Den 3. Juli

Der Bauinspector Riedel, unter dessen Aufsicht die Arbeiten geschahen, kam des Morgens um vier Uhr zu mir. Ich ließ meinen Wagen und meine Equipage, oder, richtiger gesagt, meinen Mantelsack, zu Lande nach Landsberg abgehen; ich selbst aber setzte mich mit Herrn Riedel in ein Boot auf der Oder, und ruderte eine halbe Meile aufwärts nach der Warte zu, bis an den Werder, welcher der Terminus ad quem ist, bis dahin die Eindämmung längst der Warte geführt werden, und wo sie, aus der oben angezeigten Ursache, endigen soll. Auf dem Wege dahin sah ich wenig oder nichts; denn wir ruderten gleichsam in einer Wildnis zwischen Werdern von Dornen und Ellernbüschen: so dass wir die meiste Zeit nicht zehn Schritte vor uns sehen konnten. Als wir aber an den angeführten Werder kamen, erhielt ich durch die deutlichen Erläuterungen der Karte und Herrn Riedel’s die nötigen Begriffe, um die Arbeit mit Nutzen sehen zu können. Hier wimmelte es nun an allen Seiten von Leuten, welche arbeiteten, und wovon der größte Teil bis an die Knie im Wasser stand.

Da die Eindämmung von dem Ende des bereits fertigen Teiles bis zu einem bei diesem Werder angenommenen Punkte, durch dick und dünn, über Rinnen und Ellernbüsche, gehen soll, so dass in dieser Linie Stellen sind, wo kein Mensch stehen, geschweige denn arbeiten kann: so wird zuerst ein sogenannter verlorner oder Interimsdamm gemacht, welcher zwischen dem Flusse und dem eigentlichen großen Damme, den man aufführen will, angelegt wird, um, soviel möglich, während der Zeit, da man den Grund zu diesem legt, die kleinen Arme, welche von dem Flusse abgehen, abzuschneiden. Diese verlornen Dämme werden von Schlamm gemacht, den man auf der Stelle mit hohlen Schaufeln aus dem Wasser auf zieht. Da die Leute oft bis an die Mitte des Leibes unter Wasser stehen: so kann diese Arbeit, um ihrer Gesundheit willen, nur in den heißesten Tagen des Sommers vorgenommen werden; und da diese Interimsdämme sowol wegen der Materialien, wovon, als auch wegen der Arbeit, wie sie gemacht werden, nur se schwach sein können: so ist ihnen jeder auch nur mittelmässige Wind gefährlich, und kann, indem er sie in weniger als einer einzigen Stunde unsichtbar macht, die beschwerliche und kostbare Arbeit vieler Tage, ja Wochen, zu Grunde richten.


Die große Eindämmung ist und wird nach denselben Regeln gemacht, als die Einteichung in den Marschen. Glücklicherweise liegen hin und wieder in diesen Morästen Werder, deren Erdreich sandig und lehmig ist. Zu diesen werden mit Faschinen Wege gemacht, womit man fortfährt, bis es Dämme werden. Wo diese aber fehlen, da muss man sich mit dem Schlamme der Moräste behelfen, welcher unter dem Wasser aufgezogen, gesammelt, getrocknet, alsdann, so gut man kann, gebraucht, und mit anderer Erde und Faschinen vermischt wird.

Mitten unter den Arbeitern , und gleichsam als o es aus dem Wasser selbst käme, stieg ein heftiges Feuer mit vielem Knacken und Lermen in die Höhe, welches sich in dem Wasser spiegelte, und aus dem Rohr und den Ellernbüschen bestand, welche in der Linie standen, wo der große Damm angelegt werden sollte.

Nachdem wir uns ungefähr eine Stunde bei diesem Werder aufgehalten hatten, gingen wir wieder zu Schiffe, oder stiegen vielmehr ins Boot, besahen verschiedene größere und kleinere Ströme, welche mit Faschinen abgestochen waren, und kamen in den prächtigen Friedrichs-Kanal, der eine Meile lang und 50 Ellen breit ist. Hier lief die Warte vormals in vielfachen Wendungen. Um nun dem Wasser einen schnellern Lauf zu verschaffen, den Druck desselben auf die oberhalb gemachten Dämme zu verhüten, das Flößen des Zimmerholzes zu befördern, und die Unkosten bei dem Damme zu vermindern, ward dieser Kanal gegraben, und die ausgegrabene Erde auf beiden Seiten zum Damme gebraucht.

Wir stiegen darauf zweimal ans Land, um das Abdämmen oder Coupiren eines Flusses zu sehen, der zuvor Schnellwarte hieß, ein sehr reißender Strom gewesen war, und, seiner Buchten wegen, an zwei Stellen hatte abgedämmt müssen. Seine Breite betrug, wenn ich mich recht erinnere, zwischen 150 und 200 Ellen. Diese Arbeit war im vorigen Jahre geschehen, und die beiden hinter der Abdämmung liegenden Moräste waren ein neues Schauspiel für einen Landwirt. Sie waren nicht nur dadurch von den Überschwemmungen der Schnellwarte befreit worden, sondern das gereinigte Bett dieses Flusses hatte den größten Teil des sauern Wassers, worunter sie bisher verborgen lagen, aufgenommen und weggeführt, und es in die Warte dicht bei Küstrin gebracht, wo sich die Schnellwarte wieder mit dem Hauptflusse vereinigte. Dahin war der Fall des Wassers stark, welches auch der heftige Lauf der Warte, unerachtet ihrer vielen Buchten, genug bewies. Diese solchergestalt aus dem Wasser ans Tageslicht gezogenen Moräste sahen recht schrecklich, abscheulich, und weit häßlicher aus, als in ihrem natürlichen Zustande. Das erste Jahr wächst darauf kein Gras: man sieht nur Ellernbüsche, welche auf kleinen Erhöhungen stehen, die ihre Wurzeln bedecken. Der Morast dazwischen ist schwarz, weich, und wenn man hinein tritt, oder mit dem Stocke hinein sticht, stinkend. Ich fing an, den Versuch zu machen, ein wenig darin herum zugehen; aber dies war nicht nur sehr beschwerlich, weil ich von einer Erhöhung auf die andere springen musste, sondern ich sah auch, wohin ich mich wandte, eine erschreckliche Menge giftiger Schlangen. In diesem Zustande müssen diese Ländereien ein, zwei, bis drei Jahre liegen bleiben, je nachdem sie mehr oder weniger niedrig liefen, damit das Wasser ablaufen und verdunsten, und das Erdreich dadurch fest werden kann.

Der König hat den angrenzenden Gutsbesitzern diejenigen Stücke der Moräste geschenkt, welche von ihrem Gute in gerader Linie vom Lande ab bis an den Damm liegen, und er selbst hat bloß diejenigen behalten, welche an die königlichen Domainen stoßen, wenn gleich die königliche Kasse alle Kosten dazu hergegeben hat.

Diese königlichen Moräste werden hernach mit großen und kleinen Kanälen durchschnitten, um sowohl dem Grunde die nötige Festigkeit zu gebend als auch, um die künftigen Bewohner von einander zu trennen. Dazu werden alle, die Lust haben, angenommen. Gröstenteils macht man die Abteilungen jede zu fünf Tonnen Landes. Jeder Kolonist erhält das nötige Zimmerholz zu seinem Hause, etwas baares Geld, und bezahlt, nach Ablauf einiger Freijahre, jährlich an Grund- und Hauszins 5 Rthlr.. Er und seine Kinder, aber nicht seine Enkel, sind vom Soldatendienste befreit. Wenn sein Haus fertig ist, wozu ihm auf alle nur erdenkliche Weise Beistand geleistet wird: so besteht seine Arbeit vornämlich darin, die noch fehlenden Gräben zu machen, die Ellernbüsche auszurotten und zu verbrennen, zu pflügen und Hafer zu säen, der selten reif wird, und grün eingefahren werden muss, und in der Folge jährlich zwei- bis dreimal das Heu, welches in einer beinahe unglaublichen Menge auf seinen Feldern wächst, zu mähen.

Nachdem ich meine Augen mit wahrer Bewunderung an dem Anblicke dieser von dem Großen Friederich erschaffenen Felder geweidet hatte, ging ich mit dem Bauinspector in ein Haus, das dicht am Damme erbaut war, und welches ein Mann bewohnte, der die Aufsicht über die Dämme haben musste. Diese hatten nun kaum die beiden ersten Jahre ihre gefährliche Zeit überstanden, nämlich bis sie sich setzten, der Trieb, oder die Neigung des Stroms, dagegen an zu arbeiten, durch die angespühlte Erde und die Vermehrung der Wurzeln, vermindert wird, und der Fluss sich selbst sein neues Bette vollkommen ausgehöhlt hat. In diesem Hause sah ich eine sonderbare Colonie, die mich zum Teil bis gegen Abend verfolgte. Herr Riedel hatte nämlich in einer verschlossenen Kammer einige Kleidungsstücke und Bettgeräte liegen. Diese Kammer ward geöffnet; und als wir hineintraten, fanden wir Millionen von Flöhen. Sie hüpften und sprangen nicht nur auf dem Fußboden und an den Wänden herum, so dass wir in derselben Minute, da wir in die Stube traten, eine Menage auf uns selbst gewahr wurden: sondern sie lagen auch an einigen Stellen der Stube in ganzen Haufen auf einander, wie Ameisenhaufen oder Bienenschwärme. Dass wir uns da nicht lange aufhielten, sondern schnell forteilten, glaubt man uns wohl, ohne unsere Versicherung. Aber ich konnte keine hinlängliche Ursache finden, woher alle diese Insekten gekommen waren, und wodurch sie sich so ungewöhnlich vermehrt hatten. Zwar war der Platz, worauf das Haus erbaut war, mit Sand erhöhet worden, folglich wärmer, als die umherliegenden Moräste, und eben daher auch der Aufenthalt darin angenehmer für sie, als anderwärts, aber warum sind denn nicht alle solche Häuser voll von diesen piquanten Herren? ja, warum war man in den übrigen Teilen des Hauses, diese einzige Kammer ausgenommen, nicht eben so ungewöhnlich damit geplagt? 1)

Von diesem Hause ruderten wir wieder ein Stück höher hinauf, bis zum Ausflusse des Wor-Flusses, der gleichfalls ein Arm der Warte ist, und wenige Tage nachher abgedämmt werden sollte. Zu beiden Seiten stand ein Wald von zusammengebundenen Faschinen und sogenannten Würsten. Das Ufer wurde, weil es hoch ist, zu beiden Seiten schräg abgegraben, wo der Damm gemacht werden sollte. Die Arbeit aber wurde so angefangen und geendigt, dass von beiden Seiten zugleich auf diese schrägen Stellen Faschinen gelegt, und sogleich mit Pfählen neben einander befestigt, und mit Erde beschwert wurden, wodurch der Strom nach und nach zusammengedrängt wird, bis die Faschinen zuletzt an einander stoßen, und allen Lauf des Wassers hindern. Da der Strom immer schmäler wird, je weiter die Arbeit fortrückt, so wird auch sein Lauf immer reißender, und die Arbeit folglich immer schwerer. Die muss daher, wenn sie einmal angefangen ist, Tag und Nacht mit so vielen Menschen fortgesetzt werden, als nur, ohne einander zu hindern, arbeiten können. Dem zunehmenden Widerstande des Wassers müssen immer stärkere Dämme entgegengesetzt werden, bis es endlich, wenn es völlig überwältigt ist, einen anderen Lauf nimmt. Der Worfluss ist auf der Stelle, wo er abgedämmt werden soll, 90 Ellen breit, und der Kostenanschlag ist zu 10.000 Rthlr. gemacht.

Von diesem Hause ruderten wir wieder ein Stück höher hinauf, bis zum Ausflusse des Wor-Flusses, der gleichfalls ein Arm der Warte ist, und wenige Tage nachher abgedämmt werden sollte. Zu beiden Seiten stand ein Wald von zusammengebundenen Faschinen und sogenannten Würsten. Das Ufer wurde, weil es hoch ist, zu beiden Seiten schräg abgegraben, wo der Damm gemacht werden sollte. Die Arbeit aber wurde so angefangen und geendigt, dass von beiden Seiten zugleich auf diese schrägen Stellen Faschinen gelegt, und sogleich mit Pfählen neben einander befestigt, und mit Erde beschwert wurden, wodurch der Strom nach und nach zusammengedrängt wird, bis die Faschinen zuletzt an einander stoßen, und allen Lauf des Wassers hindern. Da der Strom immer schmäler wird, je weiter die Arbeit fortrückt, so wird auch sein Lauf immer reißender, und die Arbeit folglich immer schwerer. Die muss daher, wenn sie einmal angefangen ist, Tag und Nacht mit so vielen Menschen fortgesetzt werden, als nur, ohne einander zu hindern, arbeiten können. Dem zunehmenden Widerstande des Wassers müssen immer stärkere Dämme entgegengesetzt werden, bis es endlich, wenn es völlig überwältigt ist, einen anderen Lauf nimmt. Der Worfluss ist auf der Stelle, wo er abgedämmt werden soll, 90 Ellen breit, und der Kostenanschlag ist zu 10.000 Rthlr. gemacht.

Gegen drei Uhr Nachmittags landeten wir bei einem großen Werder, der Ficht-Werder heißt, wo ich meinen Wagen, den ich des Morgens von Küstrin abgeschickt hatte, vorfand. Ein königlicher Bedienter hatte hier ein schönes großes Haus gebaut, wo ich mit einem Oberbaurat Holtscher von Berlin, und einem Kriegsrat Senf von Küstrin Bekanntschaft machte. Beide waren von dem Könige ausgesandt, um die Lage einiger Wiesen, welche dem Dorfe Erbach zugehören, zu untersuchen. Diese gehören zu den ersten Ländereien, welche ausgetrocknet wurden, und sie sind es leider so sehr geworden, dass jetzt, weil sie torfartig waren, wenig oder gar kein Gras darauf wächst. Dergleichen Boden gibt, wie bekannt, saures und schlechtes Gras, wenn zur Ableitung des sauren Wassers nicht Gräben gemacht werden; und wenn es abgeleitet ist: so wird oft das Übel noch ärger, indem der Morast dichter wird, und nichts als harte Halme durchkeimen lässt. Diese breiten sich immer mehr und mehr aus: so dass das Gras endlich ganz verloren geht, man müsste es denn düngen, pflügen, oder die Wiesen mit fließendem Wasser überschwemmen können.

Die beiden angeführten Männer schienen indessen in ihren Untersuchungen glücklich gewesen zu sein, und hatten durchs Nivelliren gefunden, dass die Erbachschen Wiesen nicht so hoch lägen, dass sie nicht durch einen Inundationscanal aus der Warte unter Wasser gesetzt werden könnten, wenn dieser nämlich von dem äußersten Ende dieses Flusses an der Polnischen Grenze ausgeführt würde. Ich bin diesen Männern vielen Dank für die Bereitwilligkeit schuldig, womit sie mir ihr Projekt erklärten. Dieses war, so weit ich nach den Karten urteilen konnte, sehr sinnreich erfunden: so dass diese Wiesen, der Absicht gemäß, unter Wasser gesetzt werden konnten, ohne dass dieses in seinem Laufe an andern Orten eine schädliche Überschwemmung verursachen konnte.

Nach einem Aufenthalte von ein paar Stunden musste ich, wider meinen Willen, diese gute Gesellschaft verlassen. Jeder von uns musste seinen Weg reisen; und ich fuhr mit Herrn Riedel auf dem Damme, längst der Warte, nach Landsberg. Das Wetter war sehr angenehm, und die Aussicht eine der schönsten, welche ich kenne, ja, im ökonomischen Verstande vielleicht eine der vortrefflichsten in Deutschland. Rechter Hand lief der Fluss, und linker Hand sah man die herrlichsten blumenreichsten Wiesen, wo das Gras von dem Winde in Wellen, wie das reichste Weizenfeld, getrieben wird, mit Gräben und Kanälen durchschnitten, mit Hecken bepflanzt, übersät mit großen und kleinen Häusern, und umgeben mit Gärten, die voll der herrlichsten Erdfrüchte sind. Hier und da erblickt man Koppeln mit Waldungen, welche den Reiz des Ganzen erhöhen, und dieser Aussicht vor der Aussicht unserer schönsten Holsteinischen Marsch den Vorzug geben. Kurz, hier erblickt man die Natur mit ihrem ganzen Reichtume. Der Gedanke an den unbegreiflich großen, alles umfassenden König, welcher mit Tonnen Goldes allen Widerstand bezwungen, der Natur geholfen, und Land und Menschen erschaffen hat, ist hiervon unzertrennlich, und teilt die Empfindungen des Zuschauers zwischen Bewunderung der Ursachen und bezauberte Gefühle über den Anblick der Wirkung.

Was die Schönheit dieses Anblicks noch vergrößert, ist dieses, dass die Moräste auf der rechten Seite des Dammes bis an den Fluß noch in ihrem natürlichen Zustande sind, so dass also die Eindämmungslinie paradiesische Gegenden und Kanadische Wildnisse von einander scheidet.

An zwei Stellen sind in diesem Damme große Schleusen angelegt, um dem Wasser in der Warte Abfluss zu verschaffen, wenn es bei Tauwetter oder bei starkem Regen so hoch steigt, dass es entweder der Stadt Landsberg, oder den an beiden Seiten des Flusses aufgeführten Dämmen furchtbar wird. Zwar haben mir verschiedene Personen gesagt, dass sie zu diesem Endzwecke, den man dabei zur Absicht hatte, bei weitem nicht hinreichend wären, indem der Strom vor einigen Jahren ein Loch von 700 Fuß lang in den Damm gebrochen hätte, und doch das Wasser bei Landsberg, nach einem Zeitverkauf von 24 Stunden, nur drei Zoll gefallen sei. Aber ich muss gestehen, dass mir dieses Vorgeben unglaublich schien, und da ich hörte, dass die Öffnung dieser Schleusen Überschwemmungen verschiedener Ländereien, wider Willen ihrer Eigentümer, verursachte, ja durch die Heftigkeit des Wassers zum Teil Schaden geschähe: so muss ich glauben, dass diese den Nutzen der Schleusen für unbedeutend, und ihre Unterhaltung für kostbar ausgeben, um dadurch, in der Hoffnung, dass die Dämme stark genug sein werden, ihre Abschaffung zu bewirken.

An einigen Stellen laufen Wege nach den Häusern der Kolonisten an dem Damme hinunter. Diese sind nach der Schnur gezogen, und zu beiden Seiten mit Bäumen bepflanzt. Die Seite und der Fuß des Dammes sind größtenteils Küchen- und Hopfengärten.

Das Einzige, was mich auf dieser Fahrt bekümmerte, war, dass wir in Gefahr standen, wenn wir andern Wägen begegneten, welches an diesem Tage oft geschah, weil Markt in Landsberg gehalten wurde, über Kopf in dieses schöne Land zu kommen. Denn der oberste Teil des Dammes ist nur 4 Ellen breite und da mein Kutscher, alles meines Bittens und Flehens ungeachtet, so wie die übrigen Fuhrleute, denen wir begegneten, im vollen Trabe fuhr: so wird man, wie ich glaube, meine Furcht nicht für ganz ungegründet halten.

Eine Viertelmeile vor Landsberg stößt der Damm ans feste Land, welches schlechter, unfruchtbarer Sand ist.

Ehe wir in die Stadt kamen, fuhren wir durch eine lange Straße von Häusern durch, wovon jedes mit einem Garten versehen ist, und welche Friederichstadts Vorstadt heißt. Herr von Brenkenhoff hat sie angelegt, und mit Handwerkern von aller Art zu den Bedürfnissen der neuen Kolonisten versehen. In der Stadt selbst war wegen des Markts große Bewegung. Dieser Markt wird vornämlich mit Wolle gehalten, wovon ein großer Teil aus Polen auf Wagen, welche dazu sehr gut eingerichtet sind, gebracht wird. Die Leitern dieser Wägen sind offen, wie an einem Schiffe gebogen, und vollkommen zwei Ellen hoch. Man kann daher eine beinahe unglaubliche Menge hinein legen.

Das Stadtgespräch hier betraf vornämlich das Urteil, welches über die vornehmsten Offiziere des dort in Garnison liegenden Regiments gefällt war, und vermöge dessen sie an demselben Tage auf die Festung Küstrin gebracht worden waren. Es gab ein hohes Zeugnis von der wirklich landesväterlichen Denkungsart des Königs.

Wenn gleich alle seine Einrichtungen seine Fürsorge und, wenn ich so sagen darf, Vorliebe für den Soldatenstand, dessen Ehre und die Erhaltung einer ausgezeichneten Achtung desselben im Staate, beweisen: so zeiget er ihm doch auch mit Blitzeskraft den rechten Weg, wenn er denselben verlassen, und sich verleiten lasst, zu glauben, dass die Untertanen und Einwohner um seinetwillen, und nicht er um der Untertanen willen, da wäre.

Ich hätte beinah kein Nachtlager gefunden, weil die Stadt so voll war; endlich erhielte ich noch ein Feldbett in einer Stube, wo bereits ein Pommerscher Edelmann aus einer großen und bekannten Familie logierte. Seine Gesellschaft war mir sehr angenehm. Er hatte lange unter den Husaren gestanden, war bei der Besitznehmung von Westpreußen gebraucht worden, hatte eine reiche Frau aus Polen bekommen, und endlich, nachdem er einige Zeit wechselweise krank und arretiert gewesen war, mit vieler Mühe seinen Abschied erhalten. Darauf hatte er in Pommern zwei Güter gekauft, und seine vornehmsten Geschäfte bestanden nunmehr in Verbesserung derselben. Das Betragen des Königs gegen diesen Mann ist auch ein Beweis seiner systematischen Denkungsart. Er übergab nämlich einstmals dem Könige zwei Bittschriften:

In der einen bat er um 13.000 Rthlr. zur Verbesserung seiner Güter, welche er für 14.500 Rthlr, gekauft hatte.

In der andern bat er um den Titel als Major, weil er als Rittmeister gedient hätte, verschiedene jüngere Offiziere schon Majore wären, u. s. f.

Auf die erste Bittschrift antwortete der König: Zugestanden!

Auf die zweite aber: Da es des Supplicanten eigne Schuld wäre, dass er nicht mehr in Diensten sei: so wäre kein Grund da, ihm die verlangte Gnade zuzugestehen; aber der König verbliebe dennoch sein wohlaffectionierter König.

Der König von Preußen gibt also einem bedrängten Gutsbesitzer lieber 13.000 Rthlr.., als einem verabschiedeten Rittmeister einen Majorstitel. Und doch sind des Königs von Preußen Finanzen die besten in Europa! Einer von den Anwesenden erzählte, der König sollte einmal gesagt haben: Ein Fürst, der Titel verkaufte, käme ihm vor wie ein falscher Münder.



1) Vor einigen Jahren trug es sich hier zu Lande zu, dass in einem Bauernhofe, welcher, bei Gelegenheit der Aufhebung der Gemeinheiten in einem großen Dorfe, auf die ehweide versetzt worden war, das erste Jahr eine unglaubliche Menge Mäuse in der Scheune einfanden, eine ansehnliche Menge Korn verdarben, und beinahe den Besitzer zur Verzweiflung gebracht hätten. Dieser sah sie als eine von Gott ihm zugesandte Ägyptische Plage an, womit er, wie die albernen Weiber des Dorfs versicherten, deshalb heimgesucht wurde, weil er die Teilung des Dorfs verlangt hatte. Das Jahr darauf blieben die Mäuse weg, und der Eifer der alten Weiber legte sich, so wie sie nach und nach bei dem Spinnrocken sitzen lernten, statt hinter ein paar Gänsen auf den Feldern herum zu laufen.