Kapitel V. Als die Wasser fielen und sich verliefen. - Vierter Tag der Flut. — Die Wasser fallen und die Retter sind geschäftig. — Kriegsgesetze werden in Anwendung gebracht und ein Überblick der Lage wird gegeben.

Am Freitag, den 28. März, dem vierten Tag der Flut fielen die Wasser allmählich und die Rettungs- und Hilfsarbeiten wurden mit größerer Energie betrieben.

An zwanzig Motorboote waren außer den Lebensrettungsbooten im überfluteten Distrikt an der Rettungsarbeit und man hoffte vor Anbruch der Nacht noch Allen Rettung und Hilfe bringen zu können, die noch am Leben waren. Für Bergung der Toten geschah noch nichts, die erste Sorge galt den noch Lebenden.


Die Boote kehrten bald von den näheren Stadtteilen zurück und brachten jedes seine Ladung von fünfzehn bis zwanzig Überlebende. Die Meisten waren so schwach geworden von Entbehrungen und Leiden aller Art, dass sie sich kaum bewegen konnten. Um 8 Uhr waren mehrere hundert auf Tragbahren nach dem Cash Register- Hospital gebracht worden; diese hatten auf der Südseite des Flusses gewohnt.

Die Lage hatte sich auch in Betreff der Nahrungsmittel gebessert. Motorwagen, die von der Cash Register Company ausgeschickt und von Leuten bemannt wurden, die militärische Aufträge hatten, Kartoffeln und allerlei Nahrungsmittel von den um die Stadt wohnenden Farmern zu holen und in Beschlag zu nehmen, brachten einen guten Vorrat von Nahrungsmitteln zurück und mehrere Hilfszüge trafen auch glücklich per Eisenbahn in der Stadt ein.

Die Rettungsarbeiten wurden jetzt auch mehr systematisch gehandhabt und alle Straßen, aus welchen die Flut zurückgewichen war, wurden vom Militär patrouilliert. Den Leuten wurde geraten sich, wenn irgend möglich, nach ihren Häusern zurückzubegeben.

„Habt ein scharfes Auge auf Diebe und Räuber", wurde in einem Amtsblatt mit weiter Verbreitung gewarnt. „Verlasst Eure Häuser nicht ohne Bewachung. Es waren Diebe, die Euch in Schrecken gesetzt hatten mit dem Reservoir und der Naturgasexplosion. Das Naturgas ist abgedreht und es besteht keine Gefahr von Explosionen."

Sechzig katholische Schwestern in der Akademie in Notre Dame und achtzehn Personen, die dort eine Zu- flucht gefunden hatten, waren, als sie von der Louisviller Lebensrettungsmannschaft gefunden wurden, seit Dienstag ohne Nahrung und Wasser gewesen.

Es gab mehrere Krankheitsfälle, bei denen Not und Leiden doppelt schlimm war. Die Lebensretter ließen einen Vorrat Brot und Wasser zurück und machten Pläne, weitere Hilfe zu bringen.

Die Louisviller Mannschaft versorgte auch mehrere hundert Familien in den Niederungen in der Nähe der Ludlow und Franklin Straßen mit dem Nötigsten. Hier war das Wasser bis an die Dächer aller zweistöckiger Häuser gestiegen. Nur einige, die nämlich in der verzweifeltsten Lage waren, wurden in die Boote genommen, und die andern mit Brot und Wasser versorgt.

Man hatte wenig Hoffnung gehabt, dass in diesem Distrikt sich überhaupt noch Menschen am Leben befänden und die Tatsache, dass nur wenige dort umgekommen waren, machte Hoffnung, dass die Verlustziffer eine viel niedrigere sei, als man zuerst erwartet hatte.