30. Kapitel (Der Hinterhalt)

30. Der Hinterhalt.

Nachdem Weston Atkins' Wohnung verlassen, hatten es sich die beiden Fremden so bequem gemacht, als es die Umstände erlaubten, und Curtis trat jetzt in die Thür und schaute sinnend zu den blauschwarzen Wolkenmassen empor, die sich im Westen aufzuthürmen begonnen.


„Sollte mich gar nicht wundern, wenn das Wetter hierherzu käme,“ sagte Atkins an seiner Seite – „seht einmal, wie die weißen dünnen Nebelschleier vorneweg jagen. – Wenn wir nur keinen Hurricane bekommen. Vor sechs Jahren am Whiteriver sah's ebenso aus, und da war nachher der Teufel los.“

„Waret Ihr vor sechs Jahren am Whiteriver?“ frug ihn Cook.

„Ja – und wohnte etwa zwei Meilen unterhalb der Straße, die von Memphis nach Batesville führt.“

„Das muß ja wohl zu der Zeit gewesen sein, wo sie den Witchalt hingen, der seinen Vater erschlagen hatte, nicht wahr?“ frug Curtis.

„Später,“ meinte Atkins, „ich kam etwa vier Wochen, nachdem er gehangen war.“

„Die Whiteriver Boys übten strenge Gerechtigkeit,“ lachte Cook – „den Pferdedieb – wie hieß er doch gleich – ließen sie auch baumeln.“

„Das kann ich ihnen nicht verdenken,“ rief Curtis – „mit Pferdedieben darf kein rechtlicher Kerl Erbarmen haben – das heißt, wenn er selbst Pferde hat, nicht wahr, Atkins?“

„Ihr betreibt Eure Gerechtigkeit sehr eigennützig,“ – antwortete dieser ausweichend – „aber – Ihr werdet hungrig sein, nicht wahr? Ich will –“

„Danke – danke,“ rief Curtis, ihn aufhaltend – „wir haben tüchtig zu Mittag gegessen und können recht gut bis zur gehörigen Zeit warten – macht Euch keine Umstände. – Eurer Frau wird heute überdies nichts an außerordentlichen Mahlzeiten liegen.“

„Nein, allerdings nicht,“ sagte Atkins, „denn das ist eine Wirthschaft da drüben, daß Einem Hören und Sehen vergeht.“

„Ist das Kind denn noch immer nicht besser?“

„Leider nein – wie wär's aber auch anders möglich? Es ist schon schlimm genug, wenn ein Kranker einem Doctor in die Fäuste fällt, hier sind ihrer aber elf drüberher, und ich baue jetzt so fest auf meines Kindes Constitution, daß ich wirklich glaube, sie können's nicht todtmachen, sonst wär' es schon lange gestorben. – Ich will aber lieber Licht holen, es fängt an, dunkel zu werden. Donnerwetter, wie der Wind draußen pfeift, wir haben doch dieses Jahr einen merkwürdig stürmischen Frühling.“

Er verließ bei diesen Worten das Zimmer, und die beiden Regulatoren sahen sich im alleinigen Besitz desselben.

„Hört, Curtis,“ sagte nach einer kleinen Pause Cook zum Freunde, „um Atkins thut mir's wahrhaftig leid, daß der auch Einer von den Schuften ist.“

„Sprecht leiser,“ ermahnte dieser – „wer zum Henker weiß denn, ob nicht da oben irgend Jemand versteckt liegt. – Ja mir auch, beiläufig gesagt; er ist sonst im Ganzen ein recht ordentlicher Kerl, und ich habe ihn immer ganz gut leiden können. Freilich hat er einen etwas falschen Blick, das kommt aber wahrscheinlich von dem vielen ›um die Ecke gucken‹“.

„Ich bin neugierig, was sie mit ihm anfangen werden,“ fuhr Cook nachdenklich fort – „ich hoffe doch nicht, daß sie ihn hängen – hört, Curtis – schuld an seinem Tode möcht' ich nicht sein; Strafe hat er verdient, und ich sehe recht gut ein, daß wir dem Unwesen steuern müssen, aber hängen – nein – schon der Frau und des Kindes wegen nicht.“

„Nun, das wäre ein sauberes Schutzmittel,“ lachte Curtis. „Dann brauchten ja nur alle Schufte zu heirathen, um sicher vor dem Strange zu sein – das dürfte nicht als Hinderniß betrachtet werden – aber leid sollt' er mir auch thun. Nein, hängen sollte man ihn nicht, nur –“

„Still, er kommt,“ unterbrach ihn Cook, und der verdachtlose Wirth trat mit einem aus Wachs und Hirschtalg gegossenen Licht in die Stube, setzte es auf den Tisch und zündete es mit einem Kienspan an.

„Das pfeift draußen, als ob es uns das Dach über dem Kopfe wegblasen wollte,“ sagte er, die Kohlen im Kamin ein wenig aufstörend; „wenn's der Wind nicht theilt und vertreibt, so müssen wir das Unwetter in zehn Minuten hier haben.“

„Bös für Die, die heute draußen sind,“ sagte Curtis, „das Vieh drängte sich auch gegen Abend merkwürdig um's Haus herum.“

„Waren viele Leute vom Petite Jeanne bei der Versammlung?“ frug Atkins.

„Nicht besonders viele,“ sagte Cook – „sie hatten sich wohl meistens darauf verlassen, daß sie es morgen näher haben würden. Ein Fremder nur, der ihm gestohlene Pferde suchte.“

„Ein Halbindianer –“ erwiderte Atkins – „ja, der war auch hier bei mir und erkundigte sich nach ihnen. Ich konnte ihm aber leider keine Auskunft geben.“

„Ihr habt gar nichts von seinen Pferden gesehen?“ frug Cook, ihn scharf fixirend.

„Nein – wie sollte ich,“ erwiderte Atkins, ohne dem Blick zu begegnen. – „Ich bin überhaupt seit den letzten vierzehn Tagen nicht aus meiner Fenz hinausgekommen, und vor den Häusern werden die Pferdediebe denn doch wahrhaftig die gestohlenen Thiere nicht vorbeitreiben.“

„Schwerlich,“ lächelte Curtis – „aber was haben denn die Hunde – sie lärmen ja merkwürdig.“

„Vielleicht noch einer der Regulatoren, den das nahende Gewitter hier hereintreibt,“ sagte Cook.

„Wahrscheinlich –“ erwiderte Atkins – „ich will doch einmal nachsehen – Ruhe da – ihr Bestien! – Ruhe!“

Er trat mit diesen Worten vor die Thür, und Curtis flüsterte Cook zu: „Das ist Stevenson, paßt auf. Der hat aber schlechte Zeit gewählt, das Wetter werden wir auf jeden Fall vorüberlassen müssen. Die im Schilfbruch werden übrigens gute Zeit bekommen; da befinden wir uns doch hier am behaglichsten.“

„Wie weit ist's noch bis zum Fourche la fave?“ überschrie jetzt draußen eine Stimme das Toben der Hunde.

„Pest und Gift,“ murmelte Atkins vor sich hin und sprang von den Stufen hinunter, der Fenz zu – „das wäre ja verdammt schnell, wenn da schon die zweite Sendung käme – Jones hat mir doch gesagt, es würde noch acht Tage dauern –“

„Er fließt gleich nebenbei,“ sagte er dann laut zu dem Mann, der, in einen weiten Regenmantel dicht eingehüllt, auf seinem Pferde saß. „Wer seid Ihr – Sir? – Ich heiße Atkins.“

„Habt Ihr gute Weide hier?“ war die leise Antwort.

„Von woher kommt Ihr?“ flüsterte Atkins eben so leise – „sprecht –“

„Ich bitte um einen Trunk Wasser.“

„Höll' und Teufel! Jones sagte mir doch, es würde noch acht Tage –“

„Laßt uns die Pferde schnell in Sicherheit schaffen,“ flüsterte der Fremde – „ich habe meinen Jungen bei ihnen, und es ist ein fürchterliches Wetter im Anzug.“

„Das Naßwerden wird ihnen nichts schaden –“ erwiderte Atkins – „ich habe Fremde im Haus und kann jetzt nicht fort –“

„Aber der Regen würde die Fährten so schön wieder verwaschen,“ wandte Jener ein.

„Das ist allerdings wahr – aber – wie viel habt Ihr?“

„Drei.“

„Drei nur? Jones sagte mir von sieben.“

„Die anderen kommen morgen Abend – wir durften die Fährten nicht zu breit machen.“

„Ist das der Junge, den ich zum Weiterschaffen der Thiere hier behalten soll?“

„Den Jungen? Ja so – ja – er weiß um Alles.“

„Kennt er auch den Weg nach dem Mississippi?“

„Wir kommen eben –“ verschnappte sich der alte Mann, bemerkte aber noch glücklicher Weise zeitig genug seinen Fehler und fuhr nach kurzem Husten fort – „von Westen zwar, der Junge ist aber auch schon oft in der Gegend gewesen. Doch macht fort – die großen Tropfen fangen schon an zu fallen.“–

„Gut – dann wartet nur einen Augenblick, und ich will denen da drinnen sagen, Ihr sähet selbst nach Eurem Pferde oder sonst irgend was – hallo – wer ist das da?“

Ein Mann näherte sich der Fenz, gab sich aber gleich darauf als Weston zu erkennen.

