Einäscherung von Altona durch die Schweden unter Stenbock.

Stenbock verfolgte seinen Weg nach Holstein, und besetzte Altona. Mit unerhörter Grausamkeit ließ er den unglücklichen Einwohnern dieser dänischen Stadt bekannt machen, daß sie die Stadt verlassen müßten, denn sie sollte eingeäschert werden. Der ganze Magistrat erschien, warf sich ihm flehend zu Füßen, und bat um Schonung der unschuldigen Stadt, gegen Erlegung einer bedeutenden Geldsumme; aber der schwedische General verlangte weit mehr, als es möglich war, in der gegebenen kurzen Frist aufzubringen, und in der Nacht des 30. Dezember 1712. loderten auf Stenbocks Befehl an allen Ecken der Stadt die Flammen auf. Nur die gänzliche Einäscherung derselben machte den Gräueln der Plünderung ein Ende. Die unglücklichen Bewohner flüchteten aus ihren Häusern In die schneidende Winterkälte hinaus. Männer, Weiber, Kinder, Greise und Kranke kamen meistens um im Elende. Viele von ihnen verbrannten, verhungerten oder erfroren in der kalten Winternacht. Graf Wolling sah von Hamburgs Wällen aus den Brand von Altona: „So,“ rief er aus, „muß es allen dänischen Städten und Dörfern ergehen, das bringt Frieden.“ Stenbock aber erklärte: „Das ist die Genugtuung für das Betragen der Dänen in Pommern, für die Einäscherung von Stade und für die gegen schwedische Kriegsgefangene (durch die gezwungenen Arbeiten am Kanalbau) in Rußland verübten Grausamkeiten.

Stenbock war nicht von Natur ein so harter, grausamer Charakter; aber der Graf Wolling, der schwedischer Statthalter in Bremen und Berden gewesen, und von dort von den Dänen vertrieben war, schäumte vor Wut. Er glühte vor Rache gegen die Feinde seines Königs. „Jetzt,“ so sprach er voll Ingrimm, „ist der Augenblick gekommen, dem Erbfeind der Schweden das Messer an die Kehle zu setzen. Der kluge Zar,“ rief er höhnend, „wird sich schon bedenken, ehe er in die Halbinsel nachrückt. Ein bevorstehender Angriff der Türken, die König Karl aufgeregt hat, wird ihn schon in seine Staaten zurückrufen. Auf alle Fälle würde die unüberwindliche Festung Tönningen den Schweden zum Rückhalt dienen können.“


Gegen Stenbock aber hatte sich mit seiner Grausamkeit gegen Altona das Glück gewendet. Als er später, wie wir erzählen werden, in russische Gefangenschaft geriet, ging ihm im Gefängnis das Gewissen auf, und er sprach mit tiefem Schauder: „Noch steht mir der Altonaische Prediger Saß vor Augen, wie er um der Wunder Jesu Willen fußfällig um Gnade und Mitleid flehte. Und als ich ihn verstieß, da segnete mich der fromme Mann mit lauter Stimme, aber der Segen ist mir zum Fluch geworden.“

Und in der Tat, so war es auch. Die Kriegsereignisse hatten die Rolle der Nemesis gegen diesen militärischen Mordbrenner übernommen.

Graf Stenbock war ein Feldherr, kühn, wie sein König. Stolz auf den bei Gadebusch erfochtenen Sieg faßte er den gewagten Entschluß, den Krieg in das Innere des dänischen Landes zu spielen. Graf Wolling, dieser unversöhnliche Feind der Dänen, gab seine volle Zustimmung, und ging gleichsam in ein Netz ein, das schon ausgespannt war, um ihn zu bestricken. Denn vor ihm, bei der Festung Rendsburg, stand König Friedrich von Dänemark mit seinem Fußvolke, das noch durch 5.000 Normannen verstärkt war. Hinter ihm vereinigte sich die dänische Reiterei mit den Sachsen und Russen, die unter dem persönlichen Oberbefehle des Zaren standen.

So war die Stellung der Alliierten, als Stenbock nach der Einäscherung von Altona tiefer in die dänische Halbinsel vordrang.

Nach seinem Abmarsch besichtigte Peter die noch rauchende Brandstätte dieser unglücklichen Stadt. Im edlen Zorne sah er der Stunde der Vergeltung entgegen. Er betrachtete sich als Werkzeug in höherer Hand der Vorsehung, dazu berufen, einen in der neuer n Kriegsgeschichte unerhörten Frevel an der Menschheit zu bestrafen. Er führte nun seine Truppen tiefer nach Holstein hinein, bis zu der Festung Rendsburg, wo er sich mit den Dänen vereinigte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.