Beendigung der gottorp'schen Angelegenheiten

Nachdem die persischen Angelegenheiten beseitigt waren, lag dem Kaiser Nichts mehr am Herzen, als nun auch das, dem Herzoge von Holstein - Gottorp gegebene Versprechen zu erfüllen und die beabsichtigte Familienverbindung mit Demselben zu vollziehen.

Es gelang seinen geschickt geleiteten Unterhandlungen, dem im Jahre 1723 versammelten schwedischen Reichstage die Ansicht beizubringen, daß der Herzog von Holstein mit wirklichem Unrecht zurückgesetzt worden sei. Dieses hatte zunächst die Folge, daß der Reichstag ihm als nächstem Verwandten des königlichen Hauses den Titel: Königliche Hoheit, der ihm von seinen Umgebungen und dem russischen Hofe, an welchem der Herzog noch immer lebte, schon früher gegeben war, zugestand.


Aber Peter verlangte noch mehr. Die schwedische Thronfolge sollte ihm zugesichert und der Besitz von Schleswig wiederverschafft werden. Um den Unterhandlungen darüber Nachdruck zu geben und zugleich der russischen Flotte eine Übungsfahrt zu gewähren, ließ der Kaiser hundert Galeeren, einige zwanzig Kriegsschiffe und vierzehn Fregatten ausrüsten, übertrug den Oberbefehl dem General Admiral Aprarin, und übernahm damit (am 1. Juli 1723) einen Seezug. Er selbst befand sich unter dem Inkognito: „ Peter Michael“ auf der Flotte, und der Herzog von Holstein mußte ihn begleiten.

Dieses Unternehmen hatte den guten Erfolg, daß die Kabinette von Stockholm und Kopenhagen in nicht geringen Schrecken gerieten und dadurch empfänglicher wurden für die Anträge des Kaisers und des Herzogs von Holstein-Gottorp.

Der Edelmut des Letztern trug ebenfalls dazu bei, die Gemüter in Schweden für ihn günstiger zu stimmen. Sein Abgesandter von Bassewitz hatte ihm geschrieben, als die russische Flotte sich nur noch 12 Meilen von Stockholm befand, seine Anhänger in Schweden wären so zahlreich, daß es nur seines persönlichen Auftretens bedürfe, um seiner Sache einen günstigen Ausgang zu verschaffen und in den Besitz des Thrones seiner Vorfahren zu gelangen.

Der Herzog aber, der überhaupt einen etwas unentschlossenen Charakter hatte, welcher jede Gewalttat scheute, schreckte zurück vor einem solchen Gedanken. Er wagte es daher nicht, diesen Brief dem Zaren vorzulegen, sondern schrieb darüber an Bassewitz: „Das sei fern von mir, zu solchem Unternehmen die Hand zu bieten. Die Umwälzung, die daraus entstände, würde mein armes, durch so viele Kriege zerrüttetes Vaterland vollends an den Rand des Verderbens bringen. Lieber wollte ich nie eine Krone tragen, als sie um solchen Preis erringen.“

Dieses Schreiben zeigte Bassewitz dem Grafen Horn, der an der Spitze der Patrioten stand, damit er dadurch den Fürsten kennen lerne, den man so bitter verleumde und verfolge. Dadurch war Graf Horn augenblicklich für den Herzog gewonnen, und sein Einfluß verschaffte ihm eine Apanage von 25.000 Talern und die Zusicherung der Thronfolge, sofern sich dazu Gelegenheit bieten würde. Ja man verwendete sich von Schweden aus bei dem Kaiser dafür, daß dieser den Herzog in seine Familie aufnehme, und deutete darauf hin, wie wesentlich dieses dazu beitragen würde, das von dem Kaiser gewünschte Schutz- und Trutzbündnis mit Schweden zu Stande zu bringen.

Schweden verpflichtete sich endlich, die Wiedereinsetzung des Herzogs in Schleswig beim dänischen Hofe nach Kräften zu vermitteln, auch nötigenfalls mit den Mächten, welche die Gewähr geleistet, zusammenzutreten, um über die Mittel zu berathen, wodurch jener Zweck am Kürzesten erreicht werden könne. Dieser Vertrag zwischen Rußland und Schweden wurde geschlossen am 22. Februar 1724.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.