Die Klöster bereichern sich immer mehr

Die Klöster standen in großem Ansehen und bereicherten sich ungemein. Aber der Überfluß verdarb die Sitten, und verbreitete Üppigkeit und Völlerei. Alle Rücksichten auf Ruf und Anstand waren längst aus den Augen gesetzt. Die Sittenlosigkeit ging so weit, daß Mönche und Nonnen gemeinschaftlich badeten, was freilich in Rußland nicht so viel sagen will, als in zivilisierteren Staaten, denn dort sieht man auch heute noch Frauen öffentlich in Flüssen oder Kanälen Bäder nehmen, oder Männer und Frauen gemeinschaftlich baden, woran Niemand Anstoß nimmt, so wenig wie an der Bedienung des Herrn im russischen Schweißbade durch entkleidete weibliche Leibeigene.

Peter der Große konnte aber jenes Unwesen in den Klöstern nicht länger dulden. Er ging davon aus, daß den faulen Tagedieben, wie er die unwissenden Mönche und Nonnen nicht mit Unrecht nannte, die Üppigkeit des Klosterlebens verboten werden müsse. Deshalb befahl er, daß alte, abgedankte Soldaten und andere arme, arbeitsunfähige alte Leute in den Klöstern aufgenommen und von den Mönchen bedient werden sollten. Diejenigen Mönche, die auf solche Weise nicht beschäftigt werden konnten, sollten die Klosteräcker bearbeiten und sich nützlichen Handwerken widmen. In den Nonnenklöstern sollten die Nonnen zur Bedienung der weiblichen Armen, zum Spinnen und anderen Handarbeiten angehalten werden. Einige Frauenklöster wurden zu Waisenhäusern eingerichtet, und die Nonnen mußten die Erziehung und Pflege von verwaisten Knaben und Mädchen bis zu sieben Jahren übernehmen.


Da die Mönche höchst unwissend waren, so ließ der Zar für Diejenigen, die sich den höheren Studien widmen wollten, zwei Seminarien anlegen. Die eben so unwissenden Weltgeistlichen, welche in der Regel kaum lesen und schreiben und Nichts weiter konnten als ihre Gebethersagen oder absingen, ließ er unterrichten. Wer künftig Pope werden wollte, mußte die Seminarien besuchen. Nach dem dreißigsten Jahre erst wurden die besonders zum Predigen gebildeten Seminaristen entlassen und als Weltgeistliche angestellt.

Eine besondere Behörde wurde eingesetzt, welche die Einkünfte von den geistlichen Gütern einzuziehen und einen Teil an die Bistümer, Klöster und Kirchen abzuführen, den Rest aber an die Hospitäler zu überweisen hatte.

So führte schon im vorigen Jahrhundert die Tatkraft eines ausgeklärten Selbstherrschers in Rußland Reformen und Verbesserungen im Klosterwesen durch, um welche jetzt noch zivilisierte Staaten mit der römischen Kirche zu kämpfen haben.

Die früher begünstigten leibeigenen Klosterbauern wurden bei öffentlichen Arbeiten verwendet, und in Hinsicht der Militärpflicht ganz den weltlichen gleichgestellt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.