Einleitung.

Die Bauten in und um Potsdam bieten der kunstgeschichtlichen Betrachtung reichen Stoff. Sie verdanken ihre Entstehung der Kunstliebe der Hohenzollern. Allen preußischen Herrschern war ein lebhaftes Interesse für die königliche Kunst der Architektur eigen, mehrere haben sich als Kunstliebhaber auf diesem Gebiete betätigt. Die Ergebnisse dieser Tätigkeit liegen uns in Potsdam und seiner Umgebung vor Augen. Es ist alles Geschaffene im wesentlichen Fürstenkunst. Darin liegt zunächst eine gewisse Schwäche, denn es scheint den Schöpfungen an Bodenständigkeit zu fehlen. Und sicherlich, so mit der Heimat verwachsen, wie die deutsche Kunst des Mittelalters ist die Potsdams nicht. Immerhin gelang es den Künstlern, die Anregungen, die von außen her kamen, geistvoll umzugestalten, ja. Eigenes und Neues zu schaffen, so daß sich ein eigentlich Potsdamer Stil zu gewissen Zeiten ausbilden konnte. Es ist keineswegs bloß eine äußerliche Nachahmung und Anempfindung in der Havelstadt zu finden, überall zeigt sich dank der Bedeutung der ausübenden Künstler selbständige Weiterentwickelung. Dazu kommt noch, daß die Bauwerke vielfach Äußerungen künstlerisch veranlagter Herrscherpersönlichkeiten sind. Ihre Empfindungen haben sie darin zum Ausdruck bringen wollen, nur das ihnen gemäße nahmen sie aus der allgemeinen Kunstströmung auf. So lebt in allen Denkmälern auch ein Stück von der Seele der Schöpfer und vor allem natürlich ein Stück von der Seele der Künstler mit. Das ist psychologisch in hohem Maße interessant. Wenn wir diesen Anzeichen aufmerksam nachgehen, so können wir ein Stück Vergangenheit, nicht nur das, ein Stück Kunstentwickelung nach- und miterleben. Die preußischen Fürsten aber stellen ferner den Zusammenhang mit den allgemeinen europäischen Kunstströmungen her.

Mit aufmerksamem Blicke verfolgten sie die Bewegungen, die sich auf künstlerischem Gebiete vollzogen. Durch ihre vielfachen Verbindungen mit deutschen Fürstenhöfen wie mit dem Auslande, trat alles irgendwie Bemerkenswerte schnell in ihren Gesichtskreis. So leicht konnte ihnen keine bedeutende Künstlerpersönlichkeit oder künstlerische Tat verborgen bleiben, vor allem nicht im Zeitalter des Absolutismus, wo sich alle bedeutenden Kräfte eines Landes um den Thron des Herrschers sammelten. Auch wer von den Fürsten nicht eigentlich künstlerisch veranlagt war, erfüllte doch nach guter Überlieferung des Hauses seine Herrscherpflicht als oberster Bauherr, oder wollte wenigstens die neueste Richtung, die in der vornehmen Welt Anklang fand, auch an seinem Hofe vertreten wissen. So strömt denn durch die brandenburgisch-preußischen Herrscher eine Fülle von Einflüssen ein, die dem jeweiligen Stand der europäischen Kunst entsprechen. Sie spiegeln in ihrer Verwirklichung den großen Gang der Kunstentwickelung Europas wieder und ordnen sich den einzelnen Stilepochen ein.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Potsdamer Baukunst