„Ach – Ihr kommt mir gelegen, Weston,“ rief Atkins.

„Hier ist ein Fremder, der Pferde hat – Ihr wißt schon – geht mit ihm hinten herum und bringt sie in Sicherheit, und nachher kommt herein. Ich kann die beiden Regulatoren nicht gut allein lassen!“

„Regulatoren habt Ihr da drinnen?“ frug der Reiter scheinbar erschrocken.

„Es sind Gäste, die blos hier übernachten,“ beruhigte ihn Atkins – „aber Ihr müßt wahrhaftig warten, bis das Wetter vorüber ist – es wird augenblicklich losprasseln. Wenn die Pferde im Bach stehen, schadet's auch nichts; Fährten sollen sie doch nicht finden.“

„Im Bach?“ sagte der Fremde, „sie stehen aber nicht im Bach. Ich habe sie oben an der Feldecke.“

„Ei, so hol' Euch der Henker; warum brachtet Ihr sie denn nicht auf den alten Platz?“

„Es ist das erste Mal, daß ich hier bin.“

„Ja, dann nehmen wir sie doch lieber gleich herein,“ rief Atkins ärgerlich – „da oben an der Fenzecke möchte ich nicht gern morgen früh Pferdehufspuren haben – der Halbindianer ist noch in der Nähe. Geht Ihr also mit ihm bis an die hintere Thür, Weston, ich will erst einen Augenblick in's Haus treten und komme gleich nach.“

„Entschuldigt, Gentlemen,“ sagte er dann zu den beiden Regulatoren, als er wieder in's Zimmer kam und die Thür hinter sich zuzog; „es ist ein Fremder gekommen, der sehr eigen zu sein scheint und sein Pferd selbst unter Dach und Fach bringen will. Er wird gleich hereinkommen. Aber hallo – da bricht das Wetter los – nun wahrhaftig, das tobt nicht übel. – Der Blitz leuchtet ja, daß man sein Augenlicht kaum wiederfinden kann.“

„Sonderbar, wie hell er macht,“ sagte Curtis, durch ein kleines, in die Wand gehauenes Fenster schauend – „bei einem solchen Blitz kann man die ganzen Felder mit einem Blick übersehen.“

„Wollen Sie sich nicht an den Kamin setzen, Gentlemen?“ bemerkte Atkins etwas unruhig – „es zieht dort, und hier ist's behaglicher.“

„Warum nicht,“ rief Cook – den Stuhl hinanschiebend, während er sich niedersetzte und die Füße oben unter das Kaminbrett schob – „kommt, Curtis – laßt das Wetter draußen brummen und dankt Gott, daß Ihr Eure eigene Haut trocken wißt.“

„Dafür bin ich auch dankbar,“ lachte Curtis, indem er eine Flasche aus der Satteltasche nahm, „und damit Ihr seht, wie ich es zu würdigen weiß, so wollen wir gleich einmal auf den Schreck trinken. – Wo wollt Ihr denn hin, Atkins?“

„Ich muß auf einen Augenblick hinüber zu meiner Frau, die Weiber fürchten sich am Ende, wenn sie so allein sind. Ich bin gleich wieder hier.“

Er schlüpfte schnell aus der Thür und drückte sie zurück in's Schloß – das heißt in die hölzerne Klinke, welche die Stelle des Schlosses versah, und einige Secunden lang blieben die beiden Regulatoren noch laut- und regungslos auf ihren Stühlen sitzen. Dann aber sprang Cook in die Höhe und flüsterte leise:

„Curtis – mir fängt das Herz merkwürdig an zu klopfen – was das für eine Nacht ist – die Blitze riechen ordentlich nach Schwefel. Nun, die im Schilfbruch draußen werden gehörig eingeweicht.“

„Das läßt sich nicht ändern,“ erwiderte Curtis, überall im Zimmer umherblickend – „also da liegen zwei Büchsen – über jeder Thüre eine – das ist vorsichtig. Das Beste wird sein, wir machen sie unschädlich. Wir werden sie nicht gebrauchen, und Atkins könnte am Ende doch Schaden damit anrichten.“ Dabei stieg er auf einen Stuhl und nahm erst die eine und nachher auf der andern Seite auch die zweite herunter. „Wahrhaftig, beide geladen; – puh – hier auf der liegt Staub. Nun, ich denke, wir blasen ihm das Pulver ein wenig von der Pfanne. Zum frisch Aufschütten bekommt er doch keine Zeit. Sonst noch Waffen?“

