Anweisung zur Beichte

Nach Gernsheim am Rhein, als seinem Geburtsorte, war ein Schneider aus der Fremde zurückgekommen. Er hatte seinen heiligen katholischen Glauben draußen gelassen, und sprach eifrig wider die Verdummung der Menschheit und von der Mündigkeit des menschlichen Geistes im Lichte der wahren Aufklärung. Er besuchte wohl manchmal, um nicht allzusehr bei seinen Mitbürgern anzustoßen, die Kirche. Zum Tisch des Herrn ging er jedoch nicht, und hielt auch seine Ostern nicht.

Weil er nun dem Pfarrer Adam Kauth, der ein sehr kluger und witziger, mitunter derber, aber doch sehr wohlwollender Mann war, den Kommunionsschein nicht ablieferte, so wurde dieser auf ihn aufmerksam und bedauerte tief dessen unkirchliche Gesinnung.


Einige Zeit nachher begegnete der Pfarrer dem Schneider. Er ließ sich alsbald mit ihm in ein Gespräch ein, fragte nach Diesem und Jenem, und endlich kam's auch auf die Religion, die Kirche, den Gottesdienst, das Osternhalten u. s. w.

„Freund,“ sprach nun mit Einemmale der Pfarrer, „mir fällt eben ein, dass auch Ihr keine Ostern in diesem Jahre gehalten habt! Warum wohl?“ Und der Schneider erwiderte im stolzen Gefühle seines Aufgeklärtseins: „Ich würde recht gerne zum heiligen Abendmahl gehen; aber zuvor erst beichten müssen und sagen: „„Ich armer sündiger Mensch!“„ das kann ich nicht, das widerstrebt meinem Gefühl, meiner Vernunft, meiner ganzen Natur!“

„Wenn das Alles ist,“ erwiderte wohlwollend der Pfarrer, „was Euch vom Osternhalten fern hält, so wäre dem leicht abzuhelfen. Ihr sagtet in der Beicht nur: „„Ich übermütiger Schneider!“„ —

Dieses Wort, mit hohem Ernste gesprochen, packte seinen Mann; er schwieg, wurde nachdenkend und gab im Scheiden schweigend dem Pfarrer die Hand.

Man sah ihn von da an — nicht allein in der Kirche, sondern bald auch im Beichtstuhl und am Tische des Herrn.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Parochus Jovialis