Peters Seezug und Verwüstungen in Schweden

Nun ging der Zar, noch ehe die englischen Schiffe in der Ostsee sich zeigen konnten, im Anfange des Juni mit einer Flotte von zwölf Linienschiffen in See. Gleichzeitig schickte er den Admiral Aprarin mit einer bedeutenden Galeerenflotte und vielen Landungstruppen an die finnische Küste. Durch ein Manifest verkündete er die Absicht des Unternehmens. Die Galeerenflotte war unter Bedeckung der Linienschiffe bis Laaland, in die Nähe der Alandsinseln, gekommen, und von dort an begann sie einen der furchtbarsten Verwüstungskriege, wie sie nur selten so arg in der Kriegsgeschichte vorgekommen sind.

Fremde Schiffer, die aber in diesem Labyrinth von kleinen Felseninseln, unterseeischen Riffen und Untiefen wohl bekannt waren, leisteten der russischen Flotte Lotsendienste, und führten dieselbe glücklich durch die Scheren — wie dieses gefährliche Inselmeer genannt wird. Der Admiral selbst wendete sich nach Södertelge, und schickte einen Teil seiner Fahrzeuge unter dem Generalmajor Lasch nach den nördlichen Küsten gegen Stockholm. Line anhaltende Windstille beruhigte die dort heftige Brandung, und so wurde es denn möglich, die russischen Truppen ohne große Schwierigkeit ans Land zu setzen.


Nun aber begannen Diese furchtbar zu wüten. Städte, Dörfer, Fabrikanlagen, Waldungen, Mühlen und Schlösser — Alles wurde niedergebrannt. Man schätzte den Schaden dieser Verwüstungen auf 12 Millionen Thaler. Schon waren die Schweden in großer Besorgnis für ihre Hauptstadt, und dies bewog die Königin, eiligst um einen Waffenstillstand bis zum Abschluß des Friedens nachzusuchen.

Gern ging Peter darauf eln, da er seinen Zweck, den Frieden zu erzwingen, damit erreicht hatte.

Der größte Teil seiner Flotte ging in den Hafen von Reval und in dessen Nähe zurück. Die englische Flotte aber, die nun erst in der Ostsee zu spät erschien und sich mit der schwedischen vereinigte, hatte ihren Zweck verfehlt.

Nun aber gingen die Friedensunterhandlungen — von der Waffengewalt unterstützt — rasch vor sich, ganz nach den Wünschen Peters. Zuerst erfolgte gegen Zahlung von einer Million Thaler die Abtretung von Bremen und Verden an Kurbraunschweig (Hannover), und ein schwedisches Verteidigungsbündnis mit England. Darauf kam der Frieden mit Polen zu Stande, wodurch August II. als König von Polen anerkannt wurde. Seinem Gegenkönig Stanislaus Lescinsky aber wurde der königliche Titel und eine Million Thaler ausbedungen. Endlich erhielt Preußen gegen Bezahlung von 2 Millionen Thaler die wichtige Handelsstadt Stettin und den größten Teil von Pommern. Peter aber hatte keinen Bundesgenossen mehr, wohl aber an England einen neuen, offen sich erklärenden Feind.

Es kam zwischen beiden Mächten zu gegenseitigen sehr energischen Erklärungen. Ja der Zar ließ sogar in Rußland sich aufhaltende englische Kaufleute verhaften, und drohte mit Confiscation ihrer gesamten Waren. Auch betrieb er seine Rüstung gegen England mit großer Kraft, um diesem neuen Feinde mit Erfolg entgegentreten zu können.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.