Reise auf dem Kaspischen Meere und in den Kaukasus. Band 1

Unternommen in den Jahren 1825 — 1826
Autor: Eichwald, Karl Eduard Dr. von (1795-1876) deutsch-russischer Arzt und Naturforscher, Forschungsreisender und Professor der Zoologie, Entbindungskunde, Paläontologie und Autor, Erscheinungsjahr: 1834
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Reisebeschreibung, Reise, Reisen, Russland, Kaspisches Meer, Kaukasus, Völker, Sittenbild, historischer Bericht, Schilderung des Lebens, Kriegsabenteuer
Vorrede

Als ich im Jahre 1823 während einer Reise nach St. Petersburg den öffentlichen Lehrstuhl der Zoologie an der Universität Kasan annahm, machte ich es dem damaligen Kurator 1) zur gleichzeitigen Bedingung, dass ich im folgenden Jahre von der Universität zu einer naturhistorischen Reise auf dem caspischen Meere mit den gehörigen Mitteln und den für die einzelnen Fächer der Naturkunde erforderlichen Gehilfen ausgerüstet werden sollte.

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Dies Meer, das seit den letzten Reisen der Petersburger Akademiker nicht wieder untersucht worden war, ließ mich eine neue, reiche Ausbeute hoffen, und daher wünschte ich so sehr einige tüchtige Gehilfen und andere nötige Unterstützungen, um meinen Untersuchungen mehr Ausdehnung und Gehalt geben zu können.

Wenn Pallas auf seinen großen Reisen durch Russland nur das nördliche Ufer des kaspischen Meeres berührt, den Ausfluss der Wolga und des Jaih, sowie einige nahe gelegene Inseln besucht hatte, Güldenstädt, mehr für die Untersuchungen des Kaukasus bestimmt, nur bis zur Mündung des Tereh gelangt war: so hatte zwar Gmelin und sein Reisegefährte Hablizl, der auch noch späterhin mit dem Grafen Woinowitsch das Meer befuhr, alle seine Küsten untersucht, aber eine zu wenig wissenschaftliche Ausbeute für Naturkunde geliefert, als dass sich die Naturforscher nicht nach einer neuen Untersuchung dieses großen Landsees der alten Welt gesehnt hätten.

Während meiner frühern Reisen im Auslande äußerten daher nicht selten ausgezeichnete Gelehrte die Meinung, dass das kaspische Meer ohne Zweifel an Tieren viel reicher sein müsste, als dies Gmelin und andere Reisende angaben, und forderten mich auf, bei meiner Rückkehr in mein Vaterland jene mehr als in Einer Hinsicht merkwürdigen Gegenden einer neuen sorgfältigen Untersuchung zu unterwerfen.

Dieser Gedanke an eine Reise auf dem kaspischen Meere hatte mich seit der Zeit zu sehr ergriffen, als dass ich nicht alle möglichen Mittel versucht hätte, ihn auszuführen. Schon im Jahre 1819 suchte sich mein verehrter Freund und Vorgänger im Amte, der zu früh verstorbene Bojanus, bei meiner Durchreise durch Wilna beim damaligen Reichskanzler Rumänzoff, dem Russland so viele wissenschaftliche Unternehmungen verdankt, für meinen Plan zu interessieren, allein die bald darauf erfolgte Reise des Kanzlers ins Ausland unterbrach für immer unsere Unterhandlungen.

Erst durch meine Versetzung an die Universität Kasan, zu deren damaligem Lehrbezirke das Astrachanische Gouvernement und die Kaukasischen Länder gehörten, sollte also mein so lange und so sehnlichst gehegter Wunsch in Erfüllung gehen.

Bei meiner Ankunft in Kasan suchte ich vorläufig in einem Programme 2) den gegenwärtigen Stand der naturhistorischen Kenntnisse von dem kaspischen Meere auseinander zu setzen, wie sie sich nach der Schilderung der Tier- und Pflanzen-Formen, und der Gebirgsbildung der Meeresküsten, in den Werken der frühern Reisenden ergaben; ich musste so als Resultat eine viel zu wenig genügende Kunde der Naturgeschichte des Meeres im Allgemeinen finden, und um so eher hoffen, von einer wissenschaftlichen Lehranstalt mit allen Erfordernissen zu einer so umfassenden Reise recht vollständig ausgerüstet zu werden.

Mein ausführlicher Reiseplan ward von der Universität zu meiner großen Freude vollkommen genehmigt, und höheren Orts zur Bestätigung vorgestellt.

Erst im Februar 1825 erfolgte die Bestätigung desselben von Seite des Hrn. Ministers 3 der Volksaufklärung. Sr. Majestät der hochselige Kaiser Alexander hatte dem damaligen Generalgouverneur 4) des Astrachanischen Gouvernements und der kaukasischen Länder den Befehl erteilt, mir nicht nur das beste Schiff zu meinem Periplus des kaspischen Meeres ausrüsten, sondern auch mir während meiner ganzen Reise überall die nötigen Hilfsleistungen geben zu lassen.

Um so erwünschter wäre es daher für mich gewesen, wenn ich auch einige tüchtige Gehilfen erhalten hätte, die mir auf meiner weiten Reise in jeder Hinsicht behilflich gewesen wären; die Zeit war jedoch, nach schon erhaltener Bestätigung der Reise durch den Hrn. Minister, nunmehr zu kurz, als dass sich die Universität mit jüngeren Naturforschern in Unterhandlungen hierüber hätte einlassen können. Die Entfernung von Kasan nach einer anderen Universität Russlands war zu groß, und ich durfte daher nicht mehr hoffen, vor meiner in wenigen Wochen zu erfolgenden Abreise noch einen Reisegefährten erhalten zu können; ich entschloss mich ohne weiteres allein zu reisen. Die mir vorläufig auf ein halbes Jahr festgesetzte außerordentliche Summe zur Reise betrug 2000 Rubel Assign. (etwa 500 Rthlr. Cour.).

Das große Interesse des erhabenen Monarchen für jedes wissenschaftliche Unternehmen überhaupt, so wie ins besondere für meine Reise auf dem kaspischen Meere, zwang mich zur innigen Dankbarkeit. Ich hielt es für meine größte Pflicht, alle mir zu Gebote stehenden Mittel aufzubieten, um, wenn auch mir allein überlassen, nach Kräften jede wissenschaftliche Untersuchung auf dieser weiten, gefahrvollen Reise so viel wie möglich zu verfolgen.

Nie hätte ich es mir allein zugetraut, die verschiedenartigsten Formen von Tieren und Pflanzen zu beobachten und zu sammeln, die Gebirgsbildung der Küsten zu erforschen und andere physikalische, historische, statistische, ethnographische Beobachtungen zu machen; daher verlangte ich so sehr nach tüchtigen Gehilfen.

Ich habe jedoch nunmehr die Unmöglichkeit vor mir, diesen mir gewordenen ehrenvollen Antrag einer Umschiffung des kaspischen Meeres abzulehnen, da schon der kaiserliche Befehl zur Ausrüstung einer Korvette auf dem Meere gegeben war, und man mich schon in Astrachan, wo sie mich aufnehmen sollte, erwartete.

Überdies war ich selbst nicht geneigt, meinen so lange in mir genährten Plan eines Periplus des kaspischen Meeres jetzt um so weniger aufzugeben, als ich noch vor kurzem die Hoffnung hatte, ihn bald ganz nach meinen Wünschen ausgeführt zu sehen.

So ward meine Abreise auf den Anfang des Märzmonats festgesetzt. Ein Tierausstopfer, der zugleich Jägerstelle vertreten sollte, und der sich auf meine Kosten mitzureisen entschloss, war außer einem mir als tatarischen Dolmetscher von der Universität mitgegebenen invaliden - Soldaten der einzige brauchbare Gehilfe, der mir folgte. Aber schon in Astrachan musste ich das Missvergnügen erleben, dass er, von einer heftigen Brustkrankheit befallen, um die Rückreise bat, so dass ich auch dieses für die anzulegenden Sammlungen so nötigen Gehilfen auf meiner ganzen Reise entbehren musste.

