PAULINZELLA. Schwarzb.-Rudolst. LA Rudolstadt.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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PAULINZELLA. Schwarzb.-Rudolst. LA Rudolstadt.

Benedikt.-Klst.-K. Im Bauernkriege 1525 beschädigt, bald darauf verlassen und nach Blitzschlag im 17. Jh. verfallen und zum Teil abgebrochen. Dank der Wetterfestigkeit des Materials haben sich in den aufrecht gebliebenen Teilen die Formen gut erhalten und lassen eine der stilkräftigsten Schöpfungen der mittelromanischen Epoche erkennen; Ruinenschönheit und Lieblichkeit der Lage in einem heimlichen Waldtal vereinigen sich zu einem Eindruck von hohem Reiz. — Gegr. vor 1109. Der bestehende Bau beg. 1112 von den aus Hirsau kommenden Mönchen. Bei der Weihe 1132 mindestens die Mönchskirche (Chor, Querschiff und Anfang des Lhs.) vollendet. Das Lhs. wahrscheinlich nach längerer Pause vollendet etwa 1160-70. Die Vorkirche etwa E. 12. bis A. 13. Jh. — Die Anlage nach dem »Hirsauer«, d. i. aus dem burgundischen Cluny herübergenommenen Bauschema: lateinisches Kreuz, zu Seiten des Chorquadrums parallele Nebenchöre in gleicher Breite mit den Sschiffen des Lhs., Schluß in 3 parallelen halbrunden Apsiden, 2 weitere an der OSeite der Qschiffsflügel, die ihretwegen etwas überhöhtes Quadrat haben. Das Lhs. (Br. : L. = 1 : 2) in 8 Arkaden. Das erste Stützenpaar Pfll., die folgenden Sll. Über dem Pfeilerjoch, im Winkel des Lhs. zum Querhaus waren Türme vorbereitet, sind aber nie ausgeführt worden. Dies alles Hirsauer Merkmale. Dazu als Negatives die Abwesenheit von Krypta und WChor, welche beiden einer sächs.-thüringischen Klst.-K. dieser Zeit nicht hätten fehlen dürfen. An Stelle des WChors Vorhof mit 2 Fronttürmen. Ein wichtiges Novum der Aufbau als reine Säulenbasilika (bisher nur einmal vorgekommen, in der Moritz-K. bei Hildesheim, auch hier unter süddeutschem Einfluß). Die Ostteile sind ganz zerstört, konnten [pg 323] aber durch, Ausgrabung im Gr. festgestellt werden. Die Würfelknaufsäulen des Lhs. gehören in der strengen Eleganz ihrer Proportionen und der ausdrucksvollen Schärfe der Linienführung zu den schönsten der ganzen Stilperiode. Spezifisch hirsauische Einzelheiten: die Eckzähne der Kapitelle, die von jedem Kapitell senkrecht zum Arkadengesims aufsteigenden und mit diesen gleichartig profilierten Leisten, die Umrahmung der kleinen Tür am nördl. Qsch. durch Herumführung des Sockelprofiles. Besonderes Interesse nimmt das großartige Hauptportal in Anspruch. Es ist im sächs.thüringischen Gebiet das erste große Sll.-Portal; je 4 schlanke Sll. freistehend vor den Rücksprüngen, die Bogenläufe in straffer, die Gegensätze von Licht und Schatten vorzüglich wahrnehmender Profilierung. Dies Portal ist mit der WWand gleichzeitig entstanden, nach rundem Rechnungsergebnis ca. 1160-70. Über dem Mauermassiv des Portals eine Empore (ausgesparte Wendeltreppe). Die mit der Wand bündigen Pfeiler zu Seiten des Portals lassen vermuten, daß im ersten Projekt ein offