Pfalzgräfin Maria - Ein Frauenleben aus der Reformationszeit

Marie von Brandenburg-Kulmbach (1519-1567) Kurfürstin von der Pfalz
Autor: Kluckhohn, August von (1832-1893) deutscher Historiker, Erscheinungsjahr: 1872
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Reformationszeit, Reformation, Fürsten, Marie von Brandenburg-Kulmbach, Frauenleben, Sitten-, Kultur- und Sozialgeschichte, Religion, Glauben, Lebensbild
Die Fürstin, deren Andenken die folgenden Blätter gewidmet sind, gehört nicht dem Kreise der berühmten Frauen, welche im politischen oder im geistigen Leben unsers Volkes eine hervorragende Rolle gespielt haben, an; sie ist auch nicht etwa durch dunkle, vielverschlungene oder romantisch gefärbte Schicksale merkwürdig geworden; vielmehr hebt sich ihr Lebensbild, äußerlich betrachtet, nicht sonderlich vor dem mancher andern Frauen ab, welche, in ähnlicher Stellung und verwandter Geistesart, kaum einen über die engern Kreise der Mitlebenden hinausreichenden Namen sich erworben haben. Und dennoch, wir sind dessen gewiss, verdient die Pfalzgräfin Maria auch heute noch von allen denen gekannt zu sein, die an einem geistesstarken und gemütsinnigen Frauencharakter, welcher unter Bedrängnissen der schwersten Art sich in seiner ganzen Schönheit entfaltet, ihre Freude haben können. Dazu kommt, dass die Erlebnisse der Gemahlin Friedrichs des Frommen mit den Vorgängen eng verflochten sind, welche dem Vorkämpfer der reformierten Kirche eine welthistorische Bedeutung gegeben haben: sie steht mitten in den theologischen Kämpfen, unter denen sich die folgenschwere Spaltung im Protestantismus vollzogen hat. Aber während das Wirken des Urhebers des Heidelberger Katechismus je nach der Stellung, die man zu den dogmatischen Fragen einnimmt, verschieden beurteilt werden mag, wird man auch vom anticalvinischen Standpunkt aus seine volle Teilnahme einer Fürstin zuwenden, die nach langem Kampfe zwischen Glaubenstreue und Gattenliebe zu einer höhern Auffassung des religiösen Lebens sich erhob, indem sie, ohne die äußern Formen des Bekenntnisses zu verachten, in dem gotterfüllten Herzen den sichern Grund des Heils und des Friedens fand. Mochten andere aus dem wüsten Hader um kirchliche Lehrsätze Verbitterung schöpfen: Maria ging daraus ohne Trübung ihrer liebeerfüllten echt christlichen Gesinnung hervor.

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Maria war die älteste Tochter des Markgrafen Kasimir von Brandenburg-Kulmbach oder -Bayreuth und der bairischen Prinzessin Susanna. Um die Zeit als sie geboren ward — am 11. Oktober 1519, wahrscheinlich zu Ansbach — führte ihr Vater als der älteste von mehreren teils noch minderjährigen Brüdern die Verwaltung der brandenburgischen Lande in Franken sowohl ob- als unter dem Gebirge.*) Aber die Eindrücke, welche Maria in der frühesten Kindheit empfing, waren ernst und trübe. Sie hörte von einem unglücklichen Großvater, der, geisteskrank, auf der Plassenburg wie ein Gefangener gehalten wurde, und nicht selten, wenn er minder streng bewacht war, in der Nacht Kinder und Gesinde aus den Betten jagte, oder gar ins Frauengemach eindrang und Hofmeisterin und Jungfrauen aufs grausamste misshandelte. Den eigenen Vater, welchen die Stürme der Zeit meist von dem Kreise der Seinigen fern hielten, und der außerdem mit der drückendsten Finanzlage zu kämpfen hatte, sah Maria selten. Bald sollte sie ihn ganz verlieren; denn schon im Jahre 1527 starb Markgraf Kasimir auf einem Kriegszuge in Ungarn.

*) Vgl. Johann Voigt, Markgraf Albrecht Alcibiades, I, 7, 11 fg.

Marie von Brandenburg-Kulmbach (1519-1567) Kurfürstin von der Pfalz

Marie von Brandenburg-Kulmbach (1519-1567) Kurfürstin von der Pfalz