Herzog und Kaiser – Machtvergrößerung durch Kriege

Viel Großes war von diesem unterdessen ausgerichtet, manche Gefahr überstanden, manche Stadt genommen worden. Schon war Brescia gefallen, das übermütige Mailand, des Zuges Hauptursache, welches Pavia unterjocht, und das kaiserlich gesinnte Lodi fast zerstört hatte, war vorgeladen, und sodann geächtet worden. Nach erzwungenem Übergange über die Adda war Tretium gefallen, und mit Hilfe der Cremoneser, Lodenser und Pavesaner, Mailands Belagerung begonnen worden. Den Waffen hatte es besser widerstanden, als dem Hunger. Es begann zu unterhandeln, und der Kaiser machte ehrenvolle Bedingungen. Da zogen die Geistlichen, unter Vortritt des Erzbischofs, bloßen Fußes, dann die Konsuln und Großen der Stadt, blanke Schwerter auf den Nacken gebunden, in des Kaisers Lager hinaus, nahmen seine Bedingungen an, und ihre gefangenen Kinder, Verwandte und Freunde zurück.

Am 8. September 1158 wurde auf diese Weise der Friede mit Mailand geschlossen. Dann hatte sich der Kaiser nach Mozza begeben, und einen großen Teil der ihn begleitenden Fürsten nach Deutschland wieder entlassen. Mozza, Komo und Lodi wurden auf des Kaisers Befehl wieder aufgebaut, und Abgeordnete aller Fürsten und Städte Italiens zu einem Reichstag auf den Roncalischen Feldern berufen. Dort wurden nach dem Ausspruche der vier großen bolognesischen Lehrer des römischen Rechts, des Bulgarus, Marlinus, Jacob und Hugo, die Güter des Reichs, und die Regalien, bisher auf mancherlei Art veruntreut und vernachlässigt, dem Kaiser zurück erkannt, aber doch die bisherigen Besitzer derselben von Reichs wegen damit belehnt. Der kaiserliche Schatz gewann dabei gegen 30.000 Pfund. Nicht ohne guten Grund hatte der Kaiser das römische Recht hier sprechen lassen. Die hohe Achtung, deren es bei den Italienern genoss, heiligte seine Ansprüche, und eine Gesetzgebung, die den römischen Kaiser als Herrn der Welt betrachtete, und den Glauben bestärkte, dass die neueren Kaiser, als Nachfolger der älteren, dieselbe Macht und Würde hätten, die überhaupt der monarchischen Form so günstig war, konnte einem Kaiser, wie Friedrich, nicht anders als willkommen sein. Auch das Recht, die Obrigkeiten in den Städten zu ernennen, wurde dem Kaiser zugesprochen, und wichtige Verordnungen für den Landfrieden und das Lehnwesen gegeben. Das Weihnachtsfest des Jahres 1158 feierte der Kaiser zu Alba, wo er den größten Teil des Winters zubrachte.


Nicht gleichgültig hatte Adrian IV. jene Machtvergrößerung des Kaisers mit angesehen, und vor allem hatte ihn beleidigt, dass auch von den Städten des römischen Kirchengebietes Abgaben eingefordert wurden, und die hohen Geistlichen für die Regalien dem Kaiser huldigen sollten. Er versagte also die Bestätigung eines von der Kirche zu Ravenna auf Friedrichs Betrieb gewählten Erzbischofs, und suchte die Mailänder, und andere Städte zum Friedensbruche zu verleiten. Ohnehin hatte sich in Mailand der Gehorsam bald in Widersetzlichkeit gegen den Frieden und die Roncalischen Beschlüsse aufgelöst. Placenz und Krema weigerten sich, ihre Befestigungen niederzureißen, und verjagten die kaiserlichen Abgeordneten. Gleiches geschah auch zu Mailand, wo der Kanzler Reinold und Markgraf Otto einen neuen Magistrat einsetzen wollten. Der aufgereizte Pöbel stürmte die Wohnungen der Abgeordneten, die kaum nur mit Lebensgefahr sich aus der Stadt retten konnten. Solcher offenbarer Treubruch verdiente strenge Züchtigung; doch dazu bedurfte Friedrich ein neues Heer aus Deutschland, denn des vorigen Heeres allzu zeitige Entlassung hatte eben den Städten den Mut zur Meuterei gegeben. Nachdem also die Boten nach Deutschland, und vor allen an Heinrich den Löwen, den die Italiener wohl kannten, abgesendet worden waren, befestigte Friedrich Komo und Lodi, zwang Asti, eine Besatzung einzunehmen, und erklärte Mailand in die Acht. Neue Unterhandlungen mit dem Papste waren fruchtlos. Trotzig rüstete sich Mailand, schickte Meuchelmörder gegen den deutschen Kaiser, Mordbrenner gegen Lodi, verband sich mit Brescia und Krema. Dagegen führte Friedrich von Bologna aus seine Truppen in das Mailändische, musste sich aber mit der bloßen Verwüstung des flachen Landes begnügen, und wandte sich sodann nach Lodi, und von da gegen Krema, welches in die Acht erklärt, und im Juli eingeschlossen wurde. So war die Lage der Sachen, als endlich Herzog Heinrich der Löwe mit seinen Scharen aus Bayern und Sachsen, und viele andere Große, weltlichen und geistlichen Standes, im Lager vor Krema eintrafen. Ihnen folgte etwas später Herzog Welf mit seinen Truppen nach.

Heinrich fand das Heer vor Krema schon in voller Tätigkeit, die nun durch seine Gegenwart, und die mitgebrachte Verstärkung verdoppelt wurde. Ungeheure bewegliche Belagerungstürme, Mauerbrecher, Sturmdächer, und ähnliche Gerüste waren errichtet worden. Aber auch Krema hatten Natur und Kunst gleich stark befestigt.

Obgleich die Stadt aufs engste eingeschlossen war, entfiel doch den Bürgern der Mut nicht; durch tägliche Ausfälle suchten sie den Feind zu ermüden, kreuzigten die Gefangenen, und warfen sie zerstückelt ins Lager hinab. Gleiche Grausamkeiten verübten die Deutschen, und banden desgleichen die Söhne und Verwandten der Belagerten an ihren Turm, um dem Schießen von der Mauer Einhalt zu tun. Diese Unglücklichen riefen den Männern auf der Mauer zu: „Rühmlicher sei es, und schöner, zu sterben, als ein Leben der Knechtschaft und der Verzweiflung zu leben. Besser sei es, fürs Vaterland zu fallen, als den Untergang desselben zu erleben, besser, tot zu sein, als die Stadt in Pavias und Kremonas Händen zu sehen.“ So haben sie mit ihren Wurfmaschinen die eigenen Väter, Brüder und Söhne zerschmettert. Nur Wenige blieben am Leben, weil der Turm bald der Ausbesserung bedurfte. Noch auf andere Weise ist unmenschlich von beiden Seiten gewütet worden. So hieben die Kremenser ihren Gefangenen Hände und Füße ab, und ließen sie so in ihrer Stadt umherkriechen, bis sie verblutend starben. Hinter den Lücken, die der Mauerbrecher stieß, erstanden neue Mauern, und gegen die Belagerungstürme wurden, aber vergebens, Minen gegraben. Endlich ging ein geschickter Rüstmeister der Kremenser zu dem Kaiser über, und erbaute ihm einen Turm, von dem eine Brücke, 20 Ellen lang, auf die Stadtmauer herabgelassen werden konnte. Doch auch dieser wurde von den Kremensern durch Steinlasten zerschmettert. Aber die täglichen Kampfe, die nächtlichen Wachen, die heimliche Flucht so mancher der Ihrigen, die Wunden, welche fast ein Jeder aufzuzeigen hatte, und die Betrachtung der Zukunft machte, dass sie endlich zu Unterhandlungen ihre Zuflucht nahmen. Sie wendeten sich deshalb an Peregrin, den Patriarchen von Aquileja, und an Heinrich den Löwen, der, selbst ein Held, auch Helden zu ehren wusste. Diese meldeten es dem Kaiser, und es wurde beliebt, dass die Mailänder und Brescianer ohne Waffen, die Kremenser aber mit dem, was jeder mit sich tragen könnte, ungestört abziehen sollten. So geschah es am 27. Januar 1160, nach siebenmonatlicher Belagerung. Zwanzigtausend zogen aus der Stadt, um nicht zurückzukehren. Des Kaisers Zorn war besänftigt, ja er trug, wie er vorher selbst auf die Feinde geschossen hatte, nun auch einen Kranken selbst aus der Stadt heraus. Hinter den Unglücklichen ging die Stadt in Flammen auf, weil man sich über eine regelmäßige Plünderung nicht vereinigen konnte. Der Kaiser brach nach Pavia auf.

Bei einem heftigen Streit, der bei dem Tode des Papstes Adrian IV. zwischen zwei Gegenpäpsten entstand, zeigte Friedrich seine kaiserliche Machtvollkommenheit, indem er, durch Berufung einer allgemeinen Reichs- und Kirchenversammlung zu Pavia, als Schiedsrichter in diesem Streite auftrat. Da nur der eine von den Gegenpäpsten, Victor, erschien, so wurde dieser vom Kaiser anerkannt. Hierauf erhielt Heinrich Erlaubnis, nach Deutschland zurückzukehren. In Braunschweig musste er laute Klagen über die Slaven hören, und als diese auf seine Vorladung keine Gesandten zu dem ausgeschriebenen Landtage schickten, beschloss er ihre Züchtigung. Zur Zeit der Ernte sollte ein Zug gegen sie unternommen werden. Als Niclot merkte, was gegen ihn und die Seinigen im Werke war, beschloss er zuvorzukommen, und Lübeck zu überrumpeln. Er sendete also seine Söhne, Pribislaw und Wertislaw, zum heimlichen Überfall ab. Aber die Wachsamkeit eines Lübecker Priesters, Athelo, der schnell noch die Zugbrücke über die Wackenitz aufzog, rettete die Stadt. Der Priester wurde zur Belohnung bald darauf der erste Propst der Stadt. Heinrich legte nun eine Besatzung dahin. Darauf fiel er mit starker Mannschaft in das slavische Land ein, und verwüstete es mit Feuer und Schwert. Niclot wich zurück, und verbrannte seine eigenen festen Plätze Ilow, Mecklenburg, Schwerin und Dobbin, um die Gefahren einer Belagerung zu vermeiden, und dem Feinde selbst keinen haltbaren Punkt zu lassen. Nur das Schloss Wurle an der Warnow, beim Lande Kussin, erhielt er sich. Von dort machte er mit seinen Söhnen Ausfälle, um das Heer des Herzogs auszukundschaften, und die Unvorsichtigen aus dem Hinterhalte zu überfallen. So hatten auch eines Tages Niclots Söhne einige von des Herzogs Leuten, welche Futter holten, niedergestoßen. Andere aber von den Herzoglichen kamen dazu, fingen viele der Slaven ein, und brachten sie ins Lager, wo der Herzog sie zum Strange verurteilte. Pribislaw aber, und sein Bruder kamen mit Verlust ihrer Pferde, und besten Krieger zurück. Da schalt sie der Vater weibische Memmen, und zog selbst mit seinen besten Streitern hinaus in den Hinterhalt. Aber diesmal waren unter den Futterknechten mehr denn sechzig verkappte, und wohl geharnischte Soldaten. Niclot sprengte mit verhängtem Zügel hervor, aber schon am ersten Panzer brach seine Lanze. Darauf wollte er zurückfliehen, aber er wurde umzingelt und niedergemacht, und sein Kopf in das Lager gebracht. Da flüchteten seine Söhne ihre Familien auf die Schiffe, zündeten Wurle an, und verkrochen sich in die Wälder. Unterdessen waren die Dänen mit ihrem Waldemar und Absalon, Erzbischof von Lund, in die Warnow eingelaufen, und hatten das von Einwohnern leere Rostock verbrannt. Hier stieß Waldemar mit dem Herzoge zusammen. So war das ganze Land der Obotriten in wenigen Wochen in des Herzogs Hände gefallen, welches er auch nun völlig als das seinige betrachtete, Schwerin erbaute, das Schloss befestigte, und Graf Gunzelin von Hagen zum Befehlshaber der hineingelegten Besatzung machte. Darauf flehten Niclots Söhne des Herzogs Gnade an, und der menschliche Sieger gab ihnen Schloss Wurle, mit dem Lande der Kyssiner und Circipaner, mit seinem Gebiete wieder. Das ganze übrige Land der Obotriten aber verteilte er unter seine Krieger. Zugleich benutzte er sein Investiturrecht, um die vorhandenen Bistümer auszustatten, oder neue zu errichten.

Die Spaltung, welche in Rom wegen der Papstwahl entstanden war, führte in Deutschland manche Unruhen herbei, besonders da der alte Welf, des Herzogs Oheim, den vom Kaiser verworfenen Gegenpapst Alexander begünstigte.

Gegen einen ausgearteten Geistlichen, den Bischof Hartwich von Regensburg, gebrauchte Heinrich seine landesherrliche Gewalt, indem er das bischöfliche Schloss wegnahm, und Regensburg selbst bedrohte.

Aufs neue scheint der Herzog in Italien dem Kaiser zur Seite gestanden zu haben, obgleich die Geschichtsschreiber seines Anteils an der Züchtigung des übermütigen Mailands nicht ausdrücklich erwähnen. Der Kaiser war in Italien geblieben, und hatte vergeblich Mailand zu bezwingen gesucht. Erst als aus Deutschland die geforderten Verstärkungen eintrafen, konnte der Kaiser mit Nachdruck zu Werke gehen. Im August 1161 wurde Mailand enge eingeschlossen, und der Hunger zwang endlich die stolzen Bürger, sich auf Gnade oder Ungnade zu ergeben. Am 1. März 1162 unterwarfen sich die Consuln, und bald darauf die übrigen Bürger. Allein Friedrich hatte zu Pavia Mailands gänzlichen Untergang beschlossen, und die Einwohner erhielten Befehl, binnen acht Tagen die Stadt zu räumen. Kein Jammer, kein Wehklagen erweichte den strengen Sinn Friedrichs. Nach Ablauf dieser kurzen Frist wurde das stolze Mailand von des Kaisers Truppen erst geplündert, dann bis auf einige Kirchen und Klöster völlig zerstört. Am tätigsten zeigten sich dabei die Bürger von Pavia, Kremona, Komo und Lodi; den Hass, den sie gegen die Einwohner Mailands hatten, mussten die toten Steine entgelten. Viele Überbleibsel einer klassischen Zeit wurden barbarisch vernichtet, die Gebeine der drei Weisen aus dem Morgenlande aber mit Sorgfalt und Ehrfurcht gerettet. Der Boden, sagt eine spätere Ausschmückung, wurde gepflügt, und Salz gesät. Aber Friedrich tilgte nur die widerspenstige Flamme, ohne die Kohlen zu löschen. Politisch klüger, aber menschlich härter, hätte er die Einwohner nach Deutschland versetzen und vereinzeln müssen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden