Probleme des modernen Judentums

Autor: Klatzkin, Jakob (1882-1848) hebräischer philosophischer Schriftsteller und nationaljüdischer Publizist, Erscheinungsjahr: 1918
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Judentum, Juden, Religion, jüdisches Leben, Assimilation, Nationalbewusstsein, Israel, Zionismus, Herzl
Aus: Erstes Kapitel. Irrwege eines nationalen Instinkts

Als die „Aufklärung“ die Festen der jüdischen Religion erschütterte, tauchte zum erstenmal die folgenschwere Judentumsfrage, die für unser Schicksal entscheidender als die Judenfrage ist, auf: Gibt es ein Judentum außerhalb der jüdischen Gesetzestreue? Waren Judentum und jüdische Religion jahrtausendelang identisch, musste nicht die Loslösung vom jüdischen Religionsgesetze die Loslösung vom Judentum schlechthin bedeuten? Der unbewusst-nationale Selbsterhaltungstrieb wehrte sich gegen dieses Todesurteil. Er suchte einen neuen Existenzgrund für das Jude-Sein, das seiner alten Grundlage verlustig gegangen war. ...

Zeichnung der Vignetten von Josef Kaplan

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    Erstes Kapitel: Irrwege eines nationalen Instinkts

Die Genesis der Losung: Geist des Judentums. Der unbewusste Seinsgrund der westjüdischen Orthodoxie. Drei Kriterien des Judentums. Der geistige Nationalismus und der Evolutionsgedanke. Nationale Wertung und nationales Kriterium. Analyse des „Geistes des Judentums“. Die Opposition gegen den Mythos. Die Kabbalah. Das Judentum als Gesetzeslehre und als Ideologie. Individual- und Universalelemente. Der Gedanke der jüdischen Mission. Das antizipierte Kriterium. Inhalt und Form als nationales Differenzierungsmoment.

Zweites Kapitel: Die Existenzfrage des modernen Judentums

Der Glaube an die Unmöglichkeit einer jüdischen Assimilierung. Die Erfolge der Assimilation. Jüdisches Bewusstsein und jüdisches Sein. Hermann Cohen. Der Zwangscharakter der Assimilation. Das Rätsel der Dauer des Judentums. Der tragbare Staat. Religiösnationale Wirtschaftsformen. Halachah und Agadah. Das nationale Instrument der mündlichen Lehre. Die doppelte Funktion des Rabbinismus. Die Formkraft der jüdischen Religion. Ost- und Westjudentum. Das amerikanische Judentum. Steigerung des Nationalbewusstseins und Minderung des Nationalseins. Ein Inhalt als Daseinsgrund. Folgen der Entwertung der religiösen Formen. Wechselbeziehung zwischen Religion und nationalem Selbsterhaltungstrieb in positiver und negativer Richtung. Jüdische Lebensbejahung als Erhaltungsfaktor. Widerstand der Völker gegen die jüdische Assimilation. Die negativen Faktoren der Erhaltung. Ein kulturelles Hindernis der Assimilation. Schlussfolgerung.

      Drittes Kapitel: Palästina als nationales Zentrum

Die historischen Diasporazentra. Das Fehlen einer nationalen Norm als Beeinträchtigung der Assimilierbarkeit. Die Existenzform eines entjudeten Judentums. Die nationale Normierung in Palästina und ihre Folgen in der Diaspora. Zentrum und Peripherie in der Periode des nationalen „Werdens und in der der nationalen Kristallisierung. Möglichkeit eines Zerfalles in zwei Judentümer. Das religiöse Einheits- und Gemeinschaftsbewusstsein. Grenzen des nationalen Übertritts. Bodenständiges und universales Judentum.

      Viertes Kapitel: Die nationale Rechtslage des Galut

Antisemitismus als Abwehr. Leon Pinsker. Der Kaufpreis der Judenemanzipation. Der Vorschuss auf antizipierte Assimilation. Juden in fremdnationaler Machtstellung. Gegenüberstellung der antisemitischen und der philosemitischen Bewertung des jüdischen Volkes. Stellungnahme des nationalen Judentums zu den Verteidigern jüdischer Gleichberechtigung. Das Bekenntnis zum Fremdsein und Fremdbleiben-Wollen. Inkonsequenzen im Nationaljudentums. Die Assimilanten. Die Halbassimilanten. „Wir sind Juden und Deutsche, Juden und Franzosen“. Der Rechtsanspruch der jüdischen Nation auf Palästina, seine Geltung und Aufhebung. Die Logik und Tragik des historischen Antagonismus zwischen Israel und den Völkern. Lösung der Judenfrage vor Erlösung des Judentums. Die nationale Entscheidung. Kulturfortschritt als Vertiefung des Antagonismus. Ein theoretisches Versehen der Judenemanzipation. Religiöse und nationale Toleranz. Die national-rechtliche Stellung des Galut. Nachteile des Nationalismus für das Diasporajudentum. Nationale Rechte als Lösung der Judenfrage. Historische und rechtliche Exterritorialität. Unlösbarkeit des tragischen Konfliktes, in der Diaspora.

            Fünftes Kapitel: Aufgaben des Unterwegs

Der nationale Wert eines außerterritorialen und außerreligiösen Judentums. Erhaltung einer Formlosigkeit als Schein einer eigenartigen Form. Die begriffliche Elastizität des modernen Judentums. Bilanz des Galutnationalismus. Assimilation als Idee und als Wirklichkeit. Ein Judentum aus Pathos der Distanz. Der modernisierte Chassidismus. Das Sprachenexil. Übersetztes Judentum. Der nationale Gefühlswert der jüdischen Renaissance. Das Adelsbewusstsein und das Glücksgefühl des traditionellen Judentums. Nationale Gedächtniskontinuität. Das Verhältnis des Judentums zum Christentum. Das Stadium der nationalen Pose. Zwei Epochen des Galut. Die Zeitrechnung der inneren Zerstreuung. Bejahung aus Verneinung. Die Funktion einer Zwischenlage. Die Mühen des Unterwegs. „Gebote, die an chuz l'arez gebunden“. Gegenwartsarbeit. Die Religiosität der jüdischen Moderne. Gemeinschaftsbildende Formen der Religion. Hebräisch und Jiddisch in der Diaspora. Galut als permanenter Kriegszustand. Die leichten Heiligtümer.

            Sechstes Kapitel: Die heroische Existenzform

Kundgebung des nationalen Bekenntnisses. Jüdische Kriegshelden. Ein Ruhmestitel der Entjudung. Halbheiten des Galutnationalismus. Nationale Voraussetzung einer Diasporamission. Die Galutpolitik des alten Judentums. Jüdische Drückeberger. Desavouierung der Assimilanten. Das Erbe der Emanzipation. Der verlästerte Ostjude. Moralische Defensive und Offensive. Verschuldung der Christenheit. Unsere Anklagen. Sind wir Parasiten? Die dreigliedrige Forderung. Erhaltung des Judentums als Erhaltung der Judenfrage. Der heroische Charakter der Galutexistenz. Nationale Elite.

            Siebentes Kapitel: Die zionistische Zuversicht

Die Wirklichkeitsdignität des zionistischen Ideals. Das alte und das moderne Galut. Die Assimiliation in ihren ersten Stadien und ihre inneren Gebrechen. Die sittlichen und ästhetischen Motive im Zionismus. Theodor Herzl. Das naive und gereifte Zeitalter der Aufklärung. Nationalismus und Universalismus im Judentum.

Anmerkung für nichtjüdische Leser: Galut (hebräisch) bedeutet die Zerstreuung des jüdischen Volkes, das jüdische Exil.

Kaplan, Josef (Zeichnung der Vignetten)

Kaplan, Josef (Zeichnung der Vignetten)