13. Kapitel (Der Prediger wird von der Indianerin entlarvt – Die gelungene Flucht)

13. Der Prediger von der Indianerin entlarvt. – Die gelungene Flucht.

„Wo ist Assowaum?“ fragte mit leiser, aber fester Stimme der Prediger, als er sich mit der jungen Indianerin allein sah. Diese jedoch schien seine Frage zu überhören oder wollte ihr nicht lauschen. – Nichts unterbrach die stille Nacht, als das Schluchzen des armen Weibes und das schwere Athmen des Priesters.


„Wo ist Assowaum?“ frug dieser endlich nach einer für ihn peinlichen Pause zum zweiten Mal und erfaßte zu gleicher Zeit mit seiner Rechten den Arm der Weinenden. Wie von einer Schlange berührt, fuhr aber die Unglückliche empor, machte sich los von dem Griffe des finstern Mannes und rief, vor ihm zurückschaudernd:

„Fort – fort – Dein Athem ist Gift – Deine Berührung Tod – Deine Zunge ist doppelt, und Deine Augen lügen Gott, während Deine Brust den Teufel birgt. Fort – Gras und Blume muß welken, wohin Du Deinen Fuß setzest; die Vögel müssen schweigen, wenn Du in ihre Nähe trittst. – Der Rauch der heiligen Pfeife muß vor Dir zurückfliehen und darf Dich nicht umgeben. Dein Gott ist ein Lügengott, denn sonst hätte er lange seinen Blitz gesandt, Dich Verfluchten zu zerschmettern – fort!“

„Wo ist Assowaum?“ frug der Prediger mit heiserer Stimme, ohne die Bannworte der Indianerin zu beachten.

„Oh daß er hier wäre, Dich zu züchtigen!“ sagte diese leidenschaftlich, sich zu ihrer ganzen Höhe emporrichtend – „daß er hier wäre, die Schmach zu tilgen, die Du auf den Scheitel seines armen Weibes gehäuft. – Aber wehe Dir – er soll Dich finden – er soll Dich treffen; sein Kriegsruf soll in Deine Ohren tönen; – oh – Du hast ihn noch nicht gesehen in seiner kriegerischen Herrlichkeit,“ fuhr sie stolz fort, als sie das höhnische Lächeln der Amerikaners bemerkte – „Du hast ihn noch nicht gesehen mit geschwungenem, blitzendem Tomahawk, mit dem Schlachtschrei auf den Lippen und dem Tod der Feinde im Auge, mit wehender Scalplocke und blitzender Speerspitze. Du hast ihn noch nicht gesehen beim Kriegstanze mit den Tod kündenden Streifen im Antlitz; hast ihn noch nicht gesehen roth vom Blut der Erschlagenen und mit den Skalpen der Besiegten am Gürtel. – Aber er wird kommen, er wird zurückkehren!“

„Wann – Weib, wann?“ frug der Priester schnell, indemseine Hand ängstlich zuckend nach der Seite fuhr.

„Wann?“ lachte die Indianerin triumphierend – „wann? zu schnell noch für Dich – ehe die Sonne zweimal im Osten wieder emporsteigt, ist er da, und wehe Dir, wenn sein Pfad den Deinen kreuzt!“

„Aber wo ist er jetzt?“

„Ha – wie Du zitterst, elender Feigling, schon bei dem Gedanken an seinen Arm, an die Schärfe seiner Waffe – ha, wie Du bebst und ängstlich umherblickst, aus Furcht, er könnte jetzt aus den Büschen treten. – Ich bin nur ein Weib, aber ich werde stolz, wenn ich auf Dich herniedersehe.“

„Wo ist er jetzt?“ frug zähneknirschend, aber immer noch nicht frei von Furcht, der Weiße, denn er konnte sich nicht denken, daß die Indianerin ihren Wigwam allein verlassen habe und hier im Walde ohne den Schutz ihres Mannes gelagert sei.

„Wo er jetzt ist?“ fuhr Alapaha höhnisch lächelnd fort – „nicht allein wird er zurückkehren – die starke Hand ist bei ihm, die den erschlug, der sie beleidigte – zittere, denn Dein Gott wird Dich nicht schützen!“

„Ha!“ fuhr Rowson auf, indem eine teuflische Freude seine Züge durchzuckte – „so ist er hinüber, den Genossen zu holen; – dacht' ich's doch. – Gut! dann bist Du mein, und weder Gott noch Teufel soll Dich mir entreißen.“

„Zurück!“ schrie die Indianerin, erschreckt auffahrend, als sie Rowson umschlingen wollte, und flüchtete nach der Hütte zu – „zurück, Teufel! – Deine Augen glühen – zurück!“

„Du bist mein!“ lachte Rowson wild auf – „Du bist mein, und ich trotze dem rothhäutigen Schuft, er mag kommen – aber Dich soll mir nichts entreißen – und daß Dein Mund uns nicht verräth, dafür lass' mich sorgen.“

„So möge denn der Manitu unseres Volkes, dem ich von diesem Augenblick an wieder gehöre, mir Kraft geben!“ rief Alapaha, sich noch einmal dem Arme des Wüthenden entreißend und ihren Tomahawk, den sie an der Seite trug, ergreifend. – „Stirb, Verruchter, von der Hand eines Weibes, und mag Aasgeier und Wolf Deine Gebeine umherzerren – stirb!“

Bei den letzten Worten sprang sie mit wildem Satz auf den erschreckt Zurücktaumelnden zu, und der nächste Augenblick hätte sein Schicksal besiegelt, aber die aus den Haspen gestürzte Thür hielt ihren Fuß, sie wankte, stürzte und sah sich im nächsten Augenblick in der Gewalt ihres Feindes. –

„Wenn Rowson dem Geschrei nicht bald ein Ende macht,“ brummte Cotton unwillig vor sich hin, „so wird er sich oder uns Jemanden auf den Hals locken. – Ich habe sicher den Nachmittag hier irgendwo schießen hören, und es wäre gar kein unmöglicher Fall, daß die Rothhaut noch irgendwo im Walde läge.“

„Ich wollte, er käme,“ sagte Weston, ebenfalls ärgerlich – „das blos mit dem Strom Treiben geht zu langsam, und man kann doch wahrhaftig nicht drei Pferde halten und auch noch rudern. Die Thiere werden überdies unruhig; das Wasser ist kalt und das Ganze mag ihnen wohl ungewohnt und sonderbar genug vorkommen.“

Die Männer lauschten einen Augenblick, und wieder drang der schrille Hülferuf der Indianerin durch die stille Nacht daher, daß die Eule in den dunklen Fichten am Flußufer höhnend darauf antwortete und neugierig dem Orte zuflog, von dem solch' unheimliche Laute herübertönten.

„Die Pest über den Narren!“ rief Cotton noch einmal ärgerlich – „ich wollte bei Gott, sie entwischte ihm, und – wenn wir nur selbst erst einige fünfzig Meilen weiter fort wären. Entkäme die Rothhaut aber jetzt und gäbe Alarm, Höll' und Teufel! ich glaube, wir hätten morgen eine Armee hinter uns her.“

„Er wird sie doch nicht umbringen?“ sagte Weston schaudernd, als er athemlos nach der Richtung hinüberlauchte. – „Es ist jetzt auf einmal Alles so todtenstill – mir graust's, Cotton – er wird doch kein Blut vergießen?“

„Narr!“ brummte Cotton – „wollt Ihr Euren eigenen Hals in die Schlinge legen, heh? gelüstet's Euch, von den Regulatoren an irgend einem bequem gewachsenen Eichenast in die Höhe gezogen zu werden? Rowson wird thun, was nöthig ist. Kann's ohne Blutvergießen abgemacht werden, desto besser, ich bin selbst kein Freund davon. Geht das aber nicht –“

„Oh kein Blut – kein Blut –“ rief Weston ängstlich. „Ich habe mich mit Euch verbunden, die Pferde zu stehlen – das ist kein Verbrechen – aber Blut – mich überläuft's, wenn ich daran denke – Blut mag ich nicht auf dem Gewissen haben; – und das war ja auch nur ein Weib.“

„Desto gefährlicher,“ lachte Cotton, „wenigstens da, wo es gilt, etwas zu verschweigen. Doch seid kein Narr – Rowson wird's schon machen – er thut gewiß nichts, als was er – habt auf das Pferd da Acht, es fühlt Grund und will an's Ufer – Pest, da drüben hat's schon den Huf in den Schlamm gedrückt – seht Euch vor, Weston – wir wissen nicht, wer uns auf den Fährten sitzen wird.“

Der Teufel mag sie alle in Ordnung halten, rief Weston ärgerlich – „warum bleibt Rowson so lange – die Thiere werden ungeduldig, und mir sterben die Hände schon ab vom langen Halten.“

„Dort ist die Stelle, wo er zu uns stoßen wollte,“ sagte Cotton – „seht Ihr dort, wo die Wurzel im Wasser liegt – gerade vor Euch – ich habe hier oft in der Gegend gejagt und kenne den Bogen, den der Fluß macht, gut genug.“

„Da steht auch Jemand neben der Wurzel!“ flüsterte Weston leise. In dem Augenblicke tönte der Ruf des Whip-poor-will von der Stelle her, und gleich darauf sprang Rowson, denn er war es, von dem Steine, auf dem er stand, in das hier nur wenige Zoll tiefe Wasser und watete an die Boote heran, da die darin Sitzenden nicht anhalten konnten, ihn aufzunehmen.

„Hier sind Provisionen,“ sagte er mit heiserer Stimme, indem er einen Arm voll auf Stäbe gereihte Stücke Hirschfleisch in das Boot warf – „delikates Wildpret.“

„Wo ist die Indianerin?“ frug Weston, dem finstern Mann ängstlich in's Auge sehend.

„Sicher!“ antwortete dieser lakonisch und wandte sich ab vor dem forschenden Blicke des Fragenden.

„Sicher? Ihr habt ihr doch kein Leid angethan?“

„Unsinn – bekümmert Euch um Eure eigenen Geschäfte – was geht Euch mein Handeln an? – So, gebt mir die Pferde und nehmt Ihr das Ruder ein wenig – das Wasser wird hier tief und wir kommen etwas schneller vom Fleck.“

„Wie weit ist's noch zu dem Platze, wo wir landen?“ frug Cotton.

„Drei Meilen – eher etwas mehr als weniger.“

„Und wie weit geht Ihr mit?“

„Noch zwei etwa – wir werden die Hügelreihen bald erreichen, an deren Fuß ich aussteige – aber – Weston – kommt doch noch einmal her und nehmt die Zügel – Cotton – habt Ihr nicht ein altes Tuch oder so etwas bei Euch?“

„Was wollt Ihr damit? – mein Halstuch!“

„Gebt es her – oder – bindet es mir hier um den Arm – da – da gerade an der Schulter.“

„Ja, dann müßt Ihr aber den Rock ausziehen – ich kann auch nicht gut dazu – das verwünschte Boot schwankt so, und ich fürchte, es schlägt um.“

„Gut – dann warte ich noch eine Viertelstunde, bis wir wieder an eine seichte Stelle kommen, und gehe nebenher im Wasser – nachher macht sich's besser.“

„Was habt Ihr denn an der Schulter?“ frug Cotton, als Jener den Rock auszog und den Aermel auffstreifte.

„Ih – die kleine Hexe erwischte einmal, ich weiß selbst nicht wie, den Tomahawk, den ich ihr schon weggenommen, und – doch es hat weiter nichts zu sagen. – Dort unten, wo es so hell schimmert, hört das tiefe Wasser auf, und dann können wir etwas darum binden.“

Schweigend verfolgten die Männer jetzt wieder bis zu der bezeichneten Stelle ihre Bahn, dann aber stieg Rowson, erst vorsichtig mit dem kurzen Ruder nach Grund fühlend, über Bord, und während er neben dem langsam dahingleitenden Kahn herging und sich mit der rechten Hand dabei am Rande desselben festhielt, verband ihm Cotton die keineswegs unbedeutende Wunde.

„Wenn nur der Mond ein wenig schiene,“ rief Weston nach einer Weile, „daß wir doch wenigstens den Punkt erkennen könnten, an dem wir landen müssen!“

„Sehnt Euch auch noch nach dem Mond,“ brummte Cotton, „weiter fehlte gar nichts. – Ich wünschte, es regnete, was vom Himmel herunter wollte.“

Die Boote glitten jetzt an einer steilen Hügelreihe vorbei, deren schroffe Felskanten bis hinein in den Strom reichten, während einzelne dunkle Cedernbüsche aus der senkrechten Wand emporwuchsen und lange, unheimliche Felsspalten sich bis zu dem Gipfel der Berge hinaufdehnten. Die Kuppe krönten hohe, schwankende Fichten und Kiefern, und Cedern und Hickories bildeten das dichte, feste und beinahe undurchdringliche Unterholz.

„Wir sind nicht mehr weit vom Ziel!“ sagte Rowson, „gleich dort unten ist die Stelle, an der ich Euch verlasse, und, Cotton – Ihr kennt ja den Platz, wo Ihr aussteigt!“

„Hat keine Noth – den verfehl' ich nicht. – Doch wenn auch – etwa eine Viertelmeile weiter unterhalb ist eben wieder eine solche Stelle. Aber halt! – was ist das? ein Feuer am Ufer? Dort lagert Jemand.“

„Nur ruhig,“ flüsterte Rowson – „wer es auch sei, das Rohr läßt ihn hier nicht dicht an's Ufer, und der Schatten der Bäume wird uns wohl jedem neugierigen Blicke verbergen.“

Am Ufer schlug jetzt kläffend ein Hund an, und sie konnten sogar eine Stimme hören, die ihn beruhigte. Das Rohrdickicht war aber, wie Rowson ganz richtig bemerkt hatte, so dick und verworren, daß es unmöglich gewesen wäre, gerade an dieser Stelle den Fluß zu erreichen, oder ihn von dem Orte aus, wo das Feuer flammte, zu übersehen, und lautlos schwammen die Männer in der hier ziemlich tiefen Strömung vorüber.

„Verdamm' die Pferde, wie sie schwanken,“ flüsterte Cotton nach einer Weile.

„Es ist Zeit, daß sie an's Land kommen,“ – erwiderte Rowson – „hier ist übrigens der Ort, wo ich landen muß – so – haltet Euch ein klein wenig näher heran, daß ich abspringen kann – und nun macht Eure Sache klug – sitzt fest jetzt!“

Mit diesen Worten schwang er sich aus dem schaukelnden Boot auf einen vorspringenden Stein, winkte noch einmal mit der Hand hinüber und verschwand im Dunkel.

Es gehörte aber ein so geübter Canoeführer als Cotton dazu, um das schwanke Fahrzeug bei dem Herausspringen eines Menschen vor dem Umschlagen zu bewahren. Doch war es für ihn mit nur geringen Schwierigkeiten verbunden; der Kahn schaukelte kaum einige Secunden und glitt dann, ohne einen Tropfen Wasser eingenommen zu haben, weiter auf seiner Bahn.

Weston sprach keine Silbe mehr; seit dem letzten krampfhaften Schrei der Indianerin, der ihm noch in den Ohren tönte, hatte sich eine eigene, unbezwingbare Angst seiner bemächtigt. – Er fuhr bei dem geringsten Geräusch empor, und das Herz klopfte ihm in fieberhaften Schlägen.

Ohne weiter ein Wort mit einander zu wechseln, erreichten sie bald darauf die von Rowson bezeichnete Stelle, wo breite, glatte Felsplatten bis in die Hälfte des Flusses hineinliefen und sich bis oben hinauf zu dem mit dichtem, niederem Gebüsch bewachsenen Ufer erstreckten. Dort hielten sie und führten die schnaubenden und ungeduldig stampfenden Pferde auf das Trockene.

„Ja, trampelt nur,“ lachte Cotton – „es soll euch bald warm genug werden. Haltet sie einen Augenblick, Weston, ich muß das eine Canoe erst versenken, daß es Niemand findet und Verdacht schöpft; das andere mag schwimmen, das kennt Keiner, und wenn sie's kennen, werden sie glauben, es habe sich losgerissen.“

Damit warf er schnell seine Kleider ab, um am Schwimmen nicht gehindert zu sein, füllte das Canoe mit Steinen, ruderte es an eine tiefere Stelle und ließ es sinken.

„So,“ sagte er, als er bei Weston wieder an's Land sprang und seine Kleider überwarf – „so – das wird so bald Niemand zu sehen bekommen, wenigstens nicht früh genug, uns Schaden zufügen zu können. – Jetzt aber fort, mir brennt der Boden hier unter den Füßen.“

„Und kennt Ihr den Weg auch genau?“ frug Weston besorgt – „Nachts gehört ein tüchtiger Waldmann dazu, eine genaue Richtung im Walde beibehalten zu können.“

„Seid unbesorgt,“ rief Cotton, „wir müssen uns überdies etwas auf dem Bergrücken halten, denn da ist das wenigste Gestrüpp und ein Wegverfehlen auch nicht mehr möglich. Wenn wir überhaupt nur erst aus dem Schilfdickicht heraus sind, und das ist hier kaum fünfhundert Schritt breit, dann hat's keine Noth mehr. Also frisch in den Sattel, Weston – apropos – was habt Ihr denn für Sättel mit von zu Hause gebracht?“

„Für Euch einen alten spanischen, für mich gar keinen – ich nehme das Büffelfell hier. Wie weit ist's denn?“

„Nun, Gott sei Dank,“ lachte Cotton – „morgen oder übermorgen kommen wir nicht hin; doch was thut's. Wer solche Geschäfte übernimmt, darf nicht so besonders auf Bequemlichkeit sehen. Rowson's Plan ist übrigens capital, und ich denke, wir werden den Mississippisumpf wohl ungestört erreichen. Soll mich nur wurdern, ob sie Johnson nichts am Zeuge flicken.“

„Wenn ich nur wüßte, ob Rowson der Indianerin kein Leid zugefügt hat!“ sagte Weston seufzend.

„Oh, die Pest auf Eure Indianerin, was kümmert uns die! Höll' und Teufel, da fängt's wieder an zu regnen. Doch halt, ich will nicht fluchen, das ist gut genug und kann uns nur lieb sein, Johnson besonders, denn dem können sie nachher nicht nachsuchen, von woher er mit den Pferden gekommen ist. Aber jetzt fort – hier hindurch, Weston; das ist die Mündung eines der kleinen Bäche, und wenigstens schilffrei.“

Weston hatte indessen das erwähnte Fell auf dem Rücken eines der Pferde befestigt, schwang sich hinauf und folgte, zwei andere führend, dem Gefährten, der unter der Zeit schon das Dickicht betreten hatte und im Dunkel verschwunden war. Wenige Augenblicke noch konnten man das Brechen und Krachen des trockenen und verdorrten Rohre hören, als sich die Pferde zwischen diesen hindurchdrängten, dann verhallte auch dies; und Totenstille ruhte auf der Wildniß, und die Dunkelheit der Nacht barg Sünde und Verbrechen.



Der Leser muß aber jetzt noch einmal mit mir zu der Furth zurückkehren, an der wir uns beim Anfang des vorigen Capitels befanden.

Gar nicht so sehr lange waren hier die vier Verbündeten unter dem dunklen Schatten der Bäume verschwunden, als die Straße entlang, mit Kienfackeln in den Händen, die Reiter vom Springriver mit den in Pettyville hinzugekommenen Farmern heransprengten.

„Hier sind sie hinunter,“ rief Husfield jetzt, sich im Steigbügel niederbeugend und die Kienspäne so nahe wie möglich an die Erde haltend – „das sind meine Pferde – verdammt will ich sein, wenn die Unverschämtheit nicht in's Grenzenlose geht; galoppieren mitten auf der breiten Countystraße durch's Land, als ob sie auf ihren eigenen Kleppern ritten. Aber wartet, Halunken, wartet – der Strafe entgeht Ihr diesmal nicht.“

„Bezweifle sehr, daß sie warten werden,“ lachte Cook – „die Spuren sehen auch gar nicht danach aus; – Wetter, wir sie hier eingegriffen haben – Husfield, wir werden scharf reiten müssen, wenn wir sie morgen einholen wollen.“

„Ob wir scharf reiten – und wenn ich auch diese Pferde zu Grunde richte; lieber alle verloren, aber hängen muß ich die Canaillen sehen – hängen – sonst kann ich nicht mehr ruhig schlafen.“

„Mir war's, als ob ich einen Schrei hörte, wie wir dort oben um die umgefallene Eiche herumritten,“ sagte Curtis – „war's Euch nicht auch so?“

„Ja,“ erwiderte Husfield – „ich hörte etwas, das wird aber wohl ein Panther gewesen sein, es gibt deren noch einige hier im Schilfbruch.“

„Oh genug,“ rief Cook – „besonders hier in der Gegend. Vor acht Tagen habe ich erst einen geschossen, und Fährten sind im Ueberfluß da.“

„Wie ist denn die Furth?“ frug Husfield jetzt, sich im Sattel zurückbiegend; „irgend eine tiefe Stelle hier, die gefährlich werden könnte?“

„Ja – auf der anderen Seite,“ erwiderte Curtis, „laßt mich nur voranreiten, ich kenne den Platz.“

Damit ließ er sein Pferd langsam die steile Uferbank hinuntergehen und ritt, von den Uebrigen einzeln gefolgt, zum anderen Ufer.

„Seht Ihr die Fährten da?“ frug Husfield, der den Zug beschloß.

„Ja wohl – versteht sich,“ rief Curtis zurück – „sie könnten auch nirgends anders hinauf – gerade fort auf der Straße, so wahr ich Curtis heiße. Sie verlassen sich auf die schnellen Hufe ihrer Thiere.“

„Wär's aber nicht besser, wir würfen die Fackeln jetzt weg?“ frug Cook; „sollten wir ihnen wirklich nahe kommen, so sehen sie die leuchtenden Brände zu weit.“

„Das ist wahr!“ bestätigte Curtis, „die Fackeln löschen wir aus; sind sie auf der Straße geblieben, was ich jetzt keinen Augenblick mehr bezweifle, so holen wir sie auch ein, und da können uns die leuchtenden Kienspäne nur Schaden thun, also fort mit ihnen!“ Und ohne weiter eine Zustimmung der Uebrigen abzuwarten, schleuderte er seine Fackel hinüber in das feuchte Laub, wo sie augenblicklich erlosch. Seinem Beispiel folgte Cook, nur Husfield suchte noch dem Licht am Boden, um die bekannten Hufspuren wieder aufzufinden.

„Sie sind hier hinauf,“ rief ihm Curtis zu, „hier auf der Straße selbst sind ja die Fährten.“

„Ihr habt Alles vertreten,“ sagte Husfield; „nun, meinetwegen auch im Dunkeln. Den Weg werden wir ja nicht verfehlen können.“

„Ist nicht möglich,“ erwiderte Cook, „wenigstens nicht in dieser Nacht, denn es wird wohl hell sein, ehe wir die Stelle erreichen, wo er anfängt undeutlich zu werden.“

„Gut – vorwärts denn,“ rief Husfield, indem er seine Kienspäne ebenfalls von sich warf, „vorwärts, und wer von Euch die erste Hand an die Schufte legt, hat ein Faß Whisky bei mir zu Gute.“

Die Männer jubelten laut auf über den Preis, und hin auf der Straße, den „heißen Quellen“ zu, flogen sie im gestreckten Galopp – Johnson's Fährten folgend.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Regulatoren von Arkansas