„Ich sehe weiter keine,“ sagte Cook, überall im Zimmer umhersuchend – „er müßte sie denn versteckt haben –“

„Visitirt einmal das Bett – unten – ist da nichts?“

„Nein – fühle nichts – aber – ja hier – wahrhaftig – zwei Pistolen. Oh, nicht übel, recht hübsch bei der Hand, wenn Noth an den Mann geht. Nun warte, Schelm, Dir wollen wir den Spaß ebenfalls verderben – so – ihr seid auch besorgt. Jetzt möchte ich sehen, welches von den vier Schießeisen am ersten losginge.“

„Seht Euch lieber mit den Pistolen vor – sie feuern manchmal doch, und ein einzelner Funke –“

„Ich habe ein wenig Tabakssaft hineingespritzt – thut das bei den Büchsen lieber auch; – und wenn er die Federn abschnappt, fangen thät' keine.“

„Mich sollte es gar nicht wundern, wenn der Sturm das Dach vom Hause risse – hörtet Ihr eben den Baum stürzen? Alle Wetter, mir fängt es an unheimlich zu werden; ich wollte doch, wir hätten eine ruhigere Zeit abgepaßt.“

„Das Herz klopft mir wie ein Schmiedehammer,“ sagte Cook – schnell im Zimmer auf- und abgehend – „wir werden den Pfiff durch das Toben draußen gar nicht hören.“

„Das bleibt sich ziemlich gleich; unsern Posten dürfen wir doch nicht verlassen – aber – ich wollte, ich könnte etwas sehen. 's ist fatal, so ganz in der Irre und Ungewißheit herumzutappen, wenn man indessen draußen eine Rotte tüchtiger Burschen im Hinterhalt weiß. Es kommt mir gerade so vor, als ob man Nachts im Walde lagert, hört etwas rauschen und weiß nicht, wo und was es ist.“

„Oder in einer weiten Höhle mit der Kienfackel, und man hört den Bären winseln – und kann nicht herausbekommen, auf welcher Seite er steckt. Ich – das muß eingeschlagen haben, Blitz und Donner waren ja fast zusammen! – Ich bin einmal in dem Falle gewesen –“

„Hörtet Ihr nichts?“

„Nein – was soll man denn vor dem Toben draußen hören! – Der arme Stevenson dauert mich nur, und sein Junge – na, die werden an Arkansas denken –“

„Ist denn der Kanadienser mit bei denen im Schilfbruch, oder haben sie ihn in den Wald postirt?“

„Ei bewahre – der ist mit bei den Angreifern, und ein tüchtiger Bursche dazu. – Horcht – war das nichts?“

„Ich habe nichts gehört. – Was nur die Frauen drüben dazu sagen werden?“

„Mich dauert's, daß das Kind gerade trank sein muß.“

„Das läßt sich nicht ändern, warum – bei Gott, das war der Pfiff – jetzt, Cook, aufgepaßt – der Tanz beginnt –“



„Kommt schnell,“ flüsterte Atkins den draußen an der Fenz seiner harrenden Männern zu – „haben wir es erst einmal hinter uns, ist's so viel besser, denn das Wetter vernichtet jede Spur – aber straf' mich Gott, wenn es nicht zu arg ist, in solchem Regen draußen zu sein. Jones sagte mir doch, Ihr kämet erst in acht Tagen –“

„Oh zum Donnerwetter, spart Euer Geschwätz, bis wir im Trocknen sind,“ brummte, sich mürrisch stellend, der Alte – „ist das ein Wetter zur Unterhaltung? Ich habe weiter nichts dabei zu thun, als die Thiere abzuliefern, und wollte zu Gott, ich hätte es einem Andern überlassen. Solchem Regensturm den Rücken hinzuhalten, könnte Einem den Tod geben.“

„Wo stehen die Pferde?“

„Da oben an der Ecke irgendwo – mein Junge ist bei ihnen, heißt das, wenn's den armen Burschen nicht heruntergewaschen hat.“ Er schob bei diesen Worten den Finger zwischen die Zähne und pfiff leise, aber scharf.

„Was zum Teufel macht Ihr?“ frug Atkins erschrocken.

