0001 bis 0100

0001. Sich mit einem abackern müssen. S. 26.

0002. Dem Kukuk ein Ohr abarbeiten.
Vgl. Sprw. 3716. S. 11. 20.


0003. Er ist kalt abgebrannt. (Littauen.)
Er hat sein Grundstück kurz vor dem gerichtlichen Verkaufe mit Hilfe gefälliger Nachbarn in einer Nacht niedergerissen. Bei solch' kalten Bränden wird das Material, so wie sämtliches Inventar und Mobiliar fortgeschafft und dadurch den Gläubigem jedes Objekt zu ihrer Befriedigung entzogen.

0004. Er ist abgebrüht — ein abgebrühter Mensch.
Er ist unempfindlich gegen Tadel, ohne Gefühl und Verständnis für edlere Regungen. Vgl. Sprw. 1718.

0005. Einen abdecken.
Ihn prügeln.

0006. Âwendred' sön nich Morgerêd'.
Vgl. Sprw. 7.

0007. Abendrot — Gutwetterbot', Morgenrot — bringt allzeit Kot. Auch: Abendrot — Schönwetterbot', Morgenrot bringt Dreck und Kot.
Vgl. Sprw. 8.

0008. Das kann man sich am Arsch abfingern.
So einfach, leicht begreiflich ist die Sache.

0009. So frägt man den Bauern die Künste ab.
Soph. B. IV, 47; VI, 484. Vgl. Sprw. 934. S. 189.

0010. Da gëwt't wat af.
Es setzt Hiebe.

0011. Dem Teufel (dem Kukuk) ein Ohr abgehen müssen. (Korkehnen.)
Zur Bezeichnung eines langen Weges. Vgl. Sprw. 3716.

0012. Was abgegangen ist, das kommt nimmer wieder.
Carm. nupt I, 267.

0013. Er hat ihm alles abgegrenzt.
Durch dringendes Bitten ihm das Seine abgeschwatzt.

0014. Einen abkapiteln.
Ihn ausschelten, heruntermachen, ihm ein Strafkapitel lesen.

0015. Er ist abgekratzt.
Gestorben; durchgebrannt, ohne Abschied davongegangen.

0016. Aflâte kömmt ömmer tomät. (Königsberg.)
Im Handel gilt es, auf hohen Preis halten. Vgl. 1151.

0017. Löck af on schöck wîder.
Wenn nur ein Teelöffel da ist.

0018. So etwas trag' ich nicht unter meinem Absat
Als Ausdruck tiefster Verachtung.

0019. Das schmeißt nichts ab.
Bringt keinen Gewinn, Vorteil, bei dem Geschäfte ist nichts zu verdienen.

0020. Er schwatzt dem Teufel ein Ohr ab.
Er redet viel. Vgl. 2. 11.

0021. Kann öck mîn Endke afsêne, war öck et ô aftêne, kutsch', Koppke, noch e Wîlke. (Wehlau.)
Worte einer schlaflustigen Bauerfrau beim Flachsziehen. Sprw. 3851.

0022. Er wird bald abzickeln.
Sterben.

0023. Nu accrâds nich!
Nun tue ich's gerade nicht.

0024. Se ach't on wui't de ganze Dag.
Ächzt und wehklagt.

0025. Dat ös sîn (mîn) Acker on Plôg.
Beruf. Auch: — Egg' on Plôg.

26. Er muss mit ihm ackern.
Vom Lehrer, der einen schwach beanlagten Schüler zu unterrichten hat. Er muss sich mit ihm abackern, müde arbeiten, ja zerackern, bis zur völligen Erschöpfung mit ihm beschäftigen.

0027. O Ackersmann, du Klackersmann, wohl dem, der ein Handwerk kann! seggt de Bessembinne tom Bû're. ( Jerrentowitz.)

0028. Âpke, spring' äwer!(Königsberg.)
Spottend zu dem, der auffallend gekleidet geht.

0029. Âpke, wöllst Nät oder ver e Frät? (Königsberg. Wehlan.)
Als Schimpf.

0030. Er afft alles nach.

0031. Das ist eine reine Affenkomedie.
Zur Bezeichnung wilden Streites, Zankes. S. 1415.

0032. Das ist eine reine Affenschande.
Zur Bezeichnung einer unüberlegten, albernen Handlung.

0033. Er ist ein Affenschwanz.
Als Schimpf, wie Affenzagel. Vgl. Sprw. 33.

0034. Dat ös en reiner Alfsrankel. (Natangen.)

0035. Allein ist immer angespannt.

0036. Er ist nicht mehr allein. (Friedland.)
Er ist betrunken.

37. Oeck sî nich allên.
Ich bin nicht allein, sagt die schwangere Hausfrau zur Bezeichnung ihres gesegneten Zustandes.

0038. Von allem wat, vom Beste gar nuscht. (Dönhoffstädt.)

0039. Er ist aus Allenberg.
Von einem, der sich unsinnig, albern gebärdet. Auch: Er ist reif für Allenberg. Allenberg bei Wehlau ist die Provinzial-Irrenheilanstalt.

0040. Oen Alleborg wâre de Kinder möt schwînsche Wâter gedept. (Dönhoffsetädt.)
Wortspiel. Die Stadt Allenburg liegt am Einflüsse des Flüsschens Schweine in die Alle.

0041. Wenn aller, denn satt.
Vgl. Sprw. 3881.

0042. Wenn't aller ös, denn heft de lêwe (auch: arme)Seel' Ruh.
Wenn bei der Mahlzeit alles aufgegessen ist, dann beruhig sich auch die unersättlichen Kinder.

0043. Allgemach kommt auch an's Ziel.

0044. Ich werde heute nicht alt werden. (Dönhoffstädt)
Wenn man früh zu Bette zu gehen beabsichtigt.

0045. Älter, aber nicht kälter.
Das Herz bleibt ewig jung.

0046. Ôld, domm on dammlig!
Scheltend gesagt, wenn alte Leute ein Versehen machen.

0047. Wer nich ôld ware wöll, mot söck jung ophäng

0048. Er ist recht altbacksch.
Nach Klein I, 94: altbacken = altklug. Vgl. 591.

0049. Die Alten — die besten.
Jablonski, 41b. Vgl. 1771.

0050. Alter schützt vor Torheit nicht.
Sehr häufig in der Scherz-Variante: Alter scheisßt vor'm Thorw nicht. (Königsberg. Dönhoffstädt.)

0051. Wer dem Alter dient, will vom Alter leben (Flatow.)

0052. Dat Oeller kröppt op e Söller. (Dönhoffstädt)

0053. Ôlmôdsch on pfiffig. (Königsberg.)

0054. Er ist ein Altsitzer.
Vater, der dem Sohne die Wirtschaft abgetreten und für sich nur ein Stübchen oder eine Kammer und lebenslänglichen Unterhalt ausbedungen. Daher auch Stubchenvater, Kammervater, Ausgedinger. (Altsitzerpulver nennt man in Littauen den weissen Arsenik, weil es vielfach vorgekommen sein soll, das Altsitzer durch Arsenik vergiftet worden sind.)

0055. Ôlverstand, göff de Kô e Posshand! (Memel.)
Als Tadel gegen superkluge Kinder. Vgl. Sprw. 55.

0056. Er ist ein Altweibertröster.
Vgl. 2874.

0057. Er ist ein Ammenmacher. (Königsberg.)
Von einem Manne, der ohne eigentlichen Beruf leht.

0058. Er ist angebrannt.
Nicht mehr frei, bereits verlobt. Vgl. Sprw. 70.

0059. Was Anderes ist Männkedreck. (Dönhoffstädt.)
Als Erwiderung auf die Redensart: Das ist was Anderes!

0060. Alle Dâg andersch on am Sinndag sûre Komst. (Wehlau.)
Auf die Frage: Wie heißt du?

0061. Wenn et nich andersch ös, denn, Herrke, stête se mi man dâl, seggt jenne Margell.

0062. Es ist nicht andêm.
Es ist nicht wahr. Auch gegenteils; Es ist andêm, es ist, wie ich sage.

0063. Sie hat sich eins andrellen lassen.
Ist schwanger.

0064. Dröck an, mîn S?hûs?helke, posse wâr öck dî woll. (Dönhoffstädt.)
Scherzweise Aufforderung zu Liebesbeweisen und Versicherung der Gegenliebe.

0065. He fârt em an, wî de Sû dem Sack. (Dönhoffstädt.)
Er fährt ihn an, wie die Sau den Sack. Auch: He schröggt em an, wî etc.

0066. Wo kein Anfang ös, da ös ôk kein End'.

0067. Wat fang' öck an, wat mâk öck,
Wat sett öck bî, wat kâk öck!?

Verlegenheits-Seufzer.

0068. Wer frö anfangt, ös bôl fertig, säd de Schuster, da stund hei morgens öm êlf op on ging âwends öm sêwe ligge.

0069. Einem etwas anflicken.
Ihn verleumden; über seine Fehler öffentlich sprechen, ihm Fehler andichten.

0070. Er weiß vor Tollheit nicht, was er angeben soll.
Was er ausführen, unternehmen, beginnen soll.

0071. Hau em ênt ön't Angeblarr. (Korkehnen.)
Ins Angesicht.

0072. Vierzehn Tage geangelt und einen Frosch gefangen.
Vgl. 744.

0073. Angewennt ös bôl wat.
Angewöhnt ist bald etwas.

0074. Einen anglaffen.

0075. Einen anglarren.

0076. Einen anglotzen.

0077. Einen anglûpen.

0078. Wer Angst hat, ist leicht zu jagen. (Rastenburg)

0079. Wer nich Angst heft, dem done se ôk nuscht.
Aus Dönhoffstädt hchd.: Wer nicht Angst hat, dem tun Leute (Hunde) nichts.

0080. Er hackt an wie Dreck am Rad'.
Der Aufdringliche.

0081. Einen anhauchen.
Ihn anführen, betrügen.

0082. Er hat angehaut. (Königsberg.)
Um die Hand der Tochter angehalten.

0083. Ich kann ihn nicht ânig werden. (Gumbinnen)
Nicht los werden.

0084. Anîske löfft't, Kämelke dröfft. (Alt-Pillau. Dönhoffstädt.)
Ein Schnäpschen Anies lüftet, macht Luft, erleichtert das Atmen, Kümmel treibt Winde ab. Aus Wehlau gerade umgekehrt: Kämelke dat löfft't, Aniske dat dröfft.

0085. Et mot mi waî angeklâgt sin. Vgl. Sprw. 3613.

0086. Oeck kann em dat nich anmôde sön.
Nicht zumuten, ansinnen, ich kann das nicht von ihm beanspruchen, verlangen.

0087. O du liebe Ann' Krestin', Schâpklête send kein' Rosin'. (Jerrentowitz.)

0088. Anno Eins, als der große Wind blies. Vgl. Sprw. 88.

0089. Anno Ênt, as de Wissel brennd'. (Tiegenhof.)
Wenn Jemand alte, längst erledigte Geschichten als neu erzählt; Auch bei ungewisser Zeitangabe. S. 486.

0090. Häst all' e Ansegger? (Königsberg.)
Einen Auftraggeber, der für eine bestimmte Arbeit dingt? Die Droschkenkutscher nennen den nahenden Fahrgast einen Ansager.

0091. Einen anscheißen.
Wie 81. Doch auch in Betreff der eigenen Person: Sich ancheißen.

0092. Er sieht den Schafskopf für 'ne Windmühl' an. (Wehlau.)
Ist betrunken.

0093. Sieht doch die Katz' den Kaiser an!
Auf die ungehaltene Frage: Was siehst du mich an?

0094. Dem sê öck nich emâl möt em Ârsch an. (Königsberg.)
Als Ausdruck tiefster Verachtung. Vgl. 18.

0095. Hei heft e Anstellung — möt dem Arsch an e Wand. (Königsberg.)

0096. Ich werde dir das anstreichen!
Mir merken, um wiederzuvergelten oder, im neuen Betretungsfalle, zu strafen.

0097. Wenn angeteigt ist, muss auch gebacken werden. (Korkehnen.)

0098. Gelinde Antwort stillt großen Zorn.

0099. Hei mot ömmer wat apart hebbe.
Das französische apart.

0100. Der Apfel fällt nicht weit vom Birnbaum.
Absichtliche Verdrehung des allgemein bekannten: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.