Den 14. Juli

Ich speiste mit dem Grafen Moltke aus Ivenack, welches eine Meile von Wolde liegt, und wohin man durch eine Weiden-Allee fährt. Der Eigentümer ist ein Graf Maltzahn Pless, recht ein Mann nach der großen Welt, sehr höflich, und dazu geschaffen, mit Anstand und Würde jährlich dreißig und mehrere tausend Rthlr. zu verzehren, welche diesem Stammgut, nebst den dazu gehörigen Meiereien, jährlich eintragen soll. Ehe man zu de Wohnungshause oder, richtiger gesagt, Schlosse, kommt, fährt man durch eine lange Reihe von wenigstens vierzig wohlgebauten und größtenteils den Grund auf gemauerten Häusern, worin alle seine Bedienten: Verwalter, Kammerdiener, Bediente, Köche, Conditore, Bereiter u. s. f. wohnen. Darauf geht der Weg längst dem großen Garten auf einen großen Platz, wo das große und prächtige Wohnhaus vor einem See liegt, dessen Ufer jenseits mit Waldung besäht, und ein Tiergarten für Dammhirsche ist, der ungefähr 300 Tonnen Land enthält. Die ersten von diesen Tieren soll unser allergnädigster König dem vorigen Grafen Pless, welcher Envoye in Kopenhagen war, geschenkt haben.

Linker Hand, wenn man auf diesen Platz kommt, ist die Kirche, und rechter Hand ein Stall, welcher, wie die Ställe auf Christiansburg, in der Form eines halben Mondes gebaut ist. Er gibt einen prächtigen Anblick, aber sowol seine Lage gingen Süden, als die runde Figur des Hauses machte es geschickter zu einer Orangerie, als zu einem Stalle; denn wenn gleich das Wetter nicht heiß war, und alle Fenster und Türen aufgesperrt waren: so war doch die Hitze darin unausstehlich. Es waren hier viele schöne Pferde, nicht groß, aber schön gebaut. Pferde sind die Leidenschaft des Grafen: er hat eine große Stuterei, und verkauft viele an Preußische Offiziere zu übermäßig hohen Preisen, die er sowohl auf seiner Stuterei gezogen hat, als auch andre, welche er groß machen und zureiten lässt. Demunerachtet läugnete er nicht, dass er die Stuterei allein zu seinem Vergnügen hielte, weil sie sich keineswegs selbst bezahlte; ja er sagte sogar; er fände, dass ihm dieses Vergnügen sehr kostbar sei, wenn er die Einkünfte berechnete, welche er jährlich von einer Holländerei haben würde, die mit dem Korn und Grase unterhalten werden könnte, welches nun die Pferde verzehrten.
Ivenack gehörte bis 1709 zu den herzoglichen Domainen, und war damals unter dem Namen des Mecklenburgischen Siberiens bekannt, weil der wenigste Teil angebaut, und das Meiste Wald und Morast war. Es war daher auch nur zu 2.000 Rthlr. jährlicher Einkünfte angeschlagen. In dem angeführten Jahre ward es gegen ein anderes Gut, welches der Koplovschen Familie zugehörte, und mitten in der herzoglichen Wildbahn lag, vertauscht. Seit dieser Zeit sind die Besitzer desselben fleissige und vermögende Landleute gewesen. Durch Abgrabung und Ausrottung der Moräste, welche nicht torfartig, sondern fett und lehmig waren, (wie die Moräste in der Grafschaft Bregentved, welche auch vortrefflich benutzt worden sind,) ist ein Meierhof nach dem andern angelegt worden: so dass hier nun zusammen 700 Kühe gehalten werden, welche das Stück zu 10 Rthlr. verpachtet sind. Auf den Feldern stand der Weizen sehr gut; aber vornämlich fiel mir Roggen in die Augen, welcher ganz ohne Unkraut, ja wo nicht ein Grashälmchen in der Erde, zu sehen war. Die Ähren waren lang und glatt, und die Körner fast so groß und gelb, wie Weizenkörner.


Keiner von den Höfen ist verpachtet, oder jemals verpachtet gewesen, sondern der Besitzer lässt sie alle für seine eigene Rechnung verwalten. Es ist daher kein Zweifel, dass er durchs Verpachten seine Einkünfte vermehren könnte, wenn es ihm darum zu tun wäre; aber dies scheint seine Sache gar nicht zu sein. Er sagte mir sogar, als ich vieles nach Verdienst rühmte: dass er sich die Ehre davon nicht zuschreiben könnte, weil er durch die Freigebigkeit seines Oheims bloß die Mühe gehabt ätte, es zu empfangen und zu nutzen: es sei alles vor seiner Zeit eingerichtet, und er suchte es nur so zu machen, dass diejenigen, welche für ihn arbeiteten, mit Vergnügen mögten arbeiten können. Graf Pless, der seltne Mann! handelt, wie er spricht.

Man lebt auf Ivenack vollkommen so, wie an den Höfen der kleinen deutschen Fürsten, nur mit dem Unterschied, dass man dort davon befreit ist, fade Complimente zu machen, und hirnlosen Schnickschnack anzuhören. Prinz Heinrich von Preußen, welcher im Sommer, den er auf Rheinsberg zubringt, nur neun Meilen davon entfernt ist, kommt, nebst verschiedenen fürstlichen Personen, von Zeit zu Zeit hierher.

Ich reiste gegen Abend weg, fuhr durch Malchin, welches eine von den zwei offnen Städten ist, wo jährlich Landtag gehalten wird, und wo der Adel und die Deputierten der Städte sich mit den Ministern des Herzogs über ihr und des Landes gemeinschaftliches Bestes beratschlagen.

Des Abends aß ich bei dem Landmarschall Hahn auf Remplin, welches ein sehr großes und prächtiges Gut ist, und, außer einem weitläufigen und schönen Garten, eine Menge großer von Grund auf gemauerter Häuser hat: so dass man eher in einer Stadt, als auf einem Edelhofe zu sein glaubt. Der Besitzer hat in seinem letzten Jahr, um sich aus seinem Walde Einkünfte zu verschaffen, wozu es ihm an Absatz fehlt, eine Glasfabrik angelegt, worin bereits recht gutes Glas verfertigt wird.

Dieser Herr von Hahn ist der nämliche, welcher in Holstein das große Gut Neuhaus besitzt, wo 800 Kühe gehalten werden. Er ist ohne Zweifel der reichste Gutsbesitzer in Seiner Majestät Landen. Man behauptet, dass er schon jetzt 70.000 Rthlr. jährlicher Einkünfte hat, und er hat noch einen schwächlichen Bruder zu beerben, welcher auf Küchelmis in Mecklenburg wohnt, und über 30.000 Rthlr. Einkünfte hat.
Auf dem Mecklenburgischen Gute des Landmarschalls sollen an Winterweizen jährlich ungefähr 1.000 Tonnen gesäht werden.

Den 15ten Julius.
Ich kam des Morgens um 4 Uhr nach Dalvitz, und fand meinen Reisegefährten in guter Besserung.

Den 16ten Julius.
Ich aß auf Präberöde, eine halbe Meile von Dalvitz, bei dem Grafen Bassewitz, dem ersten Minister des Herzogs, welcher ein schönes großes Haus daselbst gebaut hat, das sehenswert ist. Das Erdreich ist lehmartig, und der Ackerbau wird gut betrieben. Auf den Brachfeldern war etwas Taback gepflanzt, womit es auf folgende Art zugeht. So wie in Mecklenburg Schäfer sind, welche Schafe und Wolle zu verkaufen haben, ohne einen Fußbreit Landes zu besitzen: so durchziehen auch ganze Familien von Tabackspflanzern das Land, welche auf den Edelhöfen, wo das Erdreich auf den Brachfeldern gut ist, Taback zur Hälfte mit dem Gutsbesitzer bauen. Dieser hat dabei nichts weiter zu tun, als auf die gewöhnliche Weise zu düngen, und das Land zweimal zu haken. Alle übrige Arbeit besorgt der Pflanzer mit seiner Familie. Die Ernte wird in zwei gleiche Teile zwischen ihm und dem Gutsbesitzer geteilt, für welche dieser Vertrag sehr vorteilhaft ist, weil nach dem Taback, wie bekannt, der beste Weizen wächst.