Kapitel 57 - In Rom raste man immer weiter. Es schien, als ob die Stadt, welche die ganze Welt unterjocht hatte, ...

In Rom raste man immer weiter. Es schien, als ob die Stadt, welche die ganze Welt unterjocht hatte, sich nun selbst aufreiben wollte. Noch kurz vor der Todesstunde der Apostel brach die Verschwörung des Piso aus. Unerbittlich raffte der Tod die Verschwörer hin; Piso wurde hingerichtet, die höchsten Würdenträger niedergemacht. Selbst jene, die gewohnt waren, in Nero eine Gottheit zu sehen, fürchteten ihn nunmehr als eine Gottheit des Todes. Trauer und Schrecken wohnten in Häusern und Herzen; doch die Türen waren mit Efeu und Blumen bekränzt, weil es verboten war, Tote zu betrauern. Eine solche Angst hatte sich schließlich der Leute bemächtigt, daß sie sich beim Erwachen täglich fragten, an wen heute die Reihe kommen werde. Ein Zug von Gespenstern bezeichnete die Wege des Wüterichs. Nach der Hinrichtung des Piso folgten Seneka und Lukanus, Fenius Rufus und Plautius Lateranus, dann Flavius Scaevinus, Afranius Quenetianius, der zügellose Freund des kaiserlichen Wahnsinns, Tullius Senicio; dann Proculus, Araricus und Tugurinus, Gratus, Silanus, Proximus, der dem Kaiser mit Leib und Seele zugetan gewesene Subrius Flavius und Sulpicius Asper. Die einen richtete die eigene Schlechtigkeit zugrunde, die anderen die Furcht, diese ihr Reichtum, jene die Tapferkeit. Die Stadt war von Soldaten eingeschlossen und befand sich gewissermaßen im Belagerungszustande, Tag für Tag stellten die Centurionen Todesurteile zu. Die Verurteilten erniedrigten sich durch Schmeichelbriefe, worin sie Nero für das Urteil noch dankten und ihm einen Teil ihres Vermögens vermachten, damit der Rest den Kindern verbleibe. Es schien geradezu, als wolle Nero sich überzeugen, bis zu welcher Stufe die Römer gesunken, wie lange sie seine blutige Herrschaft zu tragen gewillt seien. Nach den Verschwörern wurden ihre Verwandten hingerichtet, dann ihre Freunde, ja selbst bloße Bekannte, nicht einmal die Verwandten des Kaisers wurden geschont, Pompejus Cornelius Martialis, Flavius Nepos und Statius Domitius wurden verurteilt, weil sie angeblich den Kaiser nicht liebten, Novius Priscus, weil er ein Freund Senekas war, Rufius Crispus, weil er ehemals Poppäas Gemahl war. Den großen Traseas vernichtete die Tugend, viele andere vernichtete ihre edle Gesinnung, selbst Poppäa wurde das Opfer eines Wutausbruches des Cäsar.

Der Senat kroch vor dem schrecklichen Kaiser, errichtete ihm zu Ehren einen Tempel, tat Gelübde für seine Stimme, opferte seiner Macht, bekränzte seine Standbilder und stellte für ihn besondere Priester an, wie für einen Gott. Die Senatoren gingen nur noch mit Zittern auf den Palatin, um dort die Gesänge des Periodonikes zu loben, die verrücktesten Orgien zu feiern.


In den Tälern aber und auf dem Lande war es still, und aus dem mit Blut und Tränen befruchteten Boden wuchs die Saat des Petrus immer mehr heran.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Quo Vadis?