Hinrichtung des Kammerherrn Mons

Wir haben hier eine der interessantesten, aber auch ergreifendsten Episoden aus dem Privatleben des Kaisers einzulegen.

So sehr auch Peter seine Gemahlin zärtlich liebte, so hatte er doch Charakter genug, sie seinen vollen Zorn fühlen zu lassen, wenn sie ihn, nach seiner Meinung, verdient hatte.


Das merkwürdigste Beispiel dieser Art gab die Hinrichtung des Kammerherrn Mons und die Art, wie dieselbe vollzogen wurde.

Mons war ein Bruder der frühen Geliebten des Kaisers, und stand im persönlichen Dienst der Kaiserin Katharina, die ihn mit ihrem Vertrauen beehrte. Seine Schwester, die verwitwete Generalin Balk, war erste Staatsdame der Kaiserin.

Dem Glücklichen fehlt es nie an Neidern, an Höfen nie an Intrigen, dem Scheine nie an Verleumdern, der üblen Nachrede nie an Glauben. So auch hier. Die Neider des so sehr begünstigten Mons und seiner Schwester suchten ihn zu stürzen, die unzufriedene Partei suchte Katharina aus der Gunst des Kaisers zu verdrängen und ihr damit zum Voraus jede Aussicht auf die Thronfolge abzuschneiden. Co wurde denn zunächst das allerdings vertraute Verhältnis zwischen der Zarin und ihren Günstlingen benutzt, um durch Übertreibungen aus Vermutungen die ärgsten Verleumdungen zu fabrizieren und die Kaiserin eines unerlaubten Verhältnisses zu beschuldigen. Der Verleumdete erfährt die üble Nachrede, die ihn unglücklich machen kann, in der Regel zuletzt.

In der Tat trug auch die Unvorsichtigkeit des Begünstigten viel dazu bei, der üblen Nachrede einigen Boden zu verschaffen. Er war eitel genug, sich des Vertrauens der Kaiserin und des Einflusses, den er bei ihr besaß, zu rühmen. So kam es denn dahin, daß, wer von Katharina eine Gnadenbezeugung zu haben wünschte, sich an Mons wendete, und ging Dieser darauf ein, so durfte man immer durch dessen Verwendung des Erfolges gewiß sein.

Eben so eitel und einflußreich war auch seine Schwester, die verwitwete Generalin Balk.

Der Kaiser hatte wohl hin und wieder durch seine vertrauten Dentschiks von solchem Einfluß und den darauf sich gründenden Vermutungen und üblen Nachreden gehört. Das war ihm höchst unangenehm, und er forschte weiter. Kaum aber hatten seine nächsten Umgebungen bemerkt, daß ihm Etwas daran lag die Wahrheit zu erfahren, so trugen sie ihm alle Gerüchte zu, verdrehten die unschuldigsten Tatsachen, und regten dadurch Peters Eifersucht in einem solchen Grade auf, daß er in seinem Zorne beschloß, sich der Personen, die ihm dazu Veranlassung gegeben hatten, zu entledigen, und zugleich seine Gemahlin selbst, wenn sie Mitschuldige wäre, auf der empfindlichsten Seite zu bestrafen.

So gab er denn Befehl den Kammerherrn Mons, den er eben wegen der kleinen Eifersüchteleien nie hatte gut leiden können, mitten in der Nacht zu verhaften. Nach einigen Tagen wurde auch die Generalin Balk, die, wie der Kaiser voraussetzte, die heimlichen Zusammenkünfte zwischen ihrem Bruder und der Kaiserin begünstigt hatte, verhaftet.

Um doch wenigstens einen ostensiblen Vorwand für die beschlossene Strenge zu haben, ohne die Ehre der Kaiserin und damit des Kaisers selbst zu kompromittieren, so beschuldigte man die Verhafteten, das Vertrauen der Kaiserin gemißbraucht und Geschenke für die Fürsprache bei Derselben angenommen zu haben.

In autokratisch regierten Staaten erkennen die Richter in der Regel nach dem Willen des Selbstherrschers. So auch hier. Mons wurde zum Tode verurteilt; der Generalin Balk — einst das harmlose finnische Mädchen, dann des Zaren schöne und glänzende Geliebte — fiel das Urteil nach acht russischer Weise, öffentlich auf bloßen Rucken geknutet und nach Sibirien verwiesen zu werden. Zwei Söhne der Generalin, die im Heere als Offiziere dienten, wurden zu Gemeinen degradiert und mehrere der Hausbeamten der Kaiserin zu Strafarbeit verurteilt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.