Andere Verbesserungen

Andere Verbesserungen der innern Zustände erfolgten nun zunächst durch Belebung des Handels. Der Handel war bisher ein Monopol des Zaren gewesen, dadurch aber gelähmt. Der Zar hatte auf seiner zweiten Reise im Auslande erkannt, daß das Einzige, was geeignet war, den Welthandel Rußlands zur Blüte zu bringen, völlige Freiheit des Verkehrs sei. Er sagte sehr geistvoll in seiner Weise: „Der Handel ist eine kranke Jungfrau (sieke bruil), die man weder schrecken, noch mit Strenge niederschlagen, sondern mit freundlichen Liebkosungen aufrichten muß.“

Schon im Jahre 1717 war der Getreidehandel freigegeben; nun wurden auch fast alle übrigen zarischen Monopole aufgehoben. Solche Monopole waren seit den ältesten Zeiten der Krebsschaden, der kein Gedeihen des Handels aufkommen ließ. Peter hatte das Verdienst, dieses Übel, das den Handel lähmte, zuerst ausgerottet zu haben.


Die archangel'schen Kaufleute bauten bisher noch immer ihre Handelsschiffe nach der altrussischen, schwerfälligen Bauart. Peter verbot es, gab ihnen bessere Muster, und in Kurzem sah man auf den dortigen Werften neue Schiffe nach englischer und holländischer Bauart. Auch die Handelsfahrzeuge auf den Flüssen mußten nach Peters spezieller Anweisung verbessert werden. Bald erkannten die Schiffer und Kaufleute den großen Nutzen dieser mit Widerstreben angenommenen, erzwungenen Verbesserung ihrer Schifffahrt.

Auch wurde, um den Handel zu fördern, nach Peters eigener Anweisung, ein Kommerz-Kollegium niedergesetzt, und in den bedeutendsten Handelsstädten Europas wurden russische Konsule angestellt.

Den Gerichten wurde eingeschärft, Handelssachen vor Allem schnell zu beendigen, und damit nicht der Adel Vorurteile gegen den Handelstand hegte, wurde bekannt gemacht, daß der Zar es gern sehen würde, wenn sich junge Adelige demselben widmeten. Um diesem Stande mehr Ansehen zu gewähren, zog er angesehene Kaufleute an seine Tafel, und besuchte sie, besonders bei ihren Familienfesten, in ihren Häusern.

Um mehr Kenntnisse unter diesem Stande zu verbreiten, schickte er im Jahre 1720 zwölf junge Handelsbeflissene nach Italien, wo sie auf den bedeutendsten Comptoirs die italienische doppelte Buchhaltung erlernen mußten. Nach einem spätern Befehl (l723) sollten alljährlich 15 junge Handelsbeflissene aus den bedeutendsten Handelsstädten des Reichs im Auslande unterhalten werden. Wenn diese und andere Bestimmungen für das Aufblühen des Handels nicht den erwarteten Erfolg hatten, so lag dieses daran, daß der russische Nationalcharakter im Ganzen zu großen Handelsunternehmungen wenig aufgelegt ist.

Durch eine Gesetzkommission wurde der Erlass eines neuen Gesetzbuches für das ganze Reich vorbereitet.

Die alten Gesetze, noch aus den Zeiten der Zaren Jaroslaw, Iwan Wasiljewitsch, und in der Mitte des 17. Jahrhunderts von Alexei Michailowitsch, der im Jahre 1640 sein Gesetzbuch „Ulochenia“ erließ, waren ohne Ordnung, ohne Prinzip und Vollständigkeit, so daß sie bei erhöhter Kultur unmöglich mehr den Bedürfnissen genügen konnten. Deshalb gaben sie zu den willkürlichsten Auslegungen und zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten Veranlassung. Schon früher hatte er versucht, durch strenge Verordnungen der Bestechlichkeit der Richter entgegenzuwirken; um so wichtiger war der Erlass eines neuen Kodex, welchen die aus Mitgliedern der verschiedenen Kollegien zusammengesetzten Gesetzgebungskommission in wenigen Jahren zu Stande bringen sollte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.