Auf der Höhe der Macht – Eifersucht und Missgunst

Die Höhe der Macht und des Ansehens, zu welcher sich Heinrich empor geschwungen hatte, musste die Eifersucht und Missgunst der deutschen Fürsten um so mehr reizen, da er sie oft durch Ungerechtigkeit und Gewalttätigkeit, besonders gegen die geistlichen Fürsten, missbrauchte, und diese nur zu geneigt waren, zu List und Ränken ihre Zuflucht zu nehmen, um herrschsüchtige Absichten zu erreichen. Man fand es unerträglich, dass er, der selbst durch nichts gezügelt werden konnte, alle zügeln wollte, und vereinigte sich um so williger gegen ihn, da man wohl einsah, dass kein Einzelner es mit ihm aufnehmen könne. Heimlich und hinterlistig rüsteten sich Heinrichs Feinde zu einem Angriffe, und gedachten die Mine springen zu lassen, sobald der Kaiser mit dem Herzoge nach Italien gezogen sein würde. Wirklich ging Kaiser Friedrich mit einem neuen Zuge nach Italien um, denn von neuem hatten die italienischen Städte sich gegen ihn verbunden, und sogar Alexandern, den ihm verhassten Gegenpapst, nach Italien zu kommen eingeladen.

Dies heischte Züchtigung; sie sollte ihnen werden. Nur hielten den Kaiser noch vielfache Geschäfte des Reichs in Deutschland zurück. Schon seit dem Ende des Jahres 1165 befand er sich zu Aachen, wo, auf Betrieb des Königs von England, die Überreste Karls des Großen aus dem Grabe in der Marienkirche feierlich emporgehoben, und in einem kostbaren Sarge wieder beigesetzt wurden. Karl wurde darauf vom Kaiser, als Karl der Bekenner, unter die Heiligen versetzt. Reinold, Erzbischof von Köln, und Bischof Alexander von Lüttich verrichteten die heiligen Gebräuche.


Dann begab sich Friedrich nach Bayern, und hielt in der Mitte des Februars einen Tag zu Nürnberg. Hier traf Heinrich der Löwe mit dem Kaiser zusammen, und es wurde mit den versammelten Fürsten wegen des Zuges nach Italien Abrede genommen. Hier erschien endlich auch vor den versammelten Fürsten, und seinem Kaiser, der Erzbischof Conrad von Salzburg, und des österreichischen Herzogs Bruder, nachdem er mehrere Ladungen vernachlässigt hatte. Dieser musste harte Vorwürfe hören, weil er sich nicht von dem Papste Paschal hatte bestätigen lassen, und vergeblich suchte ihn Heinrich der Löwe zu verteidigen; er musste bald nachher dem Ausspruche von Würzburg unterliegen.

Auf einem andern Reichstage, der zu Ulm gehalten wurde, machte der Kaiser einer höchst blutigen und verderblichen Fehde, in welcher Herzog Welf mit dem Pfalzgrafen von Tübingen seit Jahren begriffen war, durch den Ausspruch ein Ende, dass Hugo sich auf Gnade und Ungnade unterwerfen müsse. Vergeblich suchte Hugo jetzt durch einen dreimaligen Fußfall seinen Gegner zu versöhnen; dieser ließ ihn ohne Erbarmen als Gefangenen auf sein Schloss Neuburg in Verwahrung bringen, und gab ihn nicht wieder los. Zu Laufen wurde auf einer Tagsatzung mit gleicher, unerbittlicher Strenge gegen den Erzbischof von Salzburg verfahren, indem er in die Reichsacht, und von Paschal in den Bann getan, aller seiner Besitzungen beraubt, und diese der Plünderung und Verheerung Preis gegeben wurden.

Der edle Conrad, der ein besseres Schicksal verdiente, ließ zwar den Mut nicht sinken, sondern verteidigte sich kräftig gegen diese Gewalttätigkeiten; doch musste er endlich der Übermacht unterliegen, da selbst Heinrichs des Löwen Gunst ihn nicht schützen konnte. Hierauf begleitete dieser den Kaiser nach Regensburg und Frankfurt, und ungewöhnlich lange dauerte also diesmal seine Abwesenheit von Sachsen, wo die eifersüchtigen Großen sich zu einem drohenden Bunde vereinigt hatten. Zu Merseburg war dieser feierlich geschlossen worden, und geistliche Fürsten standen an der Spitze: der kaiserliche Kanzler, Reinold, Erzbischof von Köln, der Erzbischof von Magdeburg, und der Bischof von Hildesheim. Von weltlichen Fürsten gehörten Albrecht von Brandenburg, der Markgraf von Meißen, der Reiche genannt, der Landgraf Ludwig von Thüringen, des Kaisers Schwager, und der Graf von Oldenburg zu diesem Bündnisse, dem sich zuletzt auch Hartwich, Erzbischof von Bremen, anschloss, der insgeheim seine Schlösser Freiburg und Haarburg befestigte, aber immer noch Freundschaft gegen den Herzog heuchelte.

Heinrich der Löwe hatte den Sturm, der gegen ihn im Anzuge war, wohl bemerkt, und männlich seine Anstalten getroffen. Furcht kannte er nicht, sobald einmal die Gefahr entschieden vorhanden war; nur das Ungewisse, von ferne Drohende kann Geister seiner Art erschrecken, aber nicht das Unglück, das man klar ins Auge fassen kann. Jetzt, als er wusste, wer und was ihm drohte, nahm er kalt besonnen seine Maßregeln. Da auch Goslar seinen Feinden sich zugesellt hatte, und von dort aus der Feind seiner Hauptstadt am meisten schaden konnte, befestigte er Braunschweig mit Wall und Graben, stellte Wachen aus, und legte, wie in die benachbarten Schlösser und Städte, Besatzungen hinein. Ja, um seinen Feinden zu versinnbilden, wen sie angriffen, stellte er vor seiner Burg zu Braunschweig einen ehernen Löwen in Lebensgröße, mit offenem Rachen, auf. Nach Osten richtete er ihn, da von dort her die gefährlichsten Feinde drohten. Wer den Löwen in seiner Höhle aufreizt, mag es teuer bezahlen. Bei Hartwichs und der slavischen Fürsten zweifelhafter Treue, musste er auch Holsteins gewiss sein. Dort führte Mathilde, für ihren Knaben Adolf, die Regentschaft. Jetzt bedurfte es aber eines Mannes zur Verwaltung dieses wichtigen Landes, und Heinrich gab also dem jungen Grafen Adolf einen thüringischen Grafen, Heinrich, zum Vormund, den er als einen tapfern Krieger kannte. Den Eingebungen der Klugheit und Vorsicht folgend, söhnte er sich selbst mit Pribislaw aus, um sich den Rücken frei zu halten, versprach sogar seine natürliche Tochter Mathilde dem Sohne des Slavenfürsten zur Gemahlin. Von dieser Zeit an war Pribislaw bis zum Tode der treuste Freund des Herzogs. Dieser musste die schreckliche Unordnung, welche die Entsetzung Conrads von Salzburg in Bayern herbeiführte, ungerügt lassen, und seine ganze Aufmerksamkeit und Anstrengung auf die Verteidigung seiner sächsischen Länder richten; denn diese wurden, sobald der Kaiser nach Italien abgezogen war, von allen Seiten wütend angegriffen.

Ludwig der Eiserne, Landgraf von Thüringen, drang von Mittag her gegen des Herzogs Lande vor, vereinigte sich mit Erzbischof Wichmann von Magdeburg, und den übrigen Fürsten des östlichen Sachsens, und fing nun an, des Herzogs Land und Städte zu erobern, und zu verwüsten. So wurde selbst das feste Haldensleben, unweit Magdeburg, mit Sturm eingenommen. Von Norden her drang Graf Christian von Oldenburg mit einem friesischen Heere gegen Bremen vor, zerstörte das Schloss Wege, und fand in Bremen, wo man des Herzogs Joch abschütteln wollte, freudigen Empfang. Heinrich glaubte zuerst der drohendsten Gefahr in dem bei Magdeburg versammelten Fürstenheere begegnen zu müssen. Er brach daher ins östliche Sachsen auf, und suchte seine Feinde. Aber diese kannten des Löwen Mut, und hielten nirgends Stand. Er übte also nun das Vergeltungsrecht, und verwüstete ihre Länder von Magdeburg bis Thüringen. Nichts widerstand ihm, Städte fielen, Klöster brannten, Schlösser wurden zerstört, vielfache Grausamkeiten wurden verübt, weder Mönche noch Laien verschont. So hatte man auch in seinen Ländern getan, und man sollte ihn nicht umsonst aufgereizt haben. Dann wendete er seine Waffen nach Westen, stand ganz unerwartet vor Bremen, und nahm die rebellische Stadt. Die Bürger und Graf Christian flohen in die Moräste Ostfrieslands. Heinrich drang ihnen nach, gegen Oldenburg vor, konnte aber anfangs wenig ausrichten. Er ging also zurück, holte Verstärkung, erklärte Bremen in die Acht, bis es endlich später, durch des Erzbischofs Vermittelung, mit mehr als 1.000 Mark sich wieder löste. Beim zweiten Zuge gegen Christian, zog sich dieser nach Oldenburg zurück, und starb nach vier Tagen. Da fiel die Stadt durch innern Streit in seine Hände.

