Potsdam mit den königlichen Schlössern und Gärten

120 Bilder nach Naturaufnahmen, mit einleitendem Text
Autor: Cohn-Wiener, Ernst Dr. phil. (1882-1941), Erscheinungsjahr: 1922
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Brandenburg, Potsdam, Sanssouci, Stadtansicht, Knobelsdorff, Schinkel, Baumeister, Baukunst, Friedrich der Große
Norddeutschlands landschaftliche Stimmung atmet eine Ruhe, die den Bewohner ganz in sich selbst verweist. Die Stille der weiten Heiden, die unabsehbare Ausdehnung der Ebenen wird kaum je von den belebenden Linien der Hügel unterbrochen, und selbst den Wassern der weiten Seenflächen geben die dunkelroten Stämme, die tiefgrünen Kronen der Nadelwälder, die sich in ihnen spiegeln, den Eindruck des Ernsten, fast des Geheimnisvollen. Man begreift die herbe Art der Bewohner dieses Landes, die seltsame Düsterheit der Kunstwerke, die sie schufen. Dunkle Mauermassen, mehr drohend als erhebend, sind ihre Dome, und das dunkle Holzgebälk, die roten Ziegelmauern der mittelalterlichen Fachwerkhäuser geben genau die Farbstimmung des norddeutschen Nadelwaldes. Aber die Ebene ist fruchtbar, und ihr Reichtum schafft Dörfer und Städte. Nur der karge Boden der Mark, dessen kulturelle Kräfte obendrein durch das Völkergemisch seiner slavischen Bewohner gefesselt wurden, entwickelte seine Kunstgebilde erst spät, dann aber mit explosiver Energie. Was ein Jahrhundert geschaffen, zerstörten die vervielfältigten Bedürfnisse des nächsten, bis schließlich das Berlin der preußischen Könige, dessen Aussehen dem Potsdams einst nicht unähnlich gewesen sein muss, durch das Berlin der deutschen Kaiser verändert wurde. Um so treuer hat freilich Potsdam selbst den Charakter der märkischen Ruhe gewahrt. Wie Gebilde derselben Natur folgen auf die großen Seenflächen des Havelgebietes die feierlichen Säulenreihen der Häuser, die stillen Straßen und Plätze der Stadt, deren große Linien in uns eine Ruhe erzwingen, wie die Stille des märkischen Waldes. Man spürt die Einheit eines Willens, der diese Stadt, wie ein Denkmal für sich, geschaffen hat.
Brandenburg-Preußens Machterhebung gehört einer Zeit an, in der Deutschlands Kraft, gebrochen durch den blutsaugenden 30jährigen Krieg, auch keine künstlerische Form mehr aus eigenem Gestalten zu schaffen vermochte, übermächtig waltete Frankreichs Szepter in Ludwigs XIV. Hand über Europa. Die absolute Herrschaft über das Volk verlieh diesem Fürstentum eine politische und kulturelle Macht, die das zersplitterte Deutschland wie willenlos in ihren Bann zog. Hier schienen die Landesgrenzen damals fast aufgehoben. Längst schon hatten sie ihren Grund nicht mehr in der innerlichen Stammesstruktur des Volkes, sondern in den zufälligen Verwandtschaftsbeziehungen der Fürsten. Die aber hielten, jeder für sich, in den Kriegswirren zu den Staaten, die jedes einzelnen religiöse oder politische Interessen am wirksamsten vertraten, mochten das nun Schweden oder Franzosen oder Spanier sein. Was Wunder, das man in Deutschland überall die durchgebildeten französischen Sitten nachahmte, in französischen Schlössern wohnte, Frankreichs Sprache redete, seine Moden trug. Schien es doch ein deutsches Nationalgefühl überhaupt nicht mehr zu geben!

Einzig Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1713 — 1740), der Vater Friedrichs des Großen, widersetzte sich mit all der harten Energie, die der Grundzug seines Charakters war. dem eindringenden französischen Geschmack. Die prunkvoll angelegten Schlossbauten seiner Vorgänger blieben unvollendet, das Stadtviertel, das er selbst 1737 in Potsdam als gastliches Quartier für Flüchtlinge errichtete, ließ er im Stil holländischer Nutzbauten schaffen. Dass die Niederlande damals wenigstens teilweise zum Deutschen Reich gehörten, mag für ihn ebenso maßgebend gewesen sein, wie die Tradition niederländischen Einflusses, die seit langer Zeit, wie in den meisten Gebieten Norddeutschlands, so auch in der Mark Brandenburg herrschte. Holländische Glockenspiele klingelten von allen Kirchtürmen Berlins und Potsdams. Hollands schmale, hochgieblige Häuser, in rotem Ziegelbau errichtet, deren Giebel von weißen Sandsteinlinien eingefasst und aus Eckvoluten emporsteigend, die Dachlinie kräftig in die Luft führen, füllen noch heute in Potsdam ein ganzes Stadtviertel. Inmitten der feierlich schreitenden Prozession ruhiger Säulenfronten in den anderen Straßen machen sie einen seltsam farbigen, fast fremdartigen Eindruck, der früher, als die meisten dieser Häuser noch in jetzt ausgetrockneten Wasserbassins sich spiegelten, noch weit mehr spezifisch holländisch, weit malerischer gewesen sein muss. Die Gleichmäßigkeit dieser Giebelreihen hat ihren Zielpunkt in einem kleinen Pavillon, dem Tabakskollegium des Königs, dessen Zweck ebenso echt holländisch erscheint wie seine Formen. Freilich mischen sich in die seltsam geschwungene Silhouette des Baues, besonders seiner Dachlinie, bizarre Elemente, die auf chinesische Anregungen zurückgehen. Allein es war ja gerade Holland, das an den Küsten Ostasiens Handel trieb und von dort mit Lacharbeiten, Porzellanvasen und anderen Kunstgegenständen die Schlösser Europas anfüllte. Die unnachahmliche Grazie, mit der Bäume, Tiere, Landschaften, ja der Mensch selbst, in seltsamer Umzeichnung fast zum Ornament geworden, die Flächen dieser Geräte füllen, musste eine Zeit, die, wie das 18. Jahrhundert, mit dem Feingefühl für jede Zartheit des Ornaments begabt war, als anregende Bereicherung der eigenen Formenphantasie empfinden. Auch den französischen Architekten sind sie durch Holland vermittelt worden, und so kommt es, dass wir ihnen in den Schlossbauten des Zeitalters überall begegnen.

Denn gemäß der überragenden Macht des fürstlichen Absolutismus sind jetzt die Schlösser ebenso der eigentliche architektonische Ausdruck der Zeit, wie es früher, in der Epoche der deutschen Städtemacht, die Rathäuser waren. Immer ist es die Baukunst, die Schöpferin menschlicher Behausungen, die veränderte Lebensverhältnisse am unmittelbarsten zum Ausdruck bringt. Der Wohnsitz des mittelalterlichen Fürsten war die an sicherer Stelle erbaute, mit Mauer und Graben gegen Feinde geschützte Burg gewesen. Um die Wende des 17. Jahrhunderts dagegen baut sich der Fürst ein Schloss, das in seiner Anlage imponierend, in Pracht und Prunk die Macht des Herrschers zum Ausdruck bringen soll. Das Stadtschloss in Potsdam hat diese Wandlung geradezu mitgemacht. Auf einer Landspitze erbaut, die von zwei Seiten durch die Havel wie durch einen natürlichen Graben geschützt war, war es im Mittelalter eine feste Burg gewesen. Der prunkliebende König Friedrich I. (1688 — 1713) und späterhin Friedrich der Große (1740 — 1786) haben es vollständig zu einem Prunkschloss von außerordentlicher architektonischer Wirkung umgestaltet.

Vornehme Abgeschlossenheit gegen die Außenwelt, äußerste Steigerung der Monumentalwirkung, sind jetzt die Absichten des Schlosses. Eine Arkade, deren Säulen als malerische Silhouetten gegen den Himmel stehen, schließt, wie eine Schranke, Park und Schloss gegen die Straße ab, sie zugleich zu einer einheitlichen Anlage verbindend. Ebenso widerwillig scheint sich das Haupttor mit den abwehrend nach dem Markt vorgestreckten Wachtgebäuden dem Eintretenden zu öffnen, den sogleich die ruhigen Mauern eines großen Hofes umfangen. In imponierender Breite lagert sich dagegen die Front am Lustgarten, als eine große Wand, die durch die prozessionshaft-feierlich geführten Pilasterreihen den Eindruck würdevoller Ruhe bekommt. Wie die fließende Samtschleppe eines Herrschermantels zog einst diese Schlossfront den gegenüberliegenden Park hinter sich her. Er ist kein Hain natürlich wachsender Bäume gewesen, sondern eine künstliche Anlage, deren Alleen geschorener Bäume, deren großes steingefasstes Wasserbassin mit dem drohenden Neptun den gleichen Eindruck des Imposanten geben sollten. Das Innere des Schlosses steigert diesen Eindruck noch. Es ist die überraschende Wirkung des Kontrastes beabsichtigt, wenn hinter dieser verhältnismäßig schlichten Front Räume von überwältigender Pracht sich öffnen, die aber immer maßvoll genug sind, um der Würde des Herrschers zu entsprechen. Man sehe in dem großen von Andreas Schlüter um 1700 geschaffenen Marmorsaal die Wucht der großen Pilaster, die Gemälde mit pompösen allegorischen Verherrlichungen des Großen Kurfürsten, den schwerabschließenden Prunk der Decke, deren allegorisches Gemälde wiederum dem Fürsten huldigt, oder im Schlafzimmer die Schrankenanlage, die den Herrscher von seinen Hofleuten herrisch entfernt. Freilich geben gerade die Farben dieses Raumes, mattes Silber auf hellblauem Seidengrund, ihm die feinere Stimmung einer Intimität, die auch in vielen anderen Räumen des Schlosses sich in zarterem Ornament, in feiner getönten Farben geltend macht. Es sind Umbauten der Zeit Friedrichs des Großen, denen diese Wirkungen angehören.

Es ist unbestrittene Tatsache, dass die Kunst eines Landes sich umso freier entwickelt, je größere Aufgaben ihr sein Reichtum stellt. Sie ist keine Sklavin des Reichtums, aber seine erheiternde Gefährtin. So kommt es, dass Frankreich die Entwicklung vom Barock über das Rokoko bis zum Klassizismus in allen Phasen leitet, da Königspaläste und Adelsquartiere zur behaglichen Ausstattung des Architekten und Dekorators bedürfen, und dass die reichen Bischofshöfe von Würzburg, Speyer und Mainz, die prunkliebender Fürsten Bayerns und Sachsens, nicht nur diese Stilentwicklungen mitmachen, sondern teilweise auch auf Frankreich bestimmend einwirken konnten. Des „Heiligen römischen Reiches Streusandbüchse“ aber, die Mark Brandenburg, war nicht reich genug, als dass Friedrich Wilhelm I., selbst gewissenhaft besorgt um den Wohlstand seines Landes, es ihnen hätte gleichtun wollen. Erst Friedrich der Große erkennt, wie schon die Gründung der Porzellanmanufaktur beweist, den wirtschaftlichen Wert des kulturellen Interesses. So folgt in Potsdam auf das Barock Friedrichs I. ohne Lücke das Rokoko Friedrichs des Großen. Man wird trotzdem sagen müssen, dass die kulturellen Forderungen dieses neuen Zeitalters selbst am Hofe Ludwigs XV. nicht die restlose Erfüllung landen, wie am Hofe Friedrichs des Großen. Denn das Wesen dieser Kultur ist intensivste Freude am Genuss, ist eine Vertiefung des Genusses, die größte Intensität des inneren Erlebnisses fordert. So steht in der Gesinnung dieses fast modern feinfühligen Menschen die Freude an einem graziösen Wortspiel, an einem geistvollen Einfall, an der zierlichen Biegung eines ornamentalen Schnörkels, oder an der graziösen Linie des Windspiels und der Schmiegsamkeit der französischen Sprache gleichwertig neben dem Genuss des eigenen Empfindens in der einsamen Zurückgezogenheit eines Schlosses oder einer romantischen Landschaft. Man begreift von hier aus Friedrichs religiösen Skeptizismus. Es ist nicht die bloße Freude am Gedankenspiel. Es ist eine so starke Verinnerlichung des irdischen Erlebnisses, dass der Begriff des Göttlichen für ihn unerhörte Geistigkeit fordert, und die Notwendigkeit, gerecht zu sein, aus der philosophischen und nicht mehr aus der religiösen Weltanschauung folgt. Man begreift aus dieser Intensität der Stimmungserlebnisse aber auch die künstlerische Schöpferkraft Friedrichs, der überall sein eigener Baumeister war, jeden Teil seiner Schlösser seinem eigenen Gefühl entsprechend gestaltet wissen wollte und selbst einen Architekten wie Knobelsdorff, der an allen wichtigeren Bauten Friedrichs der führende Geist war, am liebsten zum bloßen Gehilfen seiner eigenen Pläne gemacht hätte.

Die Bilder französischer Meister, eines Watteau, Lancret, Pater, mit denen Friedrich die Wände seiner Schlösser schmückte, charakterisieren sehr klar den Schönheitssinn der Zeit. Damen und Herren in zartfarbigen Seidengewändern von feinlinigem Schnitt geben sich im Freien der Freude an der Musik, am Tanz, an der Natur selbst hin. Man schaut zwischen dunklen Gruppen ragender Bäume ins weite Tal hinab, feiert unter diesen Schatten zwischen den Marmorgruppen des Parks heimliche Feste, aber die Natur ist nirgends um ihrer selbst willen da, sondern nur in Beziehung zum Menschen wichtig. Der Pinsel folgt der Verfeinerung des Auges und steigert die Ausdrucksformen der Natur, bis der dunkle Baumschutz traulicher Winkel das glitzernde Wasser des Teiches, in denen sich die Seidenroben spiegeln, Mittelpunkt der Geselligkeit geworden ist, die leise fliehenden Fluten eines Märchenmeeres nach einem fernen Cythere führen. Man findet überall den innigsten Genuss der Naturstimmung, nirgends freilich die Hingabe an die Natur wie an eine große Mutter und begreift, warum Rousseau gegenüber dieser zarten Sentimentalität seines Zeitalters solche Hingabe fordern musste. Man begreift aber auch allein aus der Art des Naturgefühls, warum dieses Zeitalter ganz andere Kunst- und Lebensformen schuf, als die pompöse Feierlichkeit des Barock. Im Park von Sanssouci führen hohe Wege an Baumgruppen dahin, die mit scheinbarer Zwanglosigkeit den Eindruck natürlicher Fülle erwecken, an Sphinxen vorbei, die mit kokett geneigten Köpfchen ihre heimlichen Rätsel aufgeben, zwischen Marmorskulpturen hindurch, die sich in dunkle lauschige Hecken schmiegen, hin zu heimlichen Pavillons. Es genügt, die feinere Zierlichkeit des chinesischen Teehäuschens im Park von Sanssouci mit dem schweren Umriss des Tabakkollegiums zu vergleichen, um das anders geartete Stilgefühl zu erkennen, wie es sich ebenso auch darin ausspricht, dass man die geselligen Gespräche jetzt nicht mehr vom derben Tabak, sondern vom aromatischen Tee anregen lässt.

In einem großen, von Bänken und Hecken umschlossenen, statuengeschmückten Springbrunnenplatz treffen sich die Wege des Parks. Das umschlossene Rondell fügt sie in seine Rundung und gibt dem Wandelnden die Blickrichtung auf das Schlösschen Sanssouci (erbaut 1745 — 1747). Der Name schon spricht die Absicht des Herrschers aus, sich hier einen von Kampf und Leben entfernten Ruhesitz zu schaffen. Eine hohe, siebenstufige Terrasse führt vom Park zum Schloss empor, das wie ein kleiner Pavillon diesen Aufstieg krönt. Kolonnaden mit eisernen Gittern, deren Schmiedearbeit in überraschender Grazie den zarten Kurven des Rokokoornamentes folgt, schließen Sanssouci nach der anderen Seite ab. Seine hohen Türen aber, die an Stelle der Fenster stehen, führen überall unmittelbar ins Freie, und bewegte Hermen lösen die ganze Front auf, um im Gegensatz zu den ungegliederten, großwirkenden Flächen des Stadtschlosses die Grazie des Intimen sprechen zu lassen. Ebenso ist im Innern jeder laute Ton vermieden. Der Saal für größere Feste wird aus dem Schlösschen selbst in ein gesondertes Gebäude, die Bildergalerie, verlegt. Kreisrund geführte Holzwände umschließen das Arbeitszimmer und lassen den, der in ihm weilt, ganz mit sich allein. Zu ihrem warmen Braun gesellt sich der matte Glanz vergoldeter Bronzeranken, Efeugezweig, das leise von den Wänden hinabgleitet, sich an den Spiegeln entlang schlingt, sich den Flächen anschmiegt. Den Ausklang dieser Stimmung vollkommenster Welt-Abgewandtheit gibt der Blick durchs Fenster in einen Laubengang, den die antike Statue des betenden Knaben abschließt. Kräftiger ist der Ausdruck der mit bunter Lackmalerei fast naturalistisch bemalten Ranken, in denen sich Affen und Papageien schaukeln, im sog. Voltaire-Zimmer; von Sinnenfreude und Liebe sprechen die Fresken Pesnes im Konzertsaal. Aber überall fügt sich die Täfelung der Wand, fügen sich die feinmodellierten Ranken, die weichkurvigen Möbel, die zartgetönten chinesischen Vasen mit der gleichen Lautlosigkeit zu einer Einheit zusammen. Ich habe kaum jemals wieder einen solchen Eindruck von der Intensität künstlerischen Erlebens in einem Zeitalter gehabt, wie ihn mir ein Abendempfang im Rokokoschlösschen Amalienburg bei München für diese Zeit gewährte. Die leisen Schwingungen der Silberranken auf hellblauem Grund, über die das milde Kerzenlicht dahinglitt, in dem einen Zimmer, eine ebenso zart auf gelb gestimmte Dekoration in einem andern Raum, und über dem allen die Töne mozartischer Kammermusik, — es war ein Zusammenklang aufs feinste abgewogener Harmonien. Dass aber auch diese Zeit die Freude an der großen Raumwirkung besaß und ihr die bewegliche Formgestaltung in guter Proportion unterzuordnen wusste, zeigen nicht nur die späten Teile des Stadtschlosses, sondern auch das Neue Palais (1763 — 1766). Auch hier sperren Arkadengänge mit abschließenden Pavillons, die sog. Communs, den Bezirk des Schlosses ab. Aber dieses selbst lagert sich in breiter Front. Seine hohen Pilaster schließen zwei Stockwerke zu einer großen Fläche zusammen, und ebenso ist das Innere auf größeren Ernst gestimmt. Es ist kaum richtig, was man vielfach lesen kann, dass hier das Rokoko Friedrichs des Großen bereits zu erstarrt gewesen sei, um so flüssig wie in Sanssouci zu arbeiten. Die im Verhältnis zu den graziösen Rankenverschlingungen Sanssoucis schlichtere Führung der Formen scheint vielmehr durchaus in der Absicht der Künstler gelegen zu haben, die hier den Zimmern feierlichere Wirkungen abgewinnen wollten und den Schmuck entsprechend proportionierten.

Man ahnt gegenüber solchen Umwandlungen die differenzierte Feinfühligkeit des Zeitalters. Wohl haben hier die Werke der nachfolgenden Generationen manches überwuchert. Um die Wende des Jahrhunderts erlischt die Freude am regsamen Spiel der eigenen Phantasie. Die klassischen Vorbilder griechischer Tempel werden für die Formen des Freundschaftstempels, der Orangerie und von Teilen des Marmorpalais vorbildlich. Allein die kühle Ruhe ihrer großen Linien steht fremdartig in den bewegteren Formen der nordischen Landschaft, und so sind noch heute die Schlösser Potsdams die Schlösser Friedrichs des Großen, wie die Stadt Potsdam die Residenz Friedrichs des Großen ist.

Das ist mehr als die bloße Erwähnung einer Tatsache. Damals entsteht die Stadt nicht nur in ökonomischem, sondern auch in künstlerischem Zusammenhang mit dem Fürstensitz, dem sie zugehört. So laufen die Straßen von Versailles, so die von Karlsruhe fächerförmig zum Palast, als dem Mittelpunkt der Anlage. In Potsdam fehlt freilich diese unmittelbare Beziehung auf die Schlossbauten. Aber an ihre Stelle tritt die zur Person des Königs selbst. Friedrich der Große schreibt den Bürgern die klassischen Vorbilder vor, nach denen gebaut werden soll. So entstehen die langen Häuserreihen der Stadt, nicht, wie das holländische Viertel, als Nutzbauten, sondern mit den imposanten Fronten italienischer Paläste, die einst Palladio und Sanmicheli bauten, und deren Fassadengliederung nun das Bedürfnis der Potsdamer Bürger sich anpassen muss. Und wenn auch die pompösen Triumphbogen, die als Stadttore am Eingang der Stadt stehen, mehr zu dem Helden des siebenjährigen Krieges, als zu den Bürgern der Stadt passen wollen, die freilich damals noch mehr als heute Militärstadt war, so klingen die schlichtgroßen Häuserfronten überraschend gut zusammen mit der ruhigen Stimmung des höfischen Potsdam und dem Spiegel der Havelseen, die es umgeben. Es bedarf also durchaus nicht der kurvigen altdeutschen Anlage, die eine Straße für den modernen Verkehr schlechterdings unzugänglich machen würde, um sie interessant zu machen. Vielmehr ist es das Missverhältnis des einzelnen Hauses mit seinen wirr aufstrebenden Linien, gegenüber der Führung der Straßenlinie, das unsere modernen Straßen meistens so unerträglich macht. Hier in Potsdam begleiten die Häuser mit ruhigen Wandflächen, gegliedert durch hohe Pilasterreihen, mit schlichten Vasen gekrönt, die Straßenfront. Ihre wagerechten Dachbegrenzungen wiederholen die Linie des Bodens und bilden so eine innere Einheit mit der Straße, an der sie stehen. Und diese ruhige Gehaltenheit ist für jeden stärkeren Ausdruck der eindruckvollste Hintergrund. Ragt aus diesen schlichten Wänden ein Turm empor, wie der der Garnisonkirche, so ist sein schlankes Aufsteigen umso eindringlicher, öffnen sich die Straßen zum Platz, so fügt er sie umso energischer in sich zusammen. Das erklärt die große Energie des Alten Marktes. Alle Straßenzüge setzen sich in den Fronten seiner Häuser fort; die Fassade des sog. Palazzo Barberini beherrscht mit den Säulenhallen des Erdgeschosses die eine Seite, die ernstere Halbsäulenreihe des Rathauses, das der Holländer Boumann schuf, die zweite, die Vorhalle der Schinkel'schen Kirche, die heute an Stelle einer ehemaligen Barockkirche steht, die dritte. So wirkt der ganze Platz fast wie der Vorhof des Schlosses, dessen Eingangsgebäude die vierte Seite einnehmen. Die norddeutsche Einfachheit, die auch die quellenden Formen des Rokoko gemäßigter behandelt hat, als das in Süddeutschland meist geschah, geht mit der klassischen Schlichtheit der italienischen Hochrenaissance eine Verbindung ein, die Potsdam zu einer der charaktervollsten Stadtanlagen Deutschlands macht.

Man darf dabei nicht an Nürnbergs oder Rothenburgs krause Eigenart denken. Der Charakter Potsdams ist ein ganz anderer. Jene Städte bildeten sich aus der Natur des Bodens und dem Bedürfnis der Bewohner, mit ihm allmählich wachsend. So entstanden malerische Anlagen, die eben durch ihre Vielgestaltigkeit wirken. Nürnberg ist allmählich geworden, Potsdam dagegen als einheitliches Gebilde, als Kunstwerk, überlegt geschaffen. Seine vornehme Ruhe ist der kulturelle Ausdruck nicht nur eines Zeitalters, sondern eigentlich einer überragenden Persönlichkeit. Friedrichs des Großen.

003 Balustradendekoration an der Ostseite des Stadtschlosses.
004 Das Stadtschloss. Kolonnadendurchblick nach der Lustgartenseite des Schlosses
005 Die „Lange Brücke“. Im Hintergrund der Ostflügel des Stadtschlosses.
006 Das Stadtschloss vom Lustgarten gesehen. Architekt v. Knobelsdorff (1744 — 1751).
007 Neptungruppe im Lustgarten. Entworfen v. Knobelsdorff.
008 Stadtschloss. Mittelteil der Südseite am Lustgarten (1747).
009 Stadtschloss. Rampendekoration am .Mittelteil der Südseite
010 Stadtschloss. Südwestseite. Im Hintergrund die Kuppel der Nikolaikirche
011 Stadtschloss. Blick durch die Kolonnaden nach der Fahnentreppe
012 Stadtschloss. Die Orangerie, jetzt Stallgebäude, am Lustgarten. Erbaut 1675 von Nehring. Die Kolonnade 1746 durch v. Knobelsdorff angebaut.
013 Stadtschloss. Risalit am Stallgebäude
014 Stadtschloss. Hofseite des Haupttores
015 Stadtschloss. Der Marmorsaal 1749. Architekten: Schlüter und v. Knobelsdorff
016 Stadtschloss. Musikzimmer Friedrich des Großen
017 Stadtschloss. Schlafzimmer Friedrich des Großen
018 Der Marmor-Obelisk auf dem Alten Markt. Im Hintergrund das Stadtschloss
019 Blick vom Alten Markt nach der Schlossstraße.
020 Die Nikolaikirche. 1831 – 1837 nach Schinkels Plänen erbaut
021 Blick von der Humboldtstraße nach dem Rathaus am Alten Markt
022 Alter Markt mit dem Barberini-Palais 1772
023 Das Rathaus am Alten Markt. 1753 von Boumann erbaut.
024 Die Garnisonkirche. Architekt Philipp Gerlach (1731 — 1735).
025 Das Brandenburger Tor. 1770 von Unger erbaut.
026 Die Breite Brücke (1765). Architekt Manger.
027 Der „Lange Stall“ 1781 nach Ungers Plänen erbaut
028 Die Französische Kirche (1752)
029 Das Berliner Tor (1753)

030 Bürgerhaus aus der Friderizianischen Zeit
031 Bürgerhaus aus der Friderizianischen Zeit
032 Am Kanal
033 Am Kanal
034 Direktionsgebäude der Gewehrfabrik. Erbaut von Bühring.
035 Militärweisenhaus (1772 — 178). Architekt v. Gontard
036 Privathaus Humboldtslraße 3. (Kopie nach Sanmichele.)
037 Marstallgebäude
038 Portal am Marstallgebäude
039 Das Schauspielhaus. Erbaut von Langhans. Relief an der Stirnseite der Attika von Schadow.
040 Privathaus Nauener Straße 26-27
041 Altes Bürgerhaus. Am Kietz 21
042 Die Stadtschule (1737).
043 Bürgerhaus. Um 1800
044 Bürgerhaus. Um 1800
045 Bürgerhaus. Um 1800
046 Aus dem Holländischen Viertel
047 Historische Mühle bei Sanssouci
048 Pavillon auf dem Bassinplatz, sog. Tabakskollegium
049 Heiligengeistkirche. Turm erbaut 1732 — 1734 von Joh. Fr. Grahl
050 Straßenbild aus dem Holländischen Viertel.
051 Straßenbild aus dem Holländischen Viertel.
052 Eingangstor zum Park von Sanssouci.
053 Die neuen Kammern im Park von Sanssouci
054 Blick auf Schloss Sanssouci von der Drakevase
055 Die große Fontäne vor den Trassen von Sanssouci
056 Schloss Sanssouci. Gartenseite. 1745 – 1747 erbaut von v. Knobelsdorff
057 Standbild Friedrichs II. von Uphues. Im Hintergrund die Muschelgrotte, erbaut 1754 von v. Knobelsdorff
058 Schloss Sanssouci. Mittelbau der Gartenseite
059 Schloss Sanssouci. Kolonnadendurchblick nach der Hofseite
060 Schloss Sanssouci. Konzertzimmer Friedrich das Großen
061 Flötenkonzert Friedrich des Großen in Sanssouci
062 Schloss Sanssouci. Bibliothekzimmer Friedrich des Großen
063 Tafelrunde Friedrich des Großen in Sanssouci. Ölgemälde von A. v. Menzel
064 Der Tanz. Ölgemälde von Antoine Watteau.
065 Die Liebe auf dem Lande. Ölgemälde von Antoine Watteau.
066 Friedrich der Große als Kronprinz. Gemälde von Antoine Pesne
067 Schloss Sanssouci. Das „Voltairezimmer“
068 Gitterlauben am Schloss Sanssouci.
069 Schmuckplastik auf der Schlossterrasse in Sanssouci.
070 Im Park von Schloss Sanssouci.
071 Im Park von Schloss Sanssouci.
072 Die Tänzerin Camargo. Ölgemälde von Nicolaus Lancret.
073 Der Tanz an der Pegasus-Fontäne. Ölgemälde von Nicolaus Lancret.
073 Schloss Sanssouci. Kolonnaden der Hofseite
074 Schloss Sanssouci. Abschlusstor der Hofkolonnaden
075 Belvedere auf dem Klausenberg bei Sanssouci. 1770 — 1772 von Unger erbaut.
076 Schloss Sanssouci. Japanischer Pavillon, 1754 von Bühring ausgeführt.
077 Schloss Sanssouci. Terrassentreppe in der Nahe des Haupteingangs
078 Gesellschaft im Gartenpavillon. Gemälde von Nicolaus Lancret
079 Die Bildergalerie im Park von Sanssouci. Nach Plänen von Bühring, erbaut von Menger (1756).
080 Die Bildergalerie im Park von Sanssouci. Nach Plänen von Bühring, erbaut von Menger (1756).
081 Sanssouci. Terrassentreppe vor der Bildergalerie.
082 Der Freundschaftstempel im Park von Sanssouci 1768 erbaut von Gontard.
083 Das Neue Palais (Ostseite) 1763 – 1769 erbaut nach den Plänen von Bühring
084 Das Neue Palais. Seitenansicht
085 Neues Palais. Das Musikzimmer Friedrich des Großen
086 Neues Palais. Der Muschelsaal
087 Neues Palais. Nordseite
088 Wachgebäude am Neuen Palais. Architekt von Gontard.
089 Neues Palais. Mittelteil der Ostseite
090 Die Communs am Neuen Palais. Nach Plänen K. v. Gontards ausgeführt
091 Teilansicht der Communs
092 Triumphtor. Communs. Neues Palais
093 Aus dem Park von Sanssouci.
094 Das Marmor-Palais. 1786 — 1796 erbaut nach Plänen Gontard's.
095 Der Sizilianische Garten. Der „Bogenschütze“ von Professor M. Geyger.
096 Die Orangerie. 1856 nach Plänen von Hesse vollendet
097 Die Orangerie. Astronomisches Instrument von der Kaiserl. Sternwarte zu Peking. (1673 angefertigt.)
098 Die Orangerie. Erbaut 1856 nach Plänen von Hesse. Die astronomischen Instrumente stammen von der ehemaligen Kaiserlichen Sternwarte in Peking
099 Die römischen Bäder im Park von Charlottenhof.
100 Schloss Charlottenhof. 1826 von Schinkel erbaut.
101 Schloss Charlottenhof
102 Schloss Glienicke. Belvedere. Erbaut von Schinkel
103 Pavillon am Eingang zum Park von Sanssouci.
104 Grotte im Park von Charlottenhof
105 Gartengebäude am Eingang zum Park von Sanssouci
106 Gartengebäude am Eingang zum Park von Sanssouci
107 Heilandskirche bei Sakrow an der Havel
108 Moorlake
109 An der Havel
110 Nikolskoë
111 Nikolskoë
112 Die Pfaueninsel
113 Gärtnerhaus auf der Pfaueninsel
114 Winter am Wannsee
115 Winter am Wannsee
116 Winterabend an der Havel
117 Winterabend an der Havel

001 Büste Friedrich des Großen von Gottfried Schadow

001 Büste Friedrich des Großen von Gottfried Schadow

002 Potsdam. Stadtansicht

002 Potsdam. Stadtansicht

003 Balustradendekoration an der Ostseite des Stadtschlosses.

003 Balustradendekoration an der Ostseite des Stadtschlosses.

004 Das Stadtschloss. Kolonnadendurchblick nach der Lustgartenseite des Schlosses

004 Das Stadtschloss. Kolonnadendurchblick nach der Lustgartenseite des Schlosses

005 Die „Lange Brücke“. Im Hintergrund der Ostflügel des Stadtschlosses

005 Die „Lange Brücke“. Im Hintergrund der Ostflügel des Stadtschlosses

006 Das Stadtschloss vom Lustgarten gesehen. Architekt v. Knobelsdorff (1744 — 1751).

006 Das Stadtschloss vom Lustgarten gesehen. Architekt v. Knobelsdorff (1744 — 1751).

007 Neptungruppe im Lustgarten. Entworfen v. Knobelsdorff

007 Neptungruppe im Lustgarten. Entworfen v. Knobelsdorff

008 Stadtschloss. Mittelteil der Südseite am Lustgarten (1747).

008 Stadtschloss. Mittelteil der Südseite am Lustgarten (1747).

009 Stadtschloss. Rampendekoration am Mittelteil der Südseite

009 Stadtschloss. Rampendekoration am Mittelteil der Südseite

010 Stadtschloss. Südwestseite. Im Hintergrund die Kuppel der Nikolaikirche

010 Stadtschloss. Südwestseite. Im Hintergrund die Kuppel der Nikolaikirche

011 Stadtschloss. Blick durch die Kolonnaden nach der Fahnentreppe

011 Stadtschloss. Blick durch die Kolonnaden nach der Fahnentreppe

012 Stadtschloss. Die Orangerie, jetzt Stallgebäude, am Lustgarten. Erbaut 1675 von Nehring

012 Stadtschloss. Die Orangerie, jetzt Stallgebäude, am Lustgarten. Erbaut 1675 von Nehring

013 Stadtschloss. Risalit am Stallgebäude

013 Stadtschloss. Risalit am Stallgebäude

014 Stadtschloss. Hofseite des Haupttores

014 Stadtschloss. Hofseite des Haupttores

015 Stadtschloss. Der Marmorsaal 1749. Architekten: Schlüter und v. Knobelsdorff

015 Stadtschloss. Der Marmorsaal 1749. Architekten: Schlüter und v. Knobelsdorff

016 Stadtschloss. Musikzimmer Friedrich des Großen

016 Stadtschloss. Musikzimmer Friedrich des Großen

017 Stadtschloss. Schlafzimmer Friedrich des Großen

017 Stadtschloss. Schlafzimmer Friedrich des Großen

018 Der Marmor-Obelisk auf dem Alten Markt. Im Hintergrund das Stadtschloss

018 Der Marmor-Obelisk auf dem Alten Markt. Im Hintergrund das Stadtschloss

019 Blick vom Alten Markt nach der Schlossstraße

019 Blick vom Alten Markt nach der Schlossstraße

020 Die Nikolaikirche. 1831 – 1837 nach Schinkels Plänen erbaut

020 Die Nikolaikirche. 1831 – 1837 nach Schinkels Plänen erbaut

021 Blick von der Humboldtstraße nach dem Rathaus am Alten Markt

021 Blick von der Humboldtstraße nach dem Rathaus am Alten Markt

022 Alter Markt mit dem Barberini-Palais 1772

022 Alter Markt mit dem Barberini-Palais 1772

023 Das Rathaus am Alten Markt. 1753 von Boumann erbaut

023 Das Rathaus am Alten Markt. 1753 von Boumann erbaut

024 Die Garnisonkirche. Architekt Philipp Gerlach (1731 — 1735).

024 Die Garnisonkirche. Architekt Philipp Gerlach (1731 — 1735).

025 Das Brandenburger Tor. 1770 von Unger erbaut

025 Das Brandenburger Tor. 1770 von Unger erbaut

026 Die Breite Brücke (1765). Architekt Manger

026 Die Breite Brücke (1765). Architekt Manger

027 Der „Lange Stall“ 1781 nach Ungers Plänen erbaut

027 Der „Lange Stall“ 1781 nach Ungers Plänen erbaut

028 Die Französische Kirche (1752)

028 Die Französische Kirche (1752)

029 Das Berliner Tor (1753)

029 Das Berliner Tor (1753)