Neuruppin

Neuruppin, den 19. Juli 1822.

Auf meiner Fahrt von Güstrow nach Plau - 6 Meilen - entging ich dreimal glücklich drohenden Gewittern, die mich auf dem unbedeckten Wagen ganz durchnässt haben würden, denn sie fielen in Strömen herab. Eins derselben zog vorüber, während ich in dem Städtchen Krakow von 1.000 Einwohnern, worunter viele Schuster sind, bei einem derselben, der in Ermangelung eines guten Wirtshauses die Reisenden aufnimmt, einen Kaffee trank. Der Ort liegt an einem bedeutenden See nicht ganz unangenehm. Die Gegend ist indes schon sehr sandig, und ich kam bald darauf vor einigen Bauernhäusern vorbei, deren Besitzer auf dem dürren Boden nicht die Aussaat wiedergewinnen. Ein großer Wald versprach dagegen noch auf viele Jahre reichliches Bau- und Brennholz. Es wird meistens auf der Elde verschifft. Von Plau selbst, das gegen 400 Häuser und 4.000 Einwohner hat, sah ich wenig, da ich erst in der Nacht ankam und wieder abfuhr.


In das preußische Grenzstädtchen Meyenburg fuhr ich um 2 Uhr morgens ein. Es hatte sich früherhin gegen eine Anordnung der Regierung etwas widerspenstig bewiesen, jetzt aber seinen Patriotismus dadurch an den Tag gelegt, dass es den Kronprinzen bei seiner gestrigen Durchreise feierlich empfangen hatte. Die Ehrenpforten prangten noch am Tore, und in einem Häuschen, der Post gegenüber, tanzten die erfreuten Meyenburger noch munter fort. Es war im Posthause niemand zu ermuntern, der uns Reisende erquickt hätte. Ich trat daher unter die Tanzenden und begehrte, in der Meinung, dass ich in einem Gasthause sei, etwas zum Leben. Bereitwillig reichte man mir von dem eben aufgetragenen Kaffee und Kuchen, und als ich beim Abschiede nach der Bezahlung fragte, verwies man mich scherzend an den Kronprinzen, um mich dieserhalb mit ihm zu einigen. Die lustige Gesellschaft erzählte mir, wie eine Jungfrau der Stadt dem Kronprinzen die Blumen, womit andre ihn bestreuten, ins Gesicht geworfen, und dieser sich lachend dagegen geschützt habe. Die Glocken waren bei Ankunft und Abfahrt des Thronerben so gewaltig in Bewegung gesetzt worden, dass zuletzt die Klöpfelrieme gerissen und dadurch die Turmmusik plötzlich zum Schweigen gebracht war, zum Schreck und Spaß der guten Meyenburger.

Meine weitere Fahrt über Freienstein, Wittstock, Zechlin bis nach Rheinsberg, in einem größtenteils sandigen, mitunter äußerst steinreichen und beholzten Lande, hat nichts Merkwürdiges für Euch. Nur in Rheinsberg selbst wünschte ich Euch auf einen Tag; ihr würdet dort vielen Genuss haben, zwar nicht in dem Städtchen selbst, das größtenteils unansehnliche Häuser und nur 1.500 Einwohner hat, aber desto mehr in dem schönen Garten, den der Geist Friedrichs des Großen geschaffen und geziert hat, und der den Waller noch überall kräftig anspricht, obwohl die neue Zeit manches daran geändert hat. Meinem Gefühle nach reicht dieses indes gar nicht an das einfach Große und Erhabene der ersten Anlage des Ganzen, welche das Bild von Sanssouci unwillkürlich in die Seele ruft. Ich stand mit heiliger Empfindung vor einem einfach schönen Tempel und wandelte mit Ehrfurcht unter den Tannen, welche Friedrichs Hand einst pflanzte, und die jetzt in erhabener Pracht dastanden. Es herrschte die größte Stille und das tiefste Schweigen um mich. Ich hätte gern länger in diesem Garten, der in mehr als einem Betrachte groß ist, zugebracht, wenn mich nicht die Zeit gedrängt hätte. Das Schloss fängt an, etwas verfallen auszusehen.

Neuruppin, den 20. Juli 1822.

Ich halte mich in dieser seit dem großen Brande 1787 neu und regelmäßig erbauten Stadt nur bis morgen auf, und denke binnen wenigen Tagen über Berlin wieder zu Euch zu kommen und Euch sämtlich gesund zu finden. – Als ich 1789 hier war, sah ich die ersten Häuser aus den Schutthaufen erstehen. Jetzt gehört Ruppin zu den schönsten Städten des preußischen Staats. Die Straßen sind nicht bloß schnurgerade, sondern auch ungemein breit, und die Häuser wohlgebaut. Die Kirche hat leider nicht das Erhabene, welches unsere Vorfahren den Gotteshäusern zu geben wussten, und ebenso wenig die alte Haltbarkeit. Ein furchtbares Gewitter, welches über die Stadt dahinfuhr, hat gewaltig viel Regenwasser hineingeschleudert, und man war eben damit beschäftigt, dasselbe wieder fortzuschaffen, und den angerichteten Schaden wieder gutzumachen. Ich enthalte mich indes über Euch bekannte Dinge mehr zu schreiben, und Euch von dem, was ich hier noch sah und tat, umständliche Auskunft zu geben, da ich bald bei Euch sein und es mündlich tun werde. Gott erhalte Euch mir.