Prinz Heinrich – König Heinrich – Herzog Heinrich

Der zehnjährige Heinrich besaß nichts weiter, als seine Erbgüter, da sein Vater, über den der König Conrad die Acht ausgesprochen hatte, 1139 plötzlich starb. Die beiden Herzogtümer Bayern und Sachsen, welche sich die Vorfahren durch Waffentaten errungen hatten, waren dem Vater abgesprochen. Wer hätte es bei des Vaters Tode ahnen mögen, dass der so gedrückte Knabe bald wieder ein Günstling des Glücks, und dem Mächtigsten gleich werden würde. Gewiss, das Glück hatte viel gut zu machen! denn konnte es den schuldlosen Knaben entgelten lassen, was der Vater verbrochen hatte, oder verbrochen haben sollte?

König Conrad war in Verlegenheit, wie er die Achtserklärung des verstorbenen Herzogs Heinrich ins Werk setzen wollte, denn der Oheim des unmündigen Erben war mächtig genug, dem Könige die Spitze zu bieten. Daher versuchte er es, die junge Witwe Heinrichs zu bewegen, dass sie dem von ihm eingesetzten Herzoge von Bayern ihre Hand gab, und sie nahm den Vorschlag an, um Bayern ihrem Sohne zu retten. Doch damit war der mächtige Oheim sehr unzufrieden, und kühn genug ergriff er die Waffen, um die Rechte seines Neffen geltend zu machen, da er hoffen durfte, von Italien aus unterstützt zu werden, wo Roger, König von Sizilien, die Waffen gegen den deutschen König führte, um sich den Besitz einiger Gebiete, auf welche dieser gerechte Ansprüche hatte, durch Gewalt zu sichern, nachdem er sie törichter Weise vom Papst sich hatte schenken lassen. Es gelang dem kühnen Welf, bald in Bayern, bald in Schwaben und bald am Rhein mit immer frischen Streitkräften aufzutreten, und, wenn auch oft geschlagen, doch seine Ansprüche auf das Herzogtum Bayern zu behaupten.


Prinz Heinrich verlor 1143 seine Mutter, und stand wahrscheinlich nun unter der Leitung einiger sächsischen Großen, verriet aber bald einen kräftigen, nach Selbstständigkeit ringenden Geist, indem er seine Ansprüche auf Bayern dadurch hervorsuchte, dass er sich Herzog von Bayern und Sachsen nannte. Die Zeit schien sehr günstig, diese Ansprüche durchzuführen, denn es hieß, König Conrad sei entschlossen, einen Kreuzzug nach dem gelobten Lande zu machen, und es war zu hoffen, dass er unter diesen Umständen lieber diese Ansprüche anerkennen, als einen mächtigen Feind im Vaterlande zurücklassen werde.

Conrad brachte es indes dahin, dass sein noch unmündiger Sohn Heinrich zum König und Mitregenten erwählt, und bald darauf zu Aachen gekrönt wurde.

Erzbischof Heinrich von Mainz wurde ihm als Regent zur Seite gestellt, und auch der Abt Wibald von Corvey und Stablo, ein Mann von seltener Umsicht und Klugheit, in des Reiches Angelegenheiten zur Beratung des jungen Königs aufgefordert. War es auch eine höchst ungewöhnliche Sache, dass ein römischer König, der noch nicht einmal die Kaiserkrone trug, sich in seinem unmündigen Sohne einen Mitregenten und Nachfolger wählen ließ, so schien die Zeit selbst dies zu entschuldigen.

Als auf diesem Reichstage Herzog Heinrich erschien, und Bayern, als ein seinem Vater unrechtmäßig entrissenes Land, zurückforderte, wusste ihn der König zu beschwichtigen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden
Heinrich der Löwe - aus Simrock:

Heinrich der Löwe - aus Simrock: "Die deutschen Volksbücher" 1845

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