Des Löwen Spur

Um das Maß seiner Leiden voll zu machen, musste in dieser Zeit eine seiner Stützen zerbrechen; Heinrich von England starb, und zwar im Kampfe mit rebellischen Söhnen. Der neue König Richard, und selbst Kanut von Dänemark drangen in den Herzog, zurückzukehren in seine Erbländer, und zu retten, was noch zu retten wäre, und der Verbannte durfte sich seines Eides entbunden halten, da seine Feinde ihn zuerst gebrochen hatten. Noch im Herbste dieses Jahres landete er zu Stade, und sandte seinen Sohn Heinrich nach Braunschweig voraus. Heinrichs erstes Auftreten war ermunternd, drei seiner Freunde eilten zu ihm hin, um unter den ruhmbekränzten Fahnen zu fechten, die angesehensten Holsteiner und Normannen gingen ihm mit friedlichem Gruße entgegen, und versprachen, ihm ihr Land zu öffnen.

Ein allgemeiner Aufstand nötigte den Statthalter des nach Jerusalem gezogenen Grafen von Holstein, sich mit der Mutter und Gemahlin desselben nach Lübeck zurückzuziehen. Der heftigste Kampf entspann sich um den Besitz von Bardewick, einer der größten und reichsten Städte des nördlichen Deutschlands, einst zu des Herzogs Erbteile gehörig, aber, aus Eifersucht gegen das begünstigte Lübeck, ihm niemals recht ergeben. Bei ihrer Erstürmung musste Schritt für Schritt, Straße für Straße erkämpft werden, so dass zuletzt die blutige Schlacht in ein grässliches Schlachten überging. Alle Heiligtümer wurden dem Dom zu Ratzeburg zugesandt, und dann die Stadt den Flammen geopfert. Nur die Kirchen und heiligen Gebäude blieben verschont, und zum Gedächtnis des Schreckenstages trug das Portal des Doms einen hölzernen Löwen, und die Überschrift: des Löwen Spur.


Diese glückliche Unternehmung, mit den Schrecken, welche sie verbreitete, öffnete dem Herzog die Tore Lübecks und Lauenburgs. Jetzt aber bekam er mächtige Feinde zu bekämpfen, denn König Heinrich zog rachedürstend mit einem Heere gegen ihn. Doch schon bei der Bestürmung Braunschweigs fand er unerwarteten und entschlossenen Widerstand. Hier zeigte der Erzbischof von Mainz fürchterliche Grausamkeit und Raubgier, indem er selbst Kirchen und Kirchhöfe nicht verschonte. Das räuberische Heer musste abziehen, und rächte sich durch die Einäscherung Hannovers. Der Winter hatte dem Kriege ein Ende gemacht; erst im Mai 1190 griff Heinrich wieder zu den Waffen, sah sich aber oft von denen verlassen, auf deren Hilfe er gerechnet hatte. Darum wies er eine angebotene Unterhandlung nicht zurück, und sie kam zu Fulda, doch unter harten Bedingungen, zu Stande. Der Herzog sollte die Mauern Braunschweigs an vier Orten zerstören, ganz Holstein, und die Hälfte Lübecks dem Grafen Adolf wieder einräumen, und dafür von dem Könige Heinrich die andere Hälfte als Geschenk annehmen. Zum Unterpfand des Friedens sollte des Herzogs jüngerer Sohn Lotar dem Könige als Geißel bleiben, der ältere aber mit fünfzig Rittern ihm nach Italien folgen.

Heinrich der Löwe sah wohl ein, dass dieser Vertrag nur geschlossen worden sei, um Zeit zu gewinnen, und dass er von dem argwöhnischen und grausamen Charakter des Königs alles zu fürchten, aber nichts zu hoffen habe; daher beschloss er, dem Vertrage nur zur Hälfte nachzukommen. Er stellte Lothar als Geißel, und sendete den älteren Sohn mit fünfzig Rittern nach Italien, aber die Zerstörung der Befestigungen Lauenburgs und Braunschweigs, und die Abtretung Lübecks unterließ er weislich.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden