Das Leben Lindebergs.

Peter Lindeberg wurde am 16. März 1562 in Rostock geboren *). Sein Vater, Kaspar Lindeberg, war ein angesehener Kaufmann, der im Jahre 1559 als eifriger Protestant in einigen Ratssitzungen auf Seite der protestantischen Prediger gegen den katholischen Superintendenten Draconites stand **), und später Vorsteher der St. Jacobikirche und seit 1567 Mitglied des Rates ***) war. Er wird geschildert als ein Mann von seltenen Tugenden und Fähigkeiten, der wegen seiner besonderen Tüchtigkeit in Verwaltung der Stadtangelegenheiten zu „longinquis legationibus de negotiis tractatibusque patriae nostrae causa habitis“ verwandt wurde, welche Worte des Posselius vielleicht bedeuten, dass er als Ratssendbote der Stadt zur Beratung der Bundesangelegenheiten auf die Hansetage gesandt wurde. Er starb gegen Ende des Jahres 1580 an einer damals in ganz Europa grassierenden Epidemie, wie unser Lindeberg in seiner Chronik S. 135 erzählt.

*) Seinen Geburtstag gibt er selbst in einer Anmerkung zu seiner Chronik S. 123 an.
**) Mecklenburgische Jahrbücher Bd. 19, S. 106 und 110.
***) Gryse, das Leben Slüters, V.


Von seiner Familie wissen wir ferner, dass seine Mutter eine geborene Anna Wittings war, die diesen ihren Sohn Peter überlebte, und dass er nicht das einzige Kind seiner Eltern gewesen ist. Denn Lobechius erwähnt, dass er „gegen seine Brüder und Schwestern lieblich und holdselig“ sich gezeigt habe, und Lindeberg selbst spricht in der Dedikationsschrift zu seinem Hodoeporicon von einem Bruder, ohne aber dessen Namen anzugeben. Vielleicht war dieser Bruder jener Melchior Lindeberg, der nach der Universitätsmatrikel zu gleicher Zeit mit unserem Lindeberg in Rostock immatrikuliert worden ist. In welchem verwandtschaftlichen Grade er zu dem in seiner Chronik S. 117 gentilis noster genannten M. Joannes Lindeberg stand, konnte ich nicht ermitteln. Derselbe gehörte zur Zeit der Religionsstreitigkeiten in Rostock zu den Erzpapisten und führte als Senior und Wortführer des Domkapitels bei den Herzogen Klage über die Bedrückung der Katholischen von Seiten des Rostocker Rates. Nach Gryse, das Leben Slüters, G. 3 war dies im Jahre 1529, nach Lindeberg selbst an der genannten Stelle im Jahre 1531. Johannes Lindeberg war 1518 bei der Rostocker Universität eingeschrieben, wurde 1521 beider Rechte Baccalaureus, Vicar an der Marienkirche, Domherr und in letzter Zeit ein geschäftiger Führer des Kapitels. Er starb 1564 oder 1565 *). Auch ist mir unbekannt geblieben, ob und wie der von Lindeberg in seinen H. . . S. 162 (Iuvenilia S. 148) erwähnte Schweriner Pastor Nicolaus Lindeberg mit unserem verwandt gewesen ist. – Dass seine Eltern wohlhabend gewesen sein müssen, geht aus der Erziehung ihres Sohnes und daraus hervor, dass sie ihn mit dem nötigen Geld zu seinen großen Reisen nach Italien und nach den nordischen Reichen ausrüsten konnten.

Den ersten Unterricht genoss Lindeberg in der Schule der Jacobikirche; 1577, also 15 Jahre alt, wurde er nach Schwerin in die dortige vor Kurzem durch Vereinigung der Fürsten- und Stiftsschule entstandene Domschule von seinem Vater gesandt. Der junge, talentvolle Lindeberg gewann sich durch seinen Fleiß und sein musterhaftes Betragen bald die Liebe seines Rektors, des berühmten M. Bernhard Hederich, und der übrigen Lehrer in hohem Grade; aus einem Schüler wurde er später ein Freund Hederichs, mit dem er bis zu seinem Tode in nahen Beziehungen stand. In seinem 1592 erschienenen H . . , S. 163, findet sich ein Epigramm an Hederich, in dem er seiner Dankbarkeit gegen seinen Lehrer Ausdruck verleiht und ihn um Erhaltung seiner Freundschaft bittet. Hederich selbst begleitete dies Werk mit zwei Epigrammen in Distichen, die vor dem Werke abgedruckt sind. Auch ist uns von ihm ein Gedicht von 40 Distichen auf die Vermählung Lindebergs in dessen Iuvenilia, S. 217–219 erhalten.

