf dem Rugard, aber ohne anderweitige Wichtigkeit. Die Häuser der Stadt, 151 an der Zahl, sind größtenteils in holländischer Art angestrichen; die Hauptstraße, unter einem rechten Winkel gebogen, ist erst 1817 gepflastert worden. Die Zahl der Einwohner beträgt gegen 1.200.

Auf dem weitern Wege nach Altefähr oder Altfährdorf, wo ich um 7 Uhr eintraf, hatte ich stellenweise eine gute Aussicht auf das Meer und die gegenüberliegende pommersche Küste; die Türme von Greifswalde sah wenigstens mein Kutscher, der für Naturschönheiten einiges Gefühl hatte und mir öfters die anziehende Aussicht pries. Unter den Saaten standen Gerste und Hafer besser als ich sie bisher auf der Insel gesehen hatte. An einigen Orten sah ich Torfstiche und die in Ringen aufgestellten Torfstücke. Wegen Unzulänglichkeit des Brennholzes bedient man sich auf Rügen vielfach des Torfes zur Feuerung und ich habe auf ziemlich hohen Bergen Torfstiche gesehen.

Je näher an Altefähr, desto mehr gewinnt das Land ein gewöhnliches Ansehen, nur Hünengräber kamen mir noch zu Gesicht und an einem Orte deren 7 dicht beieinander. Die Überfahrt nach Stralsund erfolgte bei dem guten Wetter, obgleich gegen den Wind, binnen 1/2 Stunde. Ich zahlte dafür 2 Schillinge. Sie geschah wie gewöhnlich, in einem prahmähnlichen Boote, dass keine Segel führt, sondern durch 4 Ruder, Rehm genannt, die aber sehr schmal waren, und an deren jedem dennoch 2 Männer zogen, fortbewegt ward. Das Steuer wird gewöhnlich einem Reisenden überlassen und befand sich diesmal in den Händen eines Mannes, der mit seiner Gattin von Kiel aus nach Kopenhagen auf dem Dampfboote binnen 27 Stunden eine so schnelle und sanfte Überfahrt gemacht hatte, dass selbst die mitreisenden Frauen nicht von der Seekrankheit waren befallen worden. Desto unruhiger war seine Fahrt auf der Yacht von Ystädt aus gewesen und zweimal hatte er mit derselben wegen stürmischen Wetters wieder in den schwedischen Hafen einlaufen müssen. Am Sonnabend war er vor Stubbenkammer, grade zu der Zeit als ich dort war, in einer Entfernung von 3 Meilen vorbeigesegelt und bei Pert auf Mönchgut (so heißt die südöstliche Halbinsel Rügens) ans Land gestiegen, um zu Lande weiterzureisen.

So habe ich nun auch dieses Inselland gesehen, das in neuern Zeiten die Aufmerksamkeit so sehr auf sich gezogen hat, dass es jährlich von mehreren Reisenden besucht und von manchen zur Ungebühr gepriesen ist, nicht bloß wegen seiner natürlichen Schönheit und geognostischen Merkwürdigkeit, die ihm unverkümmert bleiben werden, sondern noch mehr wegen seiner vermeinten und wirklichen Altertümer, denen mehr die schöpferische Phantasie einiger Reisenden und der Landeseinwohner, als die nackte Wahrheit, eine übergroße Wichtigkeit gegeben hat. Selbst die hochbelobte Fruchtbarkeit des Bodens verliert bei näherer Ansicht um vieles. Ein Land, das bei einem Flächenraum von 16 und fast ¾ Quadratmeilen doch nur 28.000 Einwohner und etwas drüber zählt, also nicht einmal 2.000 Menschen auf der Quadratmeile, gehört im Ganzen nicht zu den fruchtbarsten; und wenn man auch an einigen Orten selbst 20-fach erntet, so ist man dagegen auch an vielen mit dem 4ten Korn zufrieden. Dass den Eingebornen ihre Insel wert und wichtig ist, lässt sich erklären; wer liebte nicht seine väterliche Gegend und mütterliche Erde? und hier, wo der Anblick des großen Meeres, den man überall binnen höchstens einer Stunde haben kann, das Herz hebt, muss die Liebe zum Geburtslande schon um deswillen stärker als anderswo sein. Der Einheimische befreundet sich auch zuletzt mit dem langen Winter, der hier sieben volle Monate unter Eis und heftigen Stürmen herrscht, und den Mai nicht zum Wonnemond macht; auch übersieht die Vaterlandsliebe den schmählichen Druck, worunter wenigstens bis vor kurzem viele Bewohner der Insel geseufzt haben. Wenn Reisende, die in den schönsten Sommermonaten die Insel besuchen, durch den natürlichen Reiz derselben hingerissen, etwas zu laut in die hohen Lobpreisungen einiger Einheimischen eingestimmt haben, so ist das leicht begreiflich, aber doch der Wahrheit nachteilig. Mag Rügen immerhin eine schöne Perle in Preußens Krone sein, sie ist weder die einzige noch größte.