Aussöhnung durch Vermittlung

Endlich hatte Heinrich der Löwe selbst noch einen Versuch gemacht, den Kaiser zu milderen Gesinnungen gegen sich zu bewegen. Alles war bisher umsonst gewesen. Die Hoffnung zur völligen Restitution verschwand immer mehr, und der Herzog selbst scheint den Gedanken daran aufgegeben zu haben. Er sendete also seinen ältesten Sohn, den einzigen, den er noch um sich hatte, zum Kaiser, dem er nicht eher von der Seite weichen sollte, als bis er wenigstens von ihm die Länder jenseits der Elbe erhalten hätte. Allein der Kaiser hielt ihn mit leeren Hoffnungen und Versprechungen hin, ohne je etwas davon zu erfüllen. Da begab sich der junge Welfe wieder hinweg, zu stolz, seine Bitten ferner bei einem Manne, wie Heinrich, zu verschwenden.

Hier, wo keine Klugheit helfen konnte, musste endlich die Liebe helfend und rettend erscheinen, und den Ausgang aus diesem Labyrinth zeigen.


Der Rheinpfalzgraf Konrad, ein Vatersbruder des Kaisers, hatte von drei Kindern nur noch eine Tochter, Agnes, am Leben. König Philipp von Frankreich, stets auf Vergrößerung bedacht, hatte um die Hand dieser schönen und reichen Erbtochter geworben, und sie war ihm vom Vater und vom Kaiser zugesagt worden. Aber Mutter und Tochter erkannten die Politik des Königs, der kurz vorher seine Gemahlin verstoßen hatte, und daher gaben sie vor, dass Agnes einst vom kaiserlichen Oheim Friedrich dem Sohne Heinrichs des Löwen sei versprochen worden, und diesem solle ihre Hand bewahrt bleiben; ja, sie wagten es sogar, in dieser wichtigen Angelegenheit, ohne Mitwissen des Pfalzgrafen, einen entscheidenden Schritt zu tun, und den Prinzen zu sich einzuladen, indes Konrad bei dem Kaiser in Spanien war.

Er erschien, und nach kurzer Beratung erfolgte die priesterliche Einsegnung. Jetzt erst erfuhr der Pfalzgraf, was geschehen war, und billigte, was er nicht ändern konnte; der Kaiser aber wütete, und verlangte die Auflösung dieses Ehebundes. Der Pfalzgraf aber erklärte, dass die Verbindung ohne die größte Beschimpfung seines Hauses nicht rückgängig werden könne, und ritt zurück, umarmte seinen neuen Sohn, und sicherte ihm die Pfalzgrafschaft als Erbe zu. Endlich besänftigte auch der Kaiser seinen Zorn, söhnte sich mit Konrad und dessen Eidam aus, und bestätigte diesem die Nachfolge in der Pfalz. So leitete damals die Liebe und der deutsche Sinn zweier hohen Frauen eine Versöhnung ein, die bisher selbst der alles ausgleichenden Zeit unmöglich gewesen war.

Doch nicht bloß den Sohn, auch den Vater wollte der alte Pfalzgraf mit dem Kaiser aussöhnen. Die glücklichste Einleitung dazu war ja bereits gemacht, und die Gunst der Umstände vollendete das Friedenswerk. Der Kaiser musste eilig nach Sicilien, wo sein Gegner Tankred gestorben, und das Königreich erledigt war. Um also in seiner Abwesenheit die Ruhe Deutschlands durch die Welfen nicht abermals gefährdet zu wissen, zeigte er sich zu einer Aussöhnung bereit. Schnell ritt der alte Pfalzgraf zu dem Herzoge, und fand den greisen Helden, dem wohl mit Recht für seiner Söhne Freiheit bangte, schnell bereit. Er wurde also nach Saalfeld zu einer Fürstenversammlung eingeladen, wohin er auch alsbald aufbrach; allein bei Botfelde auf dem Harze, auf einem steilen Waldpfade, stürzte er mit seinem Pferde, und brach den Fuß. Mit Mühe, und unter großen Schmerzen wurde er hinab ins Kloster Walkenried gebracht, von wo aus er seinen Unfall dem Kaiser nach Saalfeld melden ließ.

Der misstrauische Kaiser sah anfangs das Ganze nur als einen Vorwand des Ausbleibens an, ließ aber doch die bereits versammelten Fürsten nicht aus einander gehen. Endlich aber überzeugte Propst Gerhard von Steterburg, vom Herzoge nach Saalfeld gesendet, den Kaiser von des Herzogs neuem Unglücke, worauf der Kaiser ihm einen andern Tag in das ihm näher gelegene Dilleda ansetzte.

Dort erschien endlich, von seinem Falle kaum genesen, der alte Herzog, und wurde hier mit dem Kaiser ganz versöhnt. Dort wurde auch der jüngere Heinrich feierlich mit seines Schwiegervaters Rheinpfalz belehnt, doch unter dem Versprechen, den Kaiser nach Italien zu begleiten. Aber weiter wurde auch nichts erlangt; von seinen früheren Ländern und Würden bekam auch hier der Herzog nichts als eitle Versprechungen, die er schon oft gehört, und nie erfüllt gesehen hatte. Es war ein grausames Spiel, was man mit dem unglücklichen Greise trieb. Nichts mag mehr bewundert werden, als die Stärke seiner Hoffnung, die nach so vielen bittern Täuschungen doch nie erlosch. Treu, wie sein Schatten, hat sie ihn bis an das nahe Ende seiner Tage begleitet, und ihn aufrecht erhalten und gestärkt; freilich nur eine schwache Vergütung für das, was er verloren hatte. — Nach dieser Aussöhnung trennten sich beide Männer, um sich nie wieder zu sehen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden