Katharinas Erhebung zum Throne

„Ich lasse Ew. Majestät nicht,“ antwortete er, „hier schafft Ihre Gegenwart keinen Nutzen, während Sie dort unentbehrlich sind. Nicht damit Sie sich in Tränen auflösen, nein, um Sie zur Herrschaft zu erheben, setzte jener Held Ihnen die Krone aufs Haupt. Und weil sein Geist noch in seiner Hülle ist, so muß es ihm Freude machen, zu sehen, daß Katharina auch ohne seinen Beistand seiner würdig erscheint.“

„Das soll er sehen,“ sprach Katharina mit großer Lebhaftigkeit, „das sollen Sie sehen, das soll die ganze Welt sehen!“


Sie folgte ihm nun ins Vorgemach, wo Mentschikoff die ersten Offiziere beider Garden, mehrere angesehene Geistliche und andere bedeutende Personen versammelt hatte.

Die Majestät ihrer Erscheinung und die über ihre Wangen rollenden Tränen, welche sie vergebens bemüht war zu trocknen, machten einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden.

In wenigen Worten gedachte sie der Rechte, welche sie durch die Salbung erlangt hatte, und des Unglücks, das dem Reiche durch die schwache Regierung eines Kindes drohe. „Nicht um dem Großfürsten die Krone zu rauben,“ fügte sie hinzu, „mache ich meine Rechte geltend; im Gegentheil werde ich sie ihm als ein heiliges Vermächtnis bis zu dem Augenblick aufbewahren, wo es dem Himmel gefallen wird, mich mit Dem zu vereinigen, der zu meinem Schmerze vielleicht bald nicht mehr sein wird.“

Die anerkannten Herrschertalente Katharinas, die Liebe, welche sie im ganzen Reiche genoss, die reichlichen Geschenke und die noch reichlicheren Versprechungen, die sie Jedem nach seinem Bedürfnis machte, und vor Allem Mentschikoffs Ratschläge, sein Einfluß, sein Ansehen und seine Bemühungen entschieden für sie. Nicht nur alle Anwesenden schwuren ihr den Eid der Treue, sondern auch später im ganzen Reiche wurde Katharina — einst die Leibeigene von Marienburg — zur Herrscherin und regierenden Kaiserin der größten Monarchie der Welt ausgerufen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.