Der junge Lindeberg trieb mit besonderem Eifer Geschichte und legte schon in Schwerin ganz glückliche Proben seiner poetischen Begabung ab. Für die Geschichte hatte ihm wohl der Rektor Hederich Interesse eingeflößt, der selbst ein eifriger Geschichtsforscher gewesen ist. Wir besitzen von ihm noch mehrere Geschichtsarbeiten, unter denen am bekanntesten sind seine Schwerinsche Chronik und das Verzeichnis der Bischöfe von Schwerin **). Von Lindebergs Jugendgedichten befinden sich vielleicht einzelne in seinen H. . . . .; bestimmt wird von Hassaeus als sein erstes veröffentlichtes Gedicht das in seinem 19. Lebensjahre, also nach seiner Rückkehr nach Rostock, verfasste Epithalami um auf die Vermählung des Herzogs Christoph von Mecklenburg mit der Elisabeth, Tochter des Königs Gustav von Schweden, erwähnt, für welches ihn letzterer königlich beschenkte. Es ist abgedruckt in seinem H. . . . , S. 99–111, und besteht aus mehr als dreihundert Hexametern.

*) cf. Mecklenburgische Jahrbücher Bd. 16, S. 22 und 26.
**) Über Hederichs Leben und Schriften cf. Wex: Zur Geschichte der Schweriner Gelehrtenschule. Schweriner Gymnasialprogramm von 1853.


Dass Lindeberg in Schwerin besonders angespornt sei durch die Gunsterweise des Herzogs Johann Albrecht des Älteren, wie Possel, B. 3, sagt: Lindebergii profectum Illustriss. principis Dn. Dn. Ioannis Alberti . . . . benignitas alebat, augebat, fovebat, sind Worte, die ihm zwar von Vielen nachgesprochen sind, die ihm aber nur als Übergangsworte zur Verherrlichung des Interesses dienen, welches der Herzog für die Verbesserung seiner Schule gezeigt, und deren Unrichtigkeit leicht zu beweisen ist. Johann Albrecht war nämlich am 12. Februar 1576 gestorben, und nach Possels eigner Aussage (B. 2) kam Lindeberg erst im Jahre 1577 nach Schwerin. Er war einer der besten Schüler der Domschule, und schon nach kurzem Besuch derselben wurde er von seinen Lehrern für würdig befunden, „qui ad Academiam nostram amplioris capessendae eruditiomis causa relegaretur“, wie Possel, B. 2, sich ausdrückt. Dieser rühmt die Tüchtigkeit Lindeberg's um so mehr, da gerade in jener Zeit viele junge Leute ohne die nötige Vorbildung auf die Universitäten kämen und die Vorlesungen nicht verstehen könnten. Lindeberg wurde also von seinen Eltern nach Hause zurückberufen und der Aufsicht des älteren Possel's, Prof. der griechischen Sprache, der damals der Porta Coeli, einer Regentie der Universität, vorstand, übergeben, parentis mei, qui tum Collegium, quod Porta coeli dicitur, gubernabat, fidei concreditusest (Possel, B. 4). Dabei ist aber nicht daran zu denken, wie Krey (Andenken an die Rostocker Gelehrten aus den drei letzten Jahrhunderten), Taddel (Erneuerte Berichte von gelehrten Sachen, 1768) und Andere es gethan haben, dass er in dieser Regentie seine Wohnung genommen habe. Denn Lindeberg sagt in seiner Rostocker Chronik, S. 167, an der Stelle, wo er von den Regentien spricht: In hisce collegiis superioribus annis studiosiomnes, qui per aetatem et judicii inopiam ipsi regere sua studia et mores non posssent, habitare et nocturno praesertim tempore domi Se continerec0gebantur, qui nunc per urbem habitant dispersi. Ganz abgesehen davon, dass Lindeberg sich nicht selbst dies Testimonium judicii inopiae ausgestellt haben wird, geht auch aus der Rede des älteren Possel de in clyta urbe Rostochio, 1560, welche Lindeberg hier benutzt hat, hervor, dass das Wohnen von Studenten in den Regentien schon zu jener Zeit nicht mehr Sitte gewesen ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter Lindeberg und seine Rostocker Chronik.
Rostock. 003 Alte Ansicht von Rostock um 1597

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Rostock. 006 Stadtplan nach Wenzel Hollar (1607-1677)

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Rostock. 013 Marienkirche, Giebel des südlichen Querschiffs

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Rostock. 014 Marienkirche, Portal des nördlichen Querschiffes

Rostock. 014 Marienkirche, Portal des nördlichen Querschiffes

Rostock. 017 St. Marien-Kirche

Rostock. 017 St. Marien-Kirche

Rostock. 019 Marien-Kirche, Inschriften

Rostock. 019 Marien-Kirche, Inschriften

Rostock. 020 Marien-Kirche , Inschriften (4)

Rostock. 020 Marien-Kirche , Inschriften (4)

Rostock. 021 Altar der St. Marien-Kirche

Rostock. 021 Altar der St. Marien-Kirche

Rostock. 023 Marienkirche, Kanzelportal

Rostock. 023 Marienkirche, Kanzelportal

Rostock. 025 Marienkirche, Orgelempore

Rostock. 025 Marienkirche, Orgelempore

Rostock. 026 Marienkirche,  Vorderansicht der Kanzel

Rostock. 026 Marienkirche, Vorderansicht der Kanzel

Rostock. 028 Marienkirche, Spätgotisches Triptychon

Rostock. 028 Marienkirche, Spätgotisches Triptychon

Rostock. 030 Marienkirche, Astronomische Uhr, obere Hälfte

Rostock. 030 Marienkirche, Astronomische Uhr, obere Hälfte

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