Schlussbetrachtung

So hatte der große Welfe Heinrich, nach einer sechs und sechzigjährigen Laufbahn, endlich auch seinen Hafen gefunden. Das Schicksal, das ihn seit fünfzehn Jahren unablässig verfolgte, war versöhnt. Noch drei Jahre Leben, und er hätte sein Greisenhaupt mit minderer Sorge, ja mit Freuden geneigt, denn er hätte den höchsten Glanz seines Hauses noch gesehen. Wenige Monate nach ihm starb Pfalzgraf Konrad, und räumte Heinrich dem jüngern seinen Platz.

Die beiden andern Söhne kehrten bald darauf aus der Gefangenschaft zurück. Zwei Jahre nachher (1197) starb Kaiser Heinrich, und schon ein Jahr nachher war der Welfe Otto (seit 1197 Herzog von Aquitanien und Poitou) zum römischen König, und später auch zum Kaiser gekrönt. Aber so gut hatte es Heinrich dem Löwen nicht werden sollen. Nur den Fall des alten National-Herzogtums Sachsen überlebte er, und sah den Anfang der allmählichen Umgestaltung Deutschlands; mit Bekümmernis sah er noch, wie Kaiser Heinrich die alte Verfassung, die er selbst redlich geschützt und geschirmt hatte, durch den Plan, den Thron erblich zu machen, stürzen wollte, und wie Alles einer neuen Zeit entgegen eile, die ihn, der alten gewohnt, nicht erfreuen konnte.


Seine Feinde jauchzten über seinen Tod; erst jetzt glaubten sie sich sicher, aber es sollte die Zeit kommen, wo selbst diese ihn wieder ins Leben zurückwünschten, als man den Mann vermisste, der den Kaisern gegenüber der deutschen Freiheit zum Stützpunkte dienen konnte. Die Neueren sind bald in seinem Lobe bald im Tadel ausschweifend gewesen, wenige haben ihn unparteiisch gewürdigt. Beredter, als alle Federn und Zungen, reden die Taten der Menschen, und auch die des Herzogs Heinrich des Löwen.

Nicht seine Fehler, und nicht sein Starrsinn, sondern mehr die Überlegenheit seines Geistes, und die Größe, zu der er sich durch seinen großen und starken Geist schnell emporschwang, haben ihn von seiner Höhe herabgestürzt, und zu seinem Unglücke musste sein Leben in eine Zeit fallen, die ihn, durch den Geist, der sie bezeichnete, unaufhörlich reizte, mit dem Schwerte zu erringen, was seinem Ehrgeize allein Befriedigung gewähren konnte, und teils die Habsucht zu zügeln und zu strafen, mit welcher die geistlichen Fürsten um sich griffen, teils die Rechte der Fürsten gegen die herrschsüchtigen Anmaßungen der Kaiser zu verteidigen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden