Rohe Lustbarkeiten, ein Beitrag zur Charakteristik jener Zeit

„Alles ist der Freude offen,
Alle Herzen find beglückt.“

Schiller.



An verschiedenen Tafeln speisten an tausend vornehme Damen und Herren vom geistlichen und weltlichen Stande.

Nach aufgehobener Tafel begann der Ball, der bis in die Nacht fortgesetzt wurde. Dann wurde ein überaus glänzendes Feuerwerk, welches zwei Stunden in abwechselnden allegorischen Dekorationen die ganze Luft mit Licht und Flammen erfüllte, abgebrannt. Da Peter der Große selbst viel Geschmack am Feuerwerk, fand und Kenntniß davon hatte, so war Alles nach seiner Vorschrift angefertigt worden, und er wohnte dem Abbrennen der Feuerwerkskörper bis um zwei Uhr des Nachts persönlich bei.

Die Hauptdekoration desselben bildete ein Janustempel, dessen Türen zum Zeichen des Friedens sich schlossen unter dem Schall von Trommeln, Trompeten, Posaunen, Kanonen- und Kleingewehrfeuer, die einen betäubenden Lärm machten. An tausend Barken auf der Newa schienen zu brennen. Die Gerechtigkeit mit der Waage, welche zwei Furien mit Füßen trat und die Überschrift trug: „Sie siegt immer,“ bildete eine andere Dekoration, die im Brillantfeuer brannte. Aus zwei Fontainen sprang roter und weißer Wein. Ein ganzer gebratener Ochse, der mit Geflügel gefüllt war, wurde dem Volke preisgegeben. Dann wurde auf der linken Seite ein zweiter Plan angezündet, der ein in den Hafen einlaufendes Schiff darstellte, mit der lateinischen Inschrift: „Finis coronat opus“ („das Ende krönt das Werk“).

Wir würden nicht enden, wollten wir unserer Quelle weiter folgen in der Schilderung dieses Feuerwerks, das zu den prächtigsten gehörte, welche das vorige Jahrhundert in Europa gesehen hat.

Endlich begab sich der Kaiser nach beendigtem Feuerwerk wieder in das Senatshaus, wo ihm alle Anwesende nochmals Glück wünschten und dabei einander aus großen Pokalen den trefflichsten Tokaier zutranken. Dies dauerte bis 3 Uhr nach Mitternacht, und dann fuhr. Alles vergnügt und über die Gnade und Herablassung des Kaisers höchst erfreut nach Hause.

Alle Monarchen Europas erkannten nach und nach die Kaiserwürde des russischen Selbstherrschers an. Der Erste war der König von Preußen, welcher selbst nach dem Ansehen und dem Einflusse einer Großmacht strebte.

Übrigens war die Annahme des Kaisertitels für den russischen Monarchen keine leere Formalität. Sie gab Demselben zugleich größeres Gewicht, so oft es sich darum handelte, in der Politik des Auslandes ein Wort mitzureden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.