Erste Fortsetzung

Vom Notar Heino Meyer, dem Jüngeren ist ein „kurzer, an etlichen Orten aber vermehrter Auszug aus Lindebergs Chronik in deutscher Sprache“ 1677 in Rostock bei Jacob Riecheln, E. E. Rats Buchdrucker, erschienen, eine Arbeit, in welcher einzelne Begebenheiten bis zum Jahre 1625 erzählt werden, die aber, so weit sie einen Auszug aus Lindebergs Chronik bildet, wegen ihrer Kürze wenig Wert hat. Eine Fortsetzung der Chronik von Matth. Jo. von Beehr, welche Nettelbladt *) als Handschrift gekannt haben will, ist nicht auf unserer Universitäts-Bibliothek vorhanden, auch sonst nirgends angegeben.

*) Erneuerte Berichte 1768, S. 42.


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Die Untersuchung über das Verhältnis Lindebergs zu seinen Quellen ist dadurch bedeutend erleichtert, dass der Verfasser der Chronik durch das ganze Werk hindurch die von ihm benutzten Quellen am Rande angibt. Wenngleich er nicht immer richtig zitiert, z. B. in einer Anmerkung zu S. 39 nennt er Krantz, Wandalia XV, 22 als Quelle, während doch dies Werk nur aus 14 Büchern besteht, und er XIII, 12 benutzt hat, so ersieht man doch aus den Randbemerkungen sofort, welche Quellen Lindeberg gekannt und benutzt hat. Ihre Zahl ist sehr bedeutend, wie sich aus der folgenden, nach seinen eigenen Angaben gemachten Aufzählung derselben ergibt:

1. Albert Krantz, Wandalia, Saxonia, Metropolis, Suecia, Norwegia und Dania.
2. Marschalk Thurius,
a. Annales Herulorum et Vandalorum.
b. Vitae Obetritarum.
c. Mons Stellarum, sive Historia de hostia Sternebergensia Iudaeis A. 1492 confossa et cruentata.
3. David Chytraeus, Chronicon Saxoniae (von Lindeberg citirt nach der Folioausgabe von 1593, Leipzig bei Henning Grosius).
4. Nathan Chytraeus, oratio panegyrica ad Principes Megapolitanos. Rostock1574 bei Jacob Lucius.
5. Johann Posselius, oratio de inclyta urbe Rostochio. Wittenberg 1562 bei Laurentius Schuenck.
6. Adam Traziger, Chronica der Stadt Hamburg.
7. Nicolaus Gryse, Historie von der Lere, Lewende und Dode Joachimi Slüters. Rostock 1593 bei Steffen Müllmann.
8. Sebastian Münster, Cosmographei.
9. Incerti auctoris Chronicon Slavicon.
10. Tacitus Germania und die Bemerkungen von Beatus Rhenanus zum Tacitus.
11. Jean Bodin, Les six livres de la république, von ihm selbst auch ins Deutsche übersetzt.
12. Matth. Dresserus, Isagoge historica.
13. Candenus, Britannia sive florentissimorum regnorum Angliae chorographica descriptio, London 1586.
14. M. Cyriac. Spangenberg, Mansfeldische Chronik.
15. Peter Albinus, Meissnische Land- und Bergchronik. Dresden 1589.
16. Helmold, Chronica Slavorum.
17. Hermann Bonn, Chronik der Stadt Lübeck. Magdeburg 1559.
18. Joh. Petersen, Chronica der Lande zu Holstein.
19. Berosus Babylonius, Antiquitates.
20. Sextus Pompejus Festus, commentarii priscorum verborum cum exemplis e Verrio Flacco.
21. Paulus Diaconus, Epitoma librorum XX Verrii Flacci de verborum significatione, a Sexto Pompejo Festo jam in breviorem formam redactorum.
22. Claudius Ptolemaeus, Geographia.
23. Flavius Blondus Forliviensis, de origine ac gestis Venetorum.
24. Qu. Curtius, de rebus gestis Alexandri Magni historia.
25. C. Plinius Secundus, naturalis historia.
26. Diodorus Siculus, bibliotheca historica.
27. Strabo, Geographia.
28. Franciscus Irenicus (Friedlib) Germaniae exegesis. Hagenau 1518.
29. Hieronymus Henning, genealogicae tabellae.
30. Albert von Stade, Annales Stadenses.
31. Abr. Saur, Calendarium historicum. Frankfurt a. M. 1594.
32. Polydorus Vergilius,
a) Historiae Anglicae libri XXVI. Basel 1534.
b) De inventoribus rerum libri III. Venedig 1499.
33. Erasmus Roterodamus, Collectanea adagiorum veterum.
34. Georg Rixner, Turnierbuch.
35. Bernhard Hederich, Catalogus Episcoporum Suerinensium.
36. Matthias Flacius Illyricus, Catalogus testium veritatis.
37. C. Julius Solinus, Polyhistor (d. h. spätere Umarbeitung von dessen: Collectanea rerum memorabilium).
38. Lucas Bacmeister, oratio funebris de Simone Paulli.
39. Simon Paulli, oratio de vita Crantzii.
40. Chronicon Polonorum des Bischofs Boguphal von Posen**).
41. Neander, orbis terrae descriptio.
42. Chronicon Philippi.
43. Chronicon Pomer.
44. Valentin ab Eichstedt, epit. annal. Pomer. *).
45. Conradus Gesnerus.
46. Petrus Suffridus.
47. Reinerus Reineccius”).
48. Conrad Celtes, Carmen de situ et moribus Germaniae. *
49. Aeneas Sylvius.
50. Petrus Alfonsus.
51. Bocerus, annotat. super Danos reges.

*) Lindeberg kürzt den Titel seiner Quellen meist ab, oft nennt er nur den Verfasser, nicht dessen Werk. Einzelne derselben, die mir unbekannt waren, suchte ich mit Hülfe des Zettelkatalogs der hiesigen Universitäts Bibliothek, der Bibliothek a latina mediae et infimae aetatis von Fabricius und der Bibliotheca historica medii aevi von Potthast zu bestimmen. Doch ist es mir nicht gelungen, die vollen Titel der unter Nr. 40–57 genannten Werke zu finden, und ich musste mich mit der Wiederholung von Lindebergs kurzen Angaben begnügen, zumal da Potthast' Werk nur bis 1500 reicht, Lindebergs Quellen aber zum großen Teil einer späteren Zeit angehören. Bei den beiden mit * bezeichneten Werken (Nr. 40 und 48) gebe ich den Titel als blosse Vermuthung, Lindeberg nennt nur Chron. Pol. und Conrad Celtes.
*) Von Eichstedt, dessen Werke ich sonst nicht angeführt fand, wird eine Vita Bogislai VI in Ungnaden, Amoenitates S. 163 erwähnt.
*) Er gab zuerst, u. zw. aus einer Handschrift in der Bibliothek Heinrich Rantzow's, das Werk Alberts von Stade 1587 heraus unter dem Titel: Chronicon ab Orbe condita ad Annum Christi 1256. cf. Fabricius, Bibliotheca latina I, S. 129.


52. Wolfgang Jobst, epit. Chron.
53. Ioan. Lubbechii epistola ad Chytraeum.
54. Havelmann de famil. emort.
55. Joh. Caselius.
56. Herlichius de Academ.
57. C. L. de naufrag.

Außer dieser Menge Quellen, bei denen freilich oft eine bestimmtere Angabe wünschenswert wäre, nennt Lindeberg als solche noch verschiedene Handschriften, S. 17 einen Codex vetustus de vita et praeliis Alexandri Magni, Macedoniae Regis; S. 26 Liber quidam manuscriptus; S. 70 Liber manuscriptus H. R. und oft Codex manuscriptus, den er S. 86 als magnae dignationis viri codermanuscriptus bezeichnet.

Endlich werden von ihm als Quellen noch erwähnt Privilegia urbis, litterae, quae adhuc in Archivis exstant, antiquadiplomata, inscriptio lapidis u. dergl.

Es würde eine Zeit raubende und dennoch undankbare Arbeit sein, mit allen diesen Quellen die Lindeberg'sche Arbeit zu vergleichen, um durch diesen Vergleich zu erfahren, wie weit die Selbstständigkeit des Verfassers reicht. Auch müssen wir von diesem Vergleich schon deshalb absehen, weil uns einzelne der von Lindeberg benutzten Quellen nicht mehr erhalten sind, und der Vergleich schon deshalb nicht vollständig werden könnte. Im Allgemeinen folgt Lindeberg im Gange seiner Darstellung nur wenigen Quellen, die anderen führt er daneben an, weil sie entweder denselben Gegenstand behandeln, oder weil er aus ihnen kleine Bemerkungen, oft nur einen Eigennamen oder eine Jahreszahl entnommen hat.

Durch die Heranziehung so vieler Quellen suchte Lindeberg eine möglichst wahrheitsgetreue Schilderung der Rostocker Geschichte zu geben, ein Streben, das wir auch in der Benutzung von Urkunden u. dergl. und darin erkennen, dass er an einzelnen Stellen die verschiedenen Ansichten seiner Quellen aufzählt und die Entscheidung dem Urteil des Lesers überlässt*). Wie oft er aber trotz seines rühmenswerten Fleißes geirrt hat, wird sich erst entscheiden lassen, wenn uns das vollständige urkundliche Material zur Verfügung steht, das wir jetzt nur zum Vergleich mit den ersten acht Kapiteln des zweiten Buches heranziehen können.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter Lindeberg und seine Rostocker Chronik.