Um mich nicht auf dieser weiten gefahrvollen Reise allein zu sehen, entschlos sich dagegen meine Frau mit ihrem Bruder, der, ein Sohn des frühern Kasanischen Professors des Naturrechts Finke aus Göttingen, soeben seine literarischen Studien beendigt hatte, die Beschwerden der Reise zu teilen. Zwar stellte ich ihr die großen Unbequemlichkeiten und Gefahren der langen Seereise lebhaft vor, erinnerte sie an das der Gesundheit so nachteilige Klima, an die unerträgliche Hitze und den großen Mangel fast aller Lebensbedürfnisse, – so eben hatte die Cholera in Astrachan gewütet, – nichts war im Stande, den festen Entschluss einer besorgten Gattin zu ändern: sie wollte mir um so eher ein Opfer bringen, und mit mir die Gefahren teilen, als sie, kaum erst seit 3 Monaten die Meinige, nicht von mir getrennt sein, und mich allein den Gefahren preisgegeben wissen wollte.

In Astrachan war der Empfang beim Generalmajor Orlofsky, dem Chef der Flotte auf dem kaspischen Meere, für mich sehr schmeichelhaft. Er hatte mir das größte Schiff, das auf diesem Meere existierte, eine Korvette von 16 Kanonen, und 100 Mann Matrosen ausrüsten lassen, und zum Kapitän desselben den Flottenleutnant Ladyschenski ernannt, von dem er mir rühmte, dass er mehrmals das kaspische Meer befahren, und immer günstigen Wind gehabt habe. Außer zwei anderen jüngeren Flotte-Offizieren hatte der General zum Steuermann des Schiffs Herrn Dädin ernannt, einen jungen Mann, durch dessen rastlose Tätigkeit und Wachsamkeit unser Schiff vielen Gefahren glücklich entging. Der Schiffsarzt war Herr Frenzel.

Kaum waren wir zur Rakuscha, der berüchtigten Sandbank des Wolga-Ausflusses, gelangt, als wir schon den widrigen Wind empfanden, der mich den halben Mai und Juni, die schönsten Monate der heißen Gegenden für naturhistorische Untersuchungen, fast untätig zurückhielt, ohne dass ich das Meer erreichen konnte.

Ein andrer Übelstand für mich war der, dass ich nicht die Wahl hatte zu landen, und zu segeln, wohin ich wollte. Wenn ich gleich den Reiseplan, der höheren Orts bestätigt war, selbst entworfen, so konnte ich doch, was ich nie geahnt hatte, nichts mehr an ihm ändern, sobald wir einmal unter Segel waren. Der Schiffskapitän hatte den Befehl mich überall da hinzuführen, wohin ich früher, als ich am Schreibtische den Plan entwarf, zu kommen gewünscht hatte. Zeit und Umstände hatten sich jetzt geändert, aber mein früherer Reiseplan musste mit der größten Strenge befolgt werden.

Nicht minder nachteilig für meine Reise war schon das unbeholfene große Schiff an sich. Ich musste gerade seiner Größe wegen, wodurch es so tief ins Wasser griff, so lange Zeit auf der Rakuscha müßig festsitzen, und konnte nächstdem nicht an alle Küsten heran, weil die Korvette immer eine viel größere Tiefe bedurfte, um sicher vor Anker zu liegen. Dies waren Hindernisse genug, die mir die Landung an jeder Küste und die Untersuchung einer jeden Bucht untersagten; wo Klippen zu fürchten waren, wie im Karabaga-Golfe, durfte ich gar nicht zu landen verlangen. Das Schiff war dazu gänzlich untauglich.

Aus diesem Allem wird ein Jeder leicht einsehen, dass ich gerade nicht unter den günstigsten Umständen meinen Periplus unternahm; daher wird man wohl nicht mehr verlangen, als ich hier zu geben mich bemüht habe. Das Missgeschick wollte sogar, dass ich selbst einige der gewöhnlichen physikalischen Beobachtungen mit dem Thermometer und Barometer zu machen nicht im Stande sein sollte. Hatte ich gleich ein Paar Thermometer mit (ein tragbares Barometer war in Kasan nicht aufzutreiben), so musste ich schon in den ersten Tagen meiner Ankunft auf dem Schiffe das eine als verdorben für unbrauchbar erklären, das andere dagegen bald darauf zerschlagen sehen, obgleich es, am Hauptmaste in einer hölzernen Kapsel hängend, vor den Schlägen und Stößen der kletternden Matrosen sicher genug zu seyn schien, vorzüglich da es der Obhut des dort beständig Wache haltenden Matrosen besonders anempfohlen war. Nicht besser erging es mit meinem gläsernen chemischen Apparat zur Analyse des Seewassers. Da ich dadurch verhindert wurde, das Wasser an Ort und Stelle zu untersuchen, so nahm ich einige Flaschen davon auf meiner Reise von Baku nach Tiflis mit, denn die Post in Russland übernimmt keine flüssigen Sachen zur Beförderung, um es dort zu analysieren, hatte aber das Unglück, einige Tagreisen vor Tiflis, mit meiner Kalesche in einer sehr gebirgigen Gegend umzuwerfen, und die Flaschen und viele andere Präparate zerbrochen zu sehen, so dass ich dadurch einen unersetzlichen Verlust erleiden musste.

Kurz ich werde dankbar sein, wenn meine Leser mir nach so unglücklichen äußern Auspizien noch einiges Verdienst zugestehen, und meinen flüchtigen Bemerkungen einigen bleibenden Werth anerkennen: nie hätte ich aber erwartet, dass einer der größten Naturforscher 5) den vorliegenden Band meiner naturhistorischen Bemerkungen mit so vielem Interesse lesen würde.

Nur seinen großmütigen Bemühungen verdanke ich es endlich, dass mein Periplus gedruckt erscheint: fast 5 Jahre hatte ich mich mit den Vorbereitungen zum Drucke umhergetragen, sogar die Universität Kasan verlassen, um in Wilna eine bessere Druckerei und eine Lithographie zu finden, aber auch hier sah ich bald die Herausgabe so mannigfacher Beobachtungen das Vermögen eines Privatmannes übersteigen, und fand mich endlich genötigt, ohne auf einen Verleger in meinem Vaterlande rechnen zu können und von keiner wissenschaftlichen Anstalt in meinem Unternehmen unterstützt, das Manuscript dieser Reise meinem verehrten, der Wissenschaft alle in lebenden Freunde von Schlechtendal, Professor der Botanik an der Universität Berlin, zu übersenden und den Druck seinen Bemühungen zu empfehlen. Er war es, der meine Bemerkungen Herrn von Humboldt mitteilte, und dieser hochverehrte Gelehrte, dem das ganze wissenschaftlich gebildete Europa huldigt, ward ein Vermittler zwischen mir und meinem Herrn Verleger, der den ersten Band meiner Reisebemerkungen mit der größten Bereitwilligkeit herauszugeben übernahm.

In diesem Bande findet sich meine ganze Reise auf dem kaspischen Meere beschrieben, mein Aufenthalt in Astrachan , meine Seereise von der Rakuscha nach der Ostküste von Tük-karagan und der Inselgruppe Kulali, von danach dem westlichen Ufer von Tarki, Derbend und Baku, von wo ich aufs neue an die Ostküste segelte, den Balchanischen Meerbusen untersuchte, auf der Insel Tschelekän landete, und endlich die Ostküste entlang schiffend südlich vom Silberhügel vor dem Eingange in den Astrabat’schen Golf Anker werfen ließ, die seichte Tiefe hinderte mich an dem Einlaufen in diesen Golf. An der Südküste landete ich darauf bei Medschet-sär, besuchte Balfrusch in Masenderan, und ließ dann nach Enselli steuern, wo der dortige persische Chan sich mit dem größten Nachdrucke meiner Landung widersetzte und mir das Einlaufen in die Bucht gänzlich verwehrte, wiewohl der Schach von Persien durch den damaligen russischen Geschäftsträger 6) in Tehran von meiner bevorstehenden Reise unterrichtet, auf den Wunsch Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Alexander mir alle möglichen Unterstützungen an den persischen Küsten geben zu lassen befohlen hatte. Ich kann überhaupt den Empfang der Perser an der Südküste des Meeres gar nicht mit der Aufnahme vergleichen, die ich bei dem wackern, zuvorkommend gefälligen Beherrscher der Insel Tschelekän Ghiat Aga und seinem auf europäische Art gebildeten Sohne Jakschi Mahmed genoss. Diese edlen Truchmenen hatten lange in Tiflis gelebt, Russlands mildes Scepter kennen gelernt und sich freiwillig dem großen Monarchen unterworfen, während die Perser, den aufrührerischen Ratschlägen ihrer Chane folgend, schon Iange den russischen Kriegsschiffen das Einlaufen in den Hafen von Enselli verweigerten. Die Folge davon war der im nächsten Sommer ausgebrochene Krieg mit Persien.

Bei meiner Rückkehr nach Baku überwinterte ich daselbst und besuchte erst im folgenden Frühjahre den Ssallianschen Fischfang an der Mündung des Kur.

So war ein ganzes Jahr verflossen. Um meine Rückreise durch den Kaukasus mit mehr Sorgfalt zu machen, bat ich die Universität um eine neue Verlängerung meines Urlaubs auf ein halbes Jahr unter den oben erwähnten Bedingungen. Der Herr Minister gewährte mir meine Bitte. Ich reiste daher von Baku im März 1826 ab, und kam auf einem Wege, auf dem die reißenden Bergströme überall mit sehr großer Gefahr zu passieren waren, durch Alt- und Neu- Schamachie, durch Elisahethopol, die Schamschadilsche und Kasachische Distanz nach Somchetien und so nach Tiflis.

Nach einem kurzen Aufenthalte hierselbst reiste ich durch Gori in Kartalinien, nach Kutais in Imeretien und von danach Mingrelien, wo ich bei der Redoute Kale an das schwarze Meer gelangte.

Bei meiner Rückkehr nach Tiflis besuchte ich die Kachetischen Gebirge am südwestlichen Abhange des kaukasischen Gebirgszugs, und kam so nach Telaw, Signach und Karagatsch, im Angesichte des Raubstaates von Belakan, von wo ich durch die Upadarische Steppe aufs Neue meine Rückkehr nach Tiflis nahm.

Meine letzte Ausflucht von Tiflis sollte nach dem Ararat gehen: doch warnte man mich schon unterwegs vor dieser Reise, weil sich dunkle Gerüchte von dem kriegerischen Aufgebote der Perser gegen Russland verbreiteten. Ich hatte meinen Weg nach dem Achtala’schen Kupferbergwerke über Schulaweri genommen, und kam von da durch Lori den alten Sitz der armenischen Herrscher, nach Karaklis. Von da aus besuchte ich unter einer starken Bedeckung von Kosaken den See Gok-tschai und das Kloster Sewanga auf einer Insel in demselben.

Hier am nördlichen Ufer des Sees befand sich die letzte russische Redoute. Ich fand bei meiner Ankunft die ganze Besatzung in Aufruhr; handelnde Tataren aus Elisabethopol, die eben aus Erivan ankamen, hatten die Nachricht von dem Ausmarsch des Sserdar von Erivan mit 40.000 Mann gegen die russische Gränze überbracht; die Hauptmacht hatte sich nach ihrer Erzählung auf Humri geworfen und nur ein kleineres Corps gegen Karaklis gewandt.

Unter solchem kriegerischem Getümmel in der kleinen Redoute am See musste ich so schnell wie möglich meinen Rückweg nach Karaklis antreten, um nicht durch den persischen Vortrab von der Stadt abgeschnitten zu werden.

Als ich nunmehr Tiflis erreichte, fand ich Alles in dem größten Aufruhre; von allen Seiten liefen die ungünstigsten Nachrichten ein, Lankeran war von den Persern genommen, Baku und Schuscha , zwei der wichtigsten Festungen, von Ihnen eingeschlossen, der Feind hatte sich bereits in großen Massen vor Elisabethopol gezeigt.

Sehr zufrieden den größten Teil des südwestlichen Abhanges des kaukasischen Gebirgszuges, wenn auch nur flüchtig, bereist zu haben, trat ich meine Rückreise über den Bergkamm des Kaukasus an, immer in Sorgen lebend, die Bergvölker möchten, von den Persern aufgewiegelt, selbst zu den Waffen greifen, und die erste Probe ihres Waffenglücks an uns und unserer militärischen Bedeckung versuchen; doch war unser Übergang über den Kaukasus von Kobi nach Wladikawkas glücklich überstanden, und ich eilte nun von Elisabethograd zu den kaukasischen Bädern bei Georgiefsk, und von da durch Neu-Tscherkask nach Kasan zurück.

Diese ganze Landreise von Baku durch Tiflis nach Kasan hoffe ich in einem zweiten Bande ausführlich auseinander zu setzen, wenn der gegenwärtige mit Beifall aufgenommen werden wird.

Die diesem Bande beiliegende Karte des kaspischen Meeres ist nach der Kolotkin’schen entworfen, die zwar die Jahreszahl 1826 führt, aber weit früher fertig lag, nur nicht erscheinen konnte, weil sie wiederholten Revisionen unterworfen wurde. Wir selbst hatten sie zu diesem .Zwecke auf unserm Schiffe und fanden sie sehr genau, mit Ausnahme der Tiefen, die sich sehr stark geändert hatten. Der Balchanische Meerbusen und die Inselgruppe vor ihm, so wie die Ostküste südwärts von Dardsha sind nach unsern Beobachtungen dargestellt, der AraI-See nach dem Nivellement und den astronomischen Bestimmungen des Obristen von Berg, so wie der frühere Lauf des Amu-darja theils nach unsern eigenen, teils nach Herrn v. Muravjeffs Beobachtungen auf die Karte eingetragen.

Mein verehrter Freund, der Obrist vom Generalstabe von Vietinghoff, der um die topographische Aufnahme Litauens so große Verdienste besitzt, hat mir in dem Entwurf der beigelegten Karten sehr viele freundliche Beihilfe erwiesen, ja sogar selbst die Karte zur alten Geographie des kaspischen Meeres nach der von Humboldt’schen (in Poggend Annalen für Physik l. c.) entworfen, und ihm muss ich dafür meinen öffentlichen Dank hiemit abstatten. Ebenso teilte mir auch der Obrist Moritz von Kotzebue den beiliegenden Plan der Derbender Festung mit, die er meist selbst während seines Aufenthalts im Kaukasus so weit ich sie hier verkleinert mitteile, an Ort und Stelle aufnahm. Auch war der leider zu früh verstorbene Obristenleutenant von Lehmann so gefällig, mir die beifolgende Ansicht der Derbender Festung zu zeichnen, wozu er teils meinen Entwurf, teils eine vortreffliche Ansicht benutzte, die ein ausgezeichneter Landschaftsmaler, H. von Sleritzky, der während der letzten Einnahme von Derbend im Jahre 1796 Adjutant des Grafen Suboff war, damals aufnahm und sie mir zur Benützung mitteilte. Endlich darf ich nicht unterlassen, dem Hrn. General von Schubert hiemit meinen ergebensten Dank abzustatten für die mir gütigst gestattete Benutzung des von Berg’schen Nivellements, das im M. S. im Generalstabe zu St. Petersburg aufbewahrt wird.

Die Darstellung eines Querdurchschnittes der Hochebene zwischen dem kaspischen und dem Aral-See ist gleichfalls nach den Beobachtungen auf der Berg’schen Expedition entworfen; die Erklärung des Nivellements sehe man im Anhange am Schlusse des Werks.

Gleichzeitig mit diesem Bande erscheint auch das erste Heft meiner neuen Arten von kaspischen Pflanzen; die anderen Hefte folgen in kurzer Zeit nach. Die von mir entdeckten neuen Tiere liegen in schönen Zeichnungen und ausführlichen Beschreibungen zum Drucke bereit; das erste Heft derselben befindet sich ebenfalls in den Händen meines Freundes von Schlechtendal in Berlin, dem ich hiermit öffentlich für seine Bemühungen meinen größten Dank abstatte.

Wilna, d. 1. October 1830.



1) Michael Leontjewitsch Magnitzky.
2) Introductio in historiam naturalem caspii maris. Casani, 1824.
3) Alexander Nicolajewitsch Fürst Golitzyn.
4) Alexei Petrowitsch Jermoloff.
5) Humbol dt, in Poggendorff's Annalen für Physik und Chemie, 1830 Nro. 3 p. 342.
6) Herrn v. Masarowitseh.

Pferdeschlitten

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Kosaken

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Ganz privat - Teestunde am Samowar

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Auf dem Vieh- und Fleischmarkt in St. Petersburg

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An der Neva mit Blick auf den Winter-Palast

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Reiterstandbild Peter I.

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Russische Parlamentaria beim Verlassen der Duma

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Russischer Geistlicher

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