Auch der undankbare Bischof Conrad von Lübeck führte gegen den Herzog Böses im Sinne, und suchte den Erzbischof Hartwich zur Verbindung mit den Fürsten anzutreiben. Dem Herzoge war dies nicht unbekannt geblieben, und er hatte ihn bereits nach Artlenburg zu einem Gespräche eingeladen; allein Conrad, Heinrichs Zorn fürchtend, war, als in Geschäften des Erzbischofs, in das verdächtige Friesland abgegangen. Nach seiner Rückkehr erhielt er eine zweite Ladung, und erschien endlich unter des Erzbischofs Hartwich, und Bernos von Mecklenburg Geleite zu Stade. Dort stellte ihn der Herzog zur Rede, aber Conrad leugnete alles ab. Nach langem Streite wollte endlich Heinrich die alte Freundschaft mit dem Manne, den er einst so sehr geliebt hatte, wieder herstellen, und forderte nun von ihm den Huldigungseid für die Regalien seines Bistums. Da aber sprang Conrad ab mit der Beteuerung: Er werde sich seiner Freiheit nie begeben, und einem Andern sich unterwerfen, zumal da sein Bistum für diesen Preis eine viel zu kärgliche Pfründe sei.

Der Herzog ließ ihm die Wahl zwischen Gehorsam oder Räumung seiner Stelle, und als auch jetzt der Bischof auf seinem Sinne beharrte, ließ ihn der Herzog nicht mehr in sein Bistum zurück, und zog dessen Einkünfte ein. Es blieb ihm nun nichts übrig, als, nach Hartwichs Rat, zum Erzbischof von Magdeburg zu entfliehen, wohin auch Harrwich bald nachher aufbrach. Nach Hartwichs Entfernung ließ der Herzog das befestigte Freiburg erobern, und dem Boden gleich machen, zog alle Einkünfte des Erzbischofs ein, der von seinen ganzen Besitzungen nichts, als Harburg behielt, weil dies, durch seine Sümpfe, des Herzogs Leuten widerstand. Letzt sollte auch Goslar noch gezüchtigt werden, und der Herzog zog selbst vor diese Stadt. Doch war sie zu fest, um mit Sturm genommen zu werden; Heinrich musste sich also mit einer Einschließung begnügen, um ihr die Lebensmittel abzuschneiden, und sie durch Hunger zu bezwingen; allein die tapfere Stadt ertrug auch dieses, und der Herzog, entweder durch andere Züge beschäftigt, oder durch den Winter dieses Jahres abgehalten, gab die Belagerung auf.

In Bayern war indessen der Frevel aufs höchste gestiegen, weil hier Raubgier und Rache zugleich die Kriegsflamme anfachten. Vergeblich hatte der geächtete Conrad sich in ein Kloster zurückgezogen, man hörte nicht auf, das unglückliche Land zu verwüsten, und selbst die Heiligtümer wurden endlich nicht mehr verschont. Von der ehrwürdigen Hauptkirche St. Ruprecht, zu Salzburg, stieg die Flamme empor, und legte dieses prachtvolle Gebäude, nebst dem größten Teil der Stadt, in Asche. Der unglückliche Fürst überlebte diese Gräuel der Verwüstung nicht lange.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pantheon Deutscher Helden