Zweite Fortsetzung

Ein Jahr nach dem Erscheinen seines Hodoeporicon erfolgte die Ausgabe seiner Epigramme auf einzelne Städte und auf berühmte Männer, die er in seinem ersten Werke erwähnt hatte. Dies Buch hat Lindeberg dem Königl. Dänischen Statthalter Heinrich Rantzow gewidmet, mit welchem er inzwischen bekannt geworden war.

Als nämlich 1587 der Königl. Dänische Rat Nicolaus von Alefelt sich mit der Bitte um Empfehlung eines tüchtigen Lehrers für seine Kinder an den Rostocker Professor Caselius gewandt, hatte dieser ihm unseren Lindeberg vorgeschlagen, der denn auch jene Stelle antrat. Hier erlangte er die Bekanntschaft von Alefelt's Schwiegervater, des Königl. Dänischen Statthalters in Holstein Heinrich Rantzow, der, selbst ein sehr gebildeter Mann **), bald die Vorzüge Lindebergs und seine Begabung erkannte und ihn mit Gunsterweisungen überhäufte. Er hoffte, sich selbst einmal durch Lindeberg verherrlicht zu sehen, wie Posselius erzählt, und hat sich in dieser Hoffnung nicht getäuscht***). Lindeberg zeigte sich dadurch seinem hohen Gönner dankbar, dem er so vielfach verpflichtet war. Denn ausser einem freundschaftlichen Verkehr fand er auf den Besitzungen Rantzows auch manche Anregung zu wissenschaftlicher Beschäftigung, für welche er trotz des Unterrichts der jungen Herren von Alefelt und einiger anderer Edelknaben noch Zeit genug erübrigte. Ihm war es gestattet, die Bibliothek Rantzows auf der Burg Bredenberg nach Belieben zu benutzen, die nach Lindebergs eignem Zeugnis) aus 6.300 zum Teil sehr wertvollen Büchern bestand. Ferner sind einzelne seiner Bücher auf Kosten Rantzows gedruckt und endlich hat Letzterer die Anregung dazu gegeben, dass Lindeberg mit dem Lorbeerkranz des deutschen Dichterbundes geschmückt wurde.


Am 1. Juli 1591 finden wir Lindeberg wieder in Rostock**), wo er das elterliche Haus in der Lagerstraße***) kaufte und das Geschäft fortführte. Wodurch Lindeberg, der sich so lange der Beschäftigung mit den Wissenschaften hingegeben hatte, jetzt veranlasst wurde, das Geschäft seines schon 1580 gestorbenen Vaters zu übernehmen, lässt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen. Die Quellen, die über seine Familienverhältnisse überhaupt nur wenig mitteilen, erwähnen keinen Grund. Findet doch auch die Nachricht aller Biographen Lindebergs, dass er Kaufmann gewesen, nur in folgenden ziemlich unbestimmten Bemerkungen ihre Bestätigung, nämlich des jüngeren Possel in seiner Oratio, D. 3: Etsi civilibus etdomesticis oneribus satis superque erat occupatus, tamen studiis nullo modo nuncium remittebat, imo ea excolebat u. s. w. und in der Bemerkung von Cothman in der Einladung zu jener Oratio, A: . . . . etsi negotiationem exerceret, nunquam tamen Civis moster esse desineret, sed fidem Academiae semel datam laudabiliter servaret u. s. w. Diese beiden übereinstimmenden Urteile sprechen zugleich das höchste Lob Lindebergs aus; denn das ist eben besonders beachtenswert an diesem Manne, dass er trotz seiner Beschäftigung als Kaufmann literarisch weiter arbeitete und noch mehrere Schriften herausgab. Indem er aber deshalb oft von des Morgens um drei oder vier Uhr an bis zum späten Abend beschäftigt war, strengte er sich über seine Kräfte an und untergrub seine Gesundheit.

*) Der Vorname ist von dem Pastor Hieronymus Schyrlentius in Petschow hinzugefügt, der das Hodoeporicon in dem mir vorliegenden Exemplar, wie er selbst am Ende bemerkt, am 28. April 1590 gelesen und mit Randglossen versehen hat. Diese Randbemerkungen sind leider, als das Buch später eingebunden wurde, zum größten Teil abgeschnitten, wie auch von der von Lindeberg selbst auf die erste Seite geschriebenen Dedikation nur das Stück: Petrus Linde b. erhalten ist.
*) cf. Einleitung zu dem Hodoeporicon.
*) Lindeberg gibt eine kurze Lebensbeschreibung von ihm in der Einleitung zu seiner Hypotyposis, in welcher er auch, 2. Aufl., S. 60–65, 3. Aufl., S. 74–80, Rantzows Schriften aufzählt, der sich besonders mit Astronomie und Astrologie beschäftigte.
*) cf. unten die Schriften Lindebergs Nr. 3.
*) Einleitung zu seiner Schrift: De numeris, A. 3.
*) Ein Brief an Rantzow von ihm in Rostock von diesem Tage ist abgedruckt hinter seinen Iuven. S. 247 fg.
*) cf. Chron. Rost. V, 4, S. 147, wo er von der Lagerstraße sagt: vicus, quem ipse colo.


Im Jahre 1595 ward ihm vom Vorstand des deutschen Dichterbundes zur Anerkennung seiner poetischen Arbeiten der Lorbeerkranz erteilt. Er hatte sich nämlich 1593 mit Elisabeth Dalbitzen *) verheiratet, welcher Ehe zwei Kinder, ein Sohn mit Namen Kaspar und eine Tochter, Regina, entsprossen. Letztere starb kurze Zeit nach ihrem Vater, während der Sohn 1604 noch lebte. Was aus ihm geworden, wissen wir nicht. Nun war sein Schwiegervater in einen Prozess vor dem Reichskammergericht zu Speier verwickelt, der von den Juristen schon mehrere Jahre hingezogen war und ihm manchen Verdruss bereitete. Lindeberg, der sich ja eine Zeit lang mit juristischen Studien beschäftigt hatte, unternahm deshalb im Jahre 1595 eine Reise nach Speier und hoffte, durch seine Anwesenheit den Prozess beendigen zu können. Als er auf dieser Reise in Heidelberg ankam, wurde er von Paulus Melissus, dem Vorsitzenden des deutschen Dichterbundes, an welchen kurz vorher Heinrich Rantzow die Gedichte Lindeberg's **) mit der Bitte gesandt hatte, den Verfasser durch den Lorbeerkranz zu ehren, sowie von Janus Gruterus, J. Posthius und Heinrich Smetius auf das Freundlichste aufgenommen, dem Kurfürsten von der Pfalz vorgestellt, von diesem auf das Schloss zum Frühstück befohlen und hier am 1. April 1595 von Melissus mit dem Lorbeerkranz geschmückt. Er war der erste Rostocker von Geburt, dem diese Ehre zu Teil wurde *).

Zu Speier, wohin sein Ruf auch schon gedrungen war, brachte er es in kurzer Zeit dahin, dass der Prozess seines Schwiegervaters zu dessen Gunsten entschieden wurde, und so kehrte er denn glücklich über seine Erfolge und dankbar gegen seinen hohen Gönner, den Herrn Rantzow, der für ihn ohne sein Wissen sich bei dem Dichterbund verwandt hatte, nach Hause zurück. Aber nicht lange hat er die Freude, die er in der wissenschaftlichen Tätigkeit, und das Glück, das er in seiner Familie fand, genossen. Am 9. Juli 1596 fiel er in eine schwere Krankheit und fühlte bald, dass sein Ende nahe sei. Er ließ deshalb seinen alten Freund und Beichtvater, den Professor der Theologie und Archidiacon an der St. Jacobikirche, Lobechius, zu sich rufen und empfing von ihm das heilige Abendmahl. Drei, nach Lobechius vier Tage vor seinem Tode soll er mit folgenden hübschen Distichen, die gleichsam der Schwanengesang des Dichters sind und als solcher schon in den Gedächtnisreden bezeichnet werden, seine Seele Gott empfohlen haben:

*) So wird sie von Hassaeus genannt, Dalbithia von Possel und Dalfitzen von Joachim Peinius in einem Hochzeitsgedicht, abgedruckt in Lind. Iuvenil. S. 223, und von Lobechius.
*) Diese Gedichte konnten nur die Höéapata sein, nicht wie Hassaeus behauptet, deren zweite Ausgabe, die Iuvenilia; denn in letzteren ist schon das Gedicht, mit welchem Melissus die Übergabe des Lorbeerkranzes begleitete, abgedruckt, ebenso die Gratulationsschreiben von Lindeberg's Freunden, also ist diese Ausgabe jedenfalls erst nach dem 1. April 1595 erschienen.


      Christe veni, properat nostrae vindemia vitae,
      Christe veni, properant vulnera, Christe veni.
      Tu mihi pax, mihi rex, mihi rex, mihi nex, mihi judex,
      Tu mihi lux, mihi dux, tu mihi vera salus.
      In te succresco, tabesco, senesco, quiesco,
      Quare animam quaeso suscipe Christe meam.


*) Der Rostocker Professor Martin Braschius war schon im September 1594 von Melissus zum poëta laureatus gekrönt (cf. Krabbe, die Universität Rostock S. 735); er war aber kein geborener Rostocker, sondern der Sohn des Predigers Braschius in Grubenhagen (cf. Rost. Etwas 1737, S. 343). Der erste mit dem Lorbeer gekrönte deutsche Dichter war der 1508 gestorbene Conrad Celtes (cf. Lind. Chron. Rost. S. 109).
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter Lindeberg und seine Rostocker Chronik.
Rostock. 046 Marienkirche, von Bergksches Epitaph

Rostock. 046 Marienkirche, von Bergksches Epitaph

Rostock. 047 Marienkirche, Möringsches Epitaph

Rostock. 047 Marienkirche, Möringsches Epitaph

Rostock. 048 Marienkirche, Kossesches Epitaph

Rostock. 048 Marienkirche, Kossesches Epitaph

Rostock. 049 Marienkirche, von Lehstensches Epitaph

Rostock. 049 Marienkirche, von Lehstensches Epitaph

Rostock. 051 Marienkirche, Gulesches Epitaph

Rostock. 051 Marienkirche, Gulesches Epitaph

Rostock. 052 Marienkirche, Denktafel der im Feldzug von 1812 Gefallenen

Rostock. 052 Marienkirche, Denktafel der im Feldzug von 1812 Gefallenen

Rostock. 057 Grabstein der Familie Kerkhof (seit 1812 der Familie Heidtmann)

Rostock. 057 Grabstein der Familie Kerkhof (seit 1812 der Familie Heidtmann)

Rostock. 060 Marienkirche, Bildnis des Magister Georgius Niehenck

Rostock. 060 Marienkirche, Bildnis des Magister Georgius Niehenck

Rostock. 062 Marienkirche, Vergoldeter Kelch. Nr. 1

Rostock. 062 Marienkirche, Vergoldeter Kelch. Nr. 1

Rostock. 062 Marienkirche, Vergoldeter Kelch. Nr. 2

Rostock. 062 Marienkirche, Vergoldeter Kelch. Nr. 2

Rostock. 064 Marienkirche, Oblaten-Pyxis. Nr. 21

Rostock. 064 Marienkirche, Oblaten-Pyxis. Nr. 21

alle Kapitel sehen