Den 3. Juni 1782

Ich verließ mit meiner Gesellschaft Rostock, um nach Dalwitz, ein Landgut, das ungefähr fünf Meilen südwärts von Rostock liegt, zu fahren. Der Weg geht durch das Städtchen Laage. Einen großen Teil desselben machte ich zu Fuß, teils, weil das Wetter angenehm war, und Felder und Wiesen in vollem Flor standen, teils, weil der Weg, der zu beiden Seiten mit Weidenbäumen bepflanzt war, so ungewöhnlich schlecht war, dass ein Westphälischer Weg, wenn man ihn mit diesem vergleicht, für eine Chaussee gelten müsste. Er war nämlich gepflastert; aber seit dem letzten siebenjährigen Kriege, ja seit Menschen-Gedenken, nicht ausgebessert. Die Ursache davon ist, weil der Weg dem Herzog zugehört, und die, welche am meisten darauf fahren, Edelleute und deren Bauern sind. Ob diese ihre Wagen in Stücke brechen, oder drei Tage auf einer Reise zubringen, zu welcher bei gutem Wege nur einer erfordert wird, das ist der herzoglichen Rentekammer gleichgültig, weil sie von den adligen Gütern doch nie mehr erheben kann, als einmal im Jahr 1755 in dem Landesvergleich zwischen dem Herzog und dem Adel an Abgaben bestimmt worden ist.

Für die Finanzen des Herzogs ist also der größere oder geringere Wohlstand des Adels ziemlich gleichgültig. Bekommt ein Gut oft einen andern Herrn, so ist dies noch ein Vorteil der Lehnskanzlei, welche bei einer jeden solchen Veränderung Sporteln zieht.


Dalwitz ist ein Lehn, das von uralten Zeiten dem Bassewitzischen Geschlecht zugehört. Der gegenwärtige Besitzer, Graf Bernhard Bassewitz, 1) bewohnt es seit 1733, also volle fünfzig Jahre. Er hat beständig den Anbau dieses seines Gutes als ein einsichtsvoller und fleißiger Landwirt besorgt.

Der Ackerbau ist seine Leidenschaft, die ihn auch in seinem 77sten Jahre noch nicht verlassen hat. Auf seinen Feldern sieht man eben so wenig Wasserstellen, als Unkraut im Korn, oder Quecken in der Erde. Durch Haken, Eggen und Aufwerfen von Gräben ist das Korn nicht nur rein, sondern die Körner sind auch groß und schwer, auch in aller Hinsicht besser und zahlreicher, als das, welches man in einem Boden von gleicher natürlicher Beschaffenheit in unserm Vaterland findet. Die Behandlungsart verdient daher, genau betrachtet zu werden.

Die Felder des Guts, welche mittelmäßig gutes, und zum Teil lehmiges Erdreich haben, sind in elf Schläge abgeteilt. Fünf davon tragen Korn; vier tragen Gras für die Hakenochsen, die Holländerei und Stuterei und zwei Brachschläge, welche im Sommer dreimal gänzlich durchgehakt werden, dienen zum Grase für die Gänse, Schafe und Schweine, und werden im Herbst mit Roggen oder Weizen, nach Beschaffenheit des Erdreichs, besät.

Was das Haken bedeutet, muss ich erklären, da es vielleicht den meisten Dänischen Landleuten, zu deren Vergnügen diese Blätter, meinem Wunsche nach, beitragen mögen, nicht vollkommen bekannt ist. Der Haken ist ein Werkzeug, welches in Mecklenburg zu derselben Absicht angewandt wird, wozu man in Dänemark den Pflug gebraucht. Der hintere Teil hat einige Ähnlichkeit mit unsern Pflügen: er hat kein Rad, und nur ein Eisen, welches wie ein Herz geformt ist, und in der Quer sitzt, so dass, wenn der Haken durch das Erdreich gezogen wird, welches durch zwei Ochsen geschieht, die Erde aufgerissen und zu beiden Seiten geworfen wird. Der Kerl, der den Haken regiert, treibt zugleich die Ochsen an. Siehe Fig. 1.

Wenn ein Schlag einmal südlich und nördlich gehakt ist, so geschieht solches das nächste Mal östlich und westlich, und so auch ferner, so dass er nie zweimal in der nämlichen Richtung bearbeitet wird. Dadurch wird also die Erde in kleine Klumpen zerrissen.

Ein Paar Ochsen arbeiten jedes Mal, und werden vor den Haken gespannt, aber nicht länger, als höchstens vier Stunden. Dagegen wird der Haken jeden Tag durch einen und den nämlichen Kerl regiert, so lange die Sonne am Himmel steht: folglich einen Teil des Sommers hindurch sechzehn Stunden, nämlich von vier Uhr des Morgens bis 8 Uhr Abends. Wenn beim Aufgang der Sonne die Arbeit angefangen ist: so hakt der Kerl, ohne Aufhören, bis um 8 Uhr fort. Um diese Zeit bringt der Junge, welcher die Ochsen wartet und füttert, dem Arbeiter Frühkost und ein Paar frische Ochsen, die er in den Haken spannt, während der erste isst. Alsdann treibt er die abgespannten Ochsen in die für sie bestimmte Graskoppel, wo sie bis um 12 Uhr bleiben, um welche Zeit der Junge sie wieder dem Arbeiter zuführt, und ihm zugleich sein Mittagessen bringt. Dieser isst und ruht bis um 1 Uhr aus. Der Junge aber treibt die abgespannten Ochsen nach der Graskoppel, wo sie bis um 4 Uhr bleiben, um alsdann von ihm dem Arbeiter mit seiner Nachmittags- oder Vesperkost wiedergebracht werden, um bis zum Untergang der Sonne zu arbeiten.

Da dieses Werkzeug hier zu Lande unbekannt ist, und meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, um zu erforschen, ob man bei dem Haken seine Rechnung besser finden würde, als bei dem Pflügen, oder ob die Mecklenburger Unrecht haben, und vielleicht nur deshalb auf dieses Werkzeug, welches von Ochsen gezogen, und von einem Menschen regiert werden kann, gefallen sind, weil der Krieg mehr als einmal bei ihnen Mangel an Menschen und Pferden verursacht hat: so will ich die Erfahrungen, welche ich gemacht habe, auf das genaueste mitteilen.




1) Ist seit der Zeit gestorben. 1783