Peters Treffen mit den Königen von Preußen und Dänemark

Die russische Galeerenflotte holte Peter selbst von Königsberg nach Danzig, und, mit Truppen unter Schermetjew beladen, segelte sie nach Rostock, um in das Mecklenburgische einzurücken.

Dorthin folgte bald der Zar seinen Truppen. Auf dem Wege hatte er eine Zusammenkunft mit dem Könige von Preußen in Stettin und später bei Hamburg in den Gärten zu Ham und Horn mit dem Könige von Dänemark. Mit beiden Königen wurde die Alliance fester geschlossen und es wurden Verabredungen getroffen, welche von Einfluß waren auf den Beschluss eines neuen Feldzuges gegen Schweden.


Vergebens intrigierte Görz, der wieder Karls XII. Vertrauen gewonnen hatte, dahin, Peter zu einem Separatfrieden zu bewegen. Er machte ihm die vorteilhaftesten Anerbietungen. Der Zar blieb fest, seinen Verbündeten getreu und bei dem Entschlusse, mit Diesen zusammen Karls Übermut zu bekämpfen.

In diesem Sinne sprach er sich auch aus auf seiner Reise nach Pyrmont gegen die hannover'schen Minister in Herrenhausen bei Hannover. Diese waren mit dem Enkel des Kurfürsten dorthin gekommen. In Pyrmont verweilte er mehrere Wochen, und gebrauchte den Brunnen energisch mit gutem Erfolg.

Wie wenig Peter der Große an Fürstenhöfen verschwenderischen Prunk liebte, gab er auch hier zu erkennen. Als der Herr des Ländchens, Graf von Waldeck, ihn auf seinem neuerbauten Schlosse Arolsen höchst glänzend bewirtet hatte, so gab er auf dessen Frage, wie ihm das Schloß gefalle? zur Antwort: „Alles sehr schon, nur die Küche scheint mir zu groß zu sein.“

Im Juni verließ Peter Pyrmont, um in Mecklenburg die mit Dänemark verabredete Unternehmung gegen Schonen zu veranstalten.

Auf diesem Seezuge gegen Schonen wurde ihm die Ehre zu Teil, die er auch durch eine Medaille feiern ließ, daß ihm der Oberbefehl über die vier vereinigten Flotten übertragen wurde. Da es aber über den Vorbereitungen schon spät im Jahre geworden war, da die von Peter selbst untersuchten Küsten sehr ungünstig zur Landung gelegen waren, und König Karl die russischen Landtruppen, die sich noch im Mecklenburgischen aufhielten, auf Schonen mit 20.000 Mann erwartete, so wurde nach dem Gutachten eines Kriegsrats die Unternehmung für dieses Jahr aufgegeben. Auch der König von Dänemark gab dazu, durch mehrere Schwierigkeiten veranlaßt, endlich seine Zustimmung.

Aber seine Unzufriedenheit mit Peters Weigerung, die Unternehmung gegen Schonen kräftiger zu unterstützen, ging bald in Misstrauen über, welches besonders durch die Einflüsterungen des hannover'schen Ministers genährt wurde.

Während des Aufenthalts des Zaren in Kopenhagen hatte er einst seine Rückkehr in die Stadt bis nach dem Torschluss verzögert. Der Kommandant verweigerte ihm den Einzug in der Nacht, und Peter sah sich genötigt, mit seiner Begleitung außerhalb des Tores zu übernachten. Nun verlangte Peter, daß ihm ein Schlüssel zum Osttore übergeben würde, um, wenn es ihm beliebte, in der Nacht mit einiger russischer Mannschaft in die Stadt einreiten zu können. Dieses wurde ihm verweigert. Ja noch mehr, gehässige Einflüsterungen legten diesem Verlangen die Absicht unter, sich auf verräterische Weise Kopenhagens und selbst der königlichen Familie im Schlosse Kronenburg zu bemächtigen, um den König zu zwingen, einen für Dänemark nachteiligen Frieden mit Schweden einzugehen.

Bei Peters offenem und geradem Charakter war ein solcher völlig unbegründeter Verdacht ohne alle Berechtigung. Indes wurden die Folgen dieses Misstrauens für Peter immer verletzender. Die Wachen wurden verdoppelt, alle Wachthäuser und Wälle mit scharsgeladenen Kanonen besetzt; ja, der Admiral Norrins wagte es — was Peter wieder erfuhr — im dänischen Kriegsrat darauf anzutragen, sich der russischen Kriegsschiffe und Galeeren zu bemächtigen. Der Staatsrat Christian Friedrich von Holstein erbot sich, innerhalb zwei Stunden die russische Seemacht in dänische Gewalt zu bringen. Der König zeigte mehr Überlegung und Vorsicht, und ging nicht auf diese gefährliche Maßregel ein. Doch meldete er dem Zaren seinen Entschluß, die Unternehmung gegen Schweden gänzlich aufzugeben, und deshalb müsse er ihn bitten, beider Schwierigkeit, Lebensmittel herbeizuführen, und die Fracht der Schiffe weiter zu zahlen, daß der Zar so gefällig sein möge, sein Heer und seine Flotte schleunigst zurückzuführen.

Nur mit Mühe vermochte der Zar sein Missvergnügen über diese Erklärung zu unterdrücken. Er schlug vor, etwa 20 Bataillons Fußvolk und 1.000 Mann Cavalerie zu gestatten, in Seeland, so wie der Flotte, bei Kopenhagen zu überwintern, um im nächsten Frühjahr sogleich zum Angriff auf Schonen bereit zu sein.

Doch auch dieses lehnte der König von Dänemark höflich ab, und nun begab sich Peter gegen Ende Oktober nach Mecklenburg, wohin ihm auch auf dem Landwege seine Gemahlin Katharina folgte. Dorthin wurde denn auch der größte Teil der russischen Truppen wieder verlegt.

Kriegsheere sind überall keine angenehmen Gäste. So waren auch die Russen längst schon dem mecklenburgischen Adel, auf deren Landgütern sie größtenteils einquartiert waren, um so mehr zur Last, als der Zar diese Anwesenheit seiner Truppen, benutzte, um die Stände gefügiger zu machen für den Willen ihres Landesherrn, der bekanntlich der Gemahl der Nichte des Zaren, Katharina, war. Die Stande hatten sich mit ihren Beschwerden über die russische Besetzung Mecklenburgs an den Kaiser von Österreich gewendet, und Dieser ein Abmahnungsschreiben an den Zaren erlassen, welcher jedoch, mit Angabe der strategischen Gründe für die Besetzung Mecklenburgs, dem Kaiser ablehnend antwortete.

Weniger rücksichtsvoll antwortete Peter dem Könige von England, der, als Kurfürst von Hannover und Reichskreisdirektor sich ebenfalls für die Wünsche der Stände in Mecklenburg verwendet hatte: „Ich befinde mich,“ erwiderte der Zar, „im Besitze von Mecklenburg mit eben dem Rechte, womit der König von England Bremen und Verden besitzt. Ich will doch sehen, wer es wagen wird, meine Truppen von dort zu vertreiben!“

Die mecklenburgische Landschaft, welche fortwährend gegen seine Maßregeln protestierte, und mit dem Herzoge stets in offener Fehde lag, hielt der absolute Monarch des Nordens unbedingt für Rebellen. Als ihn nun der mecklenburgische Minister von Bassewitz fragte, auf welche Weise man die Aufrührer am schnellsten unterwerfen könne, gab er die merkwürdige Antwort:

„Durch Gerechtigkeit, von Güte geleitet, und nicht durch Waffen. Mit Gefängnis und Hunger kann man sie wohl zwingen, zu unterschreiben, was man verlangt, wenn aber nicht mehr die Bayonnette blinken, wird Alles widerrufen.“

Peter meinte jedoch, wenn er Herr von Mecklenburg wäre, so würde ihm die Zähmung der Stände schon gelingen. So war er denn auch dem Projekt sehr geneigt, sich selbst das Herzogtum Mecklenburg abtreten zu lassen, und dem Regenten dafür eine gleiche Landstrecke in Kurland oder Liefland einzuräumen, wo er unter russischem Schutze in Ruhe gegen jede Auflehnung der Stände herrschen könne.

So verwirrten sich die politischen Verhältnisse in Europa immer mehr, veranlaßt durch russische Übergriffe in die Rechte fremder Staaten. Es lag Peter daran, die Meinungen der Kabinette über diesen Gegenstand zu sondieren. Das war die Hauptabsicht, welche ihn zu einer Reise nach Holland und Frankreich veranlaßte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.