Steigen der Macht Heinrichs des Löwen

Unaufhörliches Steigen seiner Macht bezeichnete diese Periode in dem Leben Heinrichs des Löwen. Jetzt, im Besitz der zwei größten Herzogtümer Deutschlands, gewährten zugleich die Eroberungen unter den Slaven die Aussicht zu einem neuen selbstständigen Reiche. So stand im sieben und zwanzigsten Jahre seines Lebens der Herzog als des Kaisers Freund, und als ein gefürchteter und gefeierter Held, in glänzender Größe da. Unbedenklich stand er letzt dem Kaiser an Macht und Einfluss am nächsten, er konnte für den zweiten politischen Pol Deutschlands gelten. Selbst Kaiser Friedrich hatte nur der Notwendigkeit nachgegeben, wenn er Bayern seinem rechtmäßigen Herrn wiedergab; aber auch er hatte ein gefährliches Spiel gespielt, indem er das welfische Haus zu solcher Höhe wieder emporzog, und dadurch Deutschlands politische Einheit von neuem gefährdete.

Heinrich der Löwe glaubte jetzt seine ganze Tätigkeit auf seine slavischen Erwerbungen richten, und auf dem bereits gelegten Grunde weiter bauen zu müssen. Halb getan wäre hier nichts getan gewesen. Vor allem bedurfte es noch einer geographischen und politischen Abrundung derselben, und eines fest begründeten Verhältnisses mit Dänemark, einem Reiche, welches schon, wegen seiner Nachbarschaft, den wichtigsten Einfluss auf Holstein und die slavischen Länder haben musste. Günstiger als je schien dazu der Augenblick, denn noch herrschte dort die größte Verwirrung. Zwar war auf dem Merseburger Reichstage (1152) die Sache vom Kaiser dahin entschieden worden, dass Suen, Erichs des Merkwürdigen Sohn, die Krone, Kanut aber die Insel Seeland erhalten sollte.


Allein bald nach der Rückkehr brach der alte Streit von neuem los, bis Kanut, statt Seeland, wo sich Suen noch seine Erbgüter vorbehalten hatte, mit einzelnen Lehen in Jütland, Seeland und Schonen sich entschädigen ließ. König Suen regierte aber so schlecht, dass er sich bald den allgemeinen Unwillen seines Volkes zuzog, und dass auch Herzog Waldemar, Knut Lawards, des ehemaligen Wendenkönigs, Sohn, bisher sein Freund, auf seines Gegners Kanut Seite trat. Daher suchte Suen den Herzog Waldemar ganz aus dem Wege zu schaffen, und lud ihn (1153) freundlich zu einer Reise zum Markgrafen Conrad von Weißen, des Königs Schwiegervater, ein, der ihn als Gefangenen zurückbehalten sollte. Doch wurde Waldemar von Hartwich wie von Heinrich dem Löwen gewarnt, und der edle Conrad selbst erklärte, er werde sich im Alter durch eine Tat nicht entehren, die er schon als Jüngling verabscheut haben würde. Beschämt, aber nicht gebessert, kehrte Suen zurück, musste sich aber bald, von seinen beiden Gegnern vertrieben, wieder zum Meißner Markgrafen flüchten, und einige Jahre hier als Flüchtling zubringen.

Erst als dieser dem Weltlichen entsagte, und sich in seine Schöpfung, auf dem Petersberge bei Halle, zurückzog, dachte er auf die Rückkehr. Um diese Zeit zog Herzog Heinrich vom Regensburger Reichstage zurück, und wurde nun von Suen gebeten, ihn in sein Reich zurückzuführen. Ob er der Eitelkeit, einem Könige sein Reich zurückzugeben, oder Suens Gelde nicht widerstehen konnte, bleibt unentschieden. Wirklich wurde noch im Winter dieses Jahres ein Heer gesammelt, und damit Schleswig und Ripen genommen. Aber der Zulauf, auf welchen Suen den Herzog vertröstet hatte, blieb aus, ja alles floh vor ihnen. Auch in ein Treffen wollte sich niemand mit ihnen einlassen. Wegen der ungünstigen Jahreszeit musste man also (1157) umkehren, und Suen begab sich nun zu Niclot, dem Fürsten der Obotriten. Doch befahl Heinrich den Obotriten und Wagriern, den König zu unterstützen, der darauf mit ihrer Hilfe die Inseln Laland und Fünen besetzte. Waldemar suchte ihn dort anzugreifen, ließ sich aber bald eine Teilung des ganzen Reichs gefallen, in welcher er König von Jütland, Kanut König von Schonen wurde, und Suen nun Seeland und die übrigen Inseln behielt. Zu Roschild wollte man sich feierlich versöhnen, doch eben hier suchte Suen sich seiner Gegner zu entledigen. Während des Versöhnungsmahles wurde Kanut von Suens gedungenen Mördern niedergehauen, Waldemar aber, obwohl verwundet, entkam nach Jütland. Dort sammelte er ein Heer, und stand gerüstet, als Suen mit seinem Heere in Jütland landete. Bei Wiborg auf der Grathe-Haide (am 23. Oktober 1157) traf man zusammen, und hier verlor Suen die Schlacht, und gleich darauf das Leben, denn ein Bauer spaltete dem Flüchtlinge den Kopf mit der Axt. Blutig, wie er gelebt hatte, war auch sein Ende. Jetzt erst war Waldemar I. der einzige Herr und König, ein Mann an Körper wie an Geist gleich ausgezeichnet. Dies hatte zunächst für Holstein und Wagrien sehr günstige Folgen, denn König Waldemar schloss mit dem Grafen Adolf eine enge Freundschaft, weil er des Mannes Wichtigkeit für sich wohl erkannte, und Adolf schloss sich um so lieber an ihn an, weil er damals mit Heinrich dem Löwen wieder in neuen Streit gefallen war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden