Die neue Untersuchungs-Kommission

„Unglückseliger! Wunder nur kann Deinen Unstern wenden.
Aber so darfst Du nicht endent“

Müllner. („Die Schuld.“)


Vergebens hatte Peter schon vor zwei Jahren durch Untersuchung und Strafen gegen die hochstehenden Volksbedrücker, so wie durch Verordnungen die schwer gedrückte Lage der leibeigenen Bauern, der Soldaten und Arbeiter zu erleichtern gesucht; jetzt, nach einer längern Abwesenheit, erkannte er, daß das alte tief gewurzelte Übel in Rußlands Verwaltung — die Erpressungen und Bedrückungen von Seiten der Großen und der Beamten des Reichs — im Stillen fortgewuchert hatte.

Von allen Seiten liefen Klagen über solche Bedrückungen der Untertanen und Soldaten an den Zaren ein. Peter sah viel zu hell und mit eigenen Augen, um sich, wie andere Machthaber, durch seine Umgebungen darüber verblenden zu lassen, was dem Volke wahrhaft nottat. Und so ging er denn selbst, mit gewohnter Tätigkeit, in die Erforschung der Übelstände ein. Schon früh Morgens um 4 Uhr ließ er den Senat zusammenberufen, und beschäftigte sich in solchen Sitzungen persönlich mit der Erforschung der Schuld der Angeklagten.

Einer der vornehmsten derselben war der Gouverneur von Archangel, Fürst Wolchonsky. Dieser wurde der Bedrückungen überführt, verurteilt, und ohne Rücksicht auf Stand und Ansehen der Person erschossen.

Da Peter erkannte, daß noch mehrere hohe Beamte und selbst Mitglieder des Senats wegen solcher Volksbedrückungen kompromittiert waren, so setzte er Militärkommissionen nieder, deren jede aus einem Major, einem Kapitän und einem Lieutenant von der Garde bestand.

Dieses waren indes nur Vorbereitungen — nur das Wetterleuchten vom Gewitter. Die so furchtbare Entladung desselben gegen angesehene, hochstehende Männer, wie Mentschikoff, Dolghoruki, Aprarin, besonders aber den Fürst Gagarin, Gouverneur von Sibirien, und Andere, am Ende des Jahres 1718, haben wir schon früher erzählt.

Jetzt ging er nach Moskau, welche alte Zaren-Residenz er seit 1711 nicht besucht hatte. Schwere Sorgen, die tiefer das Gemüt ergriffen, riefen ihn dahin. — Es war die nun beginnende Untersuchung gegen seinen Sohn Alexei, der entflohen war und jetzt als Gefangener ihm vorgeführt werden sollte.

Knüpfen wir diese Erzählung der selbst verschuldeten Leiden dieses unglücklichen Zarensohnes und Thronfolgers an seine Vermählung. Von da an beginnt seine eigentliche Schuld, denn die früher mitgeteilte Hinneigung zu der Partei der Klerisei und der Alt-Russen war nur eine Verirrung gewesen, veranlaßt durch eine verkehrte Erziehung.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.