„Hört Ihr's? Da drüben antwortete er,“ sagte der Alte, „er lebt wahrhaftig noch. Wo habt Ihr den Eingang?“

„Gleich da oben – Ihr seid nicht weit davon entfernt, wenn Ihr aber wieder kommt, so reitet etwa hundert Schritt weiter aufwärts in den Bach hinein. Seht Ihr dort!“

„Sehen? jetzt bitt' ich Einen um Gottes willen, sehen, bei solchem Wetter sehen; keine Hand vor Augen, ausgenommen wenn's blitzt. Doch da ist der Junge – he, Ned – komm hierher; lebst Du noch?“

„Ja, Vater,“ flüsterte der junge Mann – „es ist aber ein entsetzliches Wetter. Mir graust's.“

„Unsinn – werden schon wieder trocken werden – komm, folge uns. Haben die Thiere ruhig gestanden?“

„So ziemlich – nur der Rappe scheute bei den Blitzen.“

„Natürlich, welches Vieh soll denn dabei auch ruhig stehen – aber was macht Ihr? Legt Ihr die Fenz nieder?“

„Ja,“ sagte Atkins, – „ich habe mit Willen hier oben keine Thür – sondern Futtertröge in der Ecke angebracht. Es sind zu viel Spione in der Nachbarschaft, und das mindeste Auffallende erregt gleich Verdacht. – So – hier kommt herein. – Nehmt Euch in Acht, dort liegen noch abgehauene Stämme. Ah – der Blitz kam apropos!“

„Ist denn der Platz, wo Ihr die Pferde laßt, weit von hier?“

„Keine hundert Schritt mehr – Pest, das war ein Schlag! – Laßt die Fenz nur liegen, bis wir wieder zurückkommen; jetzt läuft keins von den Thieren fort – sie stehen alle unter dem Schuppen – so – nur mir nach – dies ist der Platz.“

In demselben Augenblick erhellte wiederum ein greller Blitz den ganzen sie umgebenden Raum, und Stevenson sah, daß sie an einer Fenz standen, über die von der andern Seite abgenagtes Schilf herüberging.

„Wartet einen Augenblick,“ sagte Atkins jetzt schnell, „ich schiebe nur die Fenzriegel und die unteren Stämme weg – es wird gleich Luft werden. – So, nun hinunter mit den Thieren, dort sucht sie Keins, und dann in's Haus – ein warmer Schluck – Höll' und Teufel, was macht Ihr? – Verrath! –“

Er hatte aber wohl Ursache, überrascht zu sein, denn kaum war der Eingang zu dem geheimen Versteck geöffnet, als Stevenson einen lauten schrillen Pfiff ertönen ließ. Im nächsten Augenblick erleuchtete ein greller Strahl den Platz mit Tageshelle. Atkins, von dem Schein halb geblendet, sah eine Masse dunkler Gestalten herbeistürmen, und während der Donner in mächtigen Schlägen schmetternd und krachend am Firmamente hindröhnte, fühlte er, wie der kräftige Tennesseer die Hand nach ihm ausstreckte und ihn am Kragen erfassen wollte.

Hier jedoch kam die Dunkelheit dem mit Grund und Boden genau Vertrauten sehr zu statten, denn wie eine Schlange glitt er unter der drohenden Faust hinweg. Stevenson erfaßte statt seiner den Sohn, der ebenfalls herbeigesprungen war, den Verbrecher zu halten; ein zweiter Blitz verrieth ihnen aber die fliehende Gestalt des Hehlers, und auch Weston, den die erste Ueberraschung fast gelähmt hatte, floh der Stelle zu, auf der sie eben die Umzäunung betreten.

Der Platz war übrigens besetzt, und fast wäre er zwei anderen Männern in die Hände gesprungen, denen er gerade entgegenlief, als wieder ein Blitz ihm die neue Gefahr verrieth. Schnell wandte er sich und suchte über die Fenz zu entkommen. Da hörte er auch hier das Zeichen der Verfolger und sah nun, daß dies keine plötzliche, zufällige Entdeckung, sondern ein verabredeter Ueberfall sei, sah jeden Rettungsweg abgeschnitten, und hoffte nur noch, durch das Haus, oder am Haus und Rauchhaus vorbei den schmalen, fast stets von den Hunden eingenommenen Raum offen zu finden. Dort konnte er möglicher Weise den Wald und mit diesem wenigstens augenblickliche Sicherheit gewinnen.

Eben aber, als er in die Porch sprang und zwischen den Gebäuden hindurch wollte, hörte er in der Stube zu seiner Rechten wildes Ringen und Fluchen – vor sich die laute Stimme der zusammenrückenden Feinde, im Rücken die Verfolger, und stürzte sich nun in Angst und Verzweiflung in das Gemach der Frauen, die mit einem Schrei des Entsetzens von ihren Sitzen in die Höhe fuhren.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Regulatoren von Arkansas