Heinrich der Löwe auf dem Höhepunkt seiner Macht

Heinrich fand seine norddeutschen Länder in einem erfreulichen Zustande, und besonders Lübeck, welches ihm vorzüglich am Herzen lag, und das er daher zu einer festen Stadt machte, zu einem Bistum erhob, und mit einem Domstifte ausstattete.

Nachdem Heinrich in seinen bayrischen Ländern manche kirchliche Anordnungen getroffen hatte, begab er sich, in Begleitung vieler bayrischen Großen, nach Burgund, wo der Kaiser einen überaus glänzenden Reichstag hielt, zu dem sich selbst die Könige von Ungarn, Böhmen und Dänemark eingefunden hatten; aber nicht der ebenfalls eingeladene König Ludwig von Frankreich. Aufs neue wurde hier Victor als einziger, rechtmäßiger Papst anerkannt.


Zu Kostnitz, wo Friedrich einen Hoftag hielt, ließ sich Heinrich nach fünfzehnjähriger Ehe von seiner Gemahlinn Clementia scheiden. Es wird nirgends erzählt, welches der Grund dieser Scheidung war. Es war eine kinderlose Ehe. Eine natürliche Tochter wurde mit dem Slaven-Fürsten Borwin vermählt, und sie ist die Stammmutter des mecklenburgischen Hauses geworden.

Je einsamer es seither in Heinrichs Hofplatz zu Lüneburg gewesen war, desto lebhafter war es in den holsteinischen und slavischen Ländern geworden. Die Grafen von Schwerin und Ratzeburg hielten ihre Provinzen in strengem Gehorsam, und ihr eigener Vorteil war es, durch Herbeirufung neuer Ansiedler die Zahl ihrer Untertanen zu vermehren. So zog Graf Heinrich aus Westfalen neue Kolonisten in sein Polabenland, und teilte ihnen nach der Messschnur Ackerboden aus. Auch bei den Obotriten füllten sich Herzog Heinrichs feste Plätze immer mehr. Kirchen stiegen empor, und die Zehnten aller Früchte wurden dem Gotteshause gegeben. Der Götzendienst verschwand, die Haine standen öde, der Anbetung des Alleinigen wich die Nacht des Aberglaubens. Nur noch in Rügen diente man dem Swantevit, und lauschte seinen Orakelsprüchen. Mit dem Christentume bildete sich auch im slavischen Lande die hierarchische Form, doch unter Heinrichs strenger Landesherrlichkeit.

Die eingewanderten Holsteiner versuchten es, sich derselben zu entziehen, und versagten den Zehnten, welchen sie dem Bischöfe entrichten sollten, wahrscheinlich von den Rüstungen der Slaven unterrichtet. Niclots Söhne, Wertislaw und Pribislaw, waren mit dem geringen Überreste ihrer väterlichen Länder, den man ihnen gelassen hatte, sehr unzufrieden, und benutzten Heinrichs Abwesenheit, um sich zu einem Eroberungskriege zu rüsten. Der Statthalter Gunzelin machte davon sogleich Anzeige, und 1163 rückte Heinrich mit starker Macht gegen Werle an, wo sich Wertislaw stark verschanzt hatte. Da die Slaven, gegen ihre Gewohnheit, Stand hielten, so ließ Heinrich Kriegsmaschinen bauen. Pribislaw versuchte, den Ort zu entsetzen, und hatte wirklich ein günstiges Gefecht gegen die Holsteiner; aber desto heftiger wurde nun Werle angegriffen, und Wertislaw sah sich bald zur Unterwerfung genötigt. Die geforderte Erhaltung des Lebens und der Glieder wurde ihm zugestanden, doch unter der Bedingung, dass auch Pribislaw die Waffen niederlege. Da erneuerte sich das Schauspiel von Krema und Mailand.

Die Schwerter auf den Nacken gebunden zogen Wertislaw und die Edelsten der Slaven aus, und unterwarfen sich des Herzogs Gnade. Er hielt, was er ihnen zugesagt hatte; aber ihre Freiheit war verfallen. Den vielen Dänen aber, die in Werle gefangen gehalten worden waren, gab er die Freiheit, und sie segneten einstimmig ihren Erretter. Das gemeine Volk aber ließ er in Werle, und gab ihnen Niclots Bruder, den alten Lubemar, zum Vorsteher des Platzes, wie des Landes. Die Edeln aber verteilte er als Gefangene an verschiedene Orte, bis sie den letzten Heller für ihre Lösung bezahlt hatten. Wertislaw folgte in Fesseln dem Herzoge nach Braunschweig. Nun bat auch Pribislaw um Frieden, doch verlangte der Herzog noch Bürgen seiner Treue. Da entgegnete Pribislaw, dass er ja seinen Bruder, und die edelsten Slaven in seiner Gewalt habe, und diese als Geißeln gebrauchen möge. Damit begnügte sich der Herzog. Ihre Macht schien gebrochen, und wirklich genoss jetzt das slavische Land ein Jahr lang vollen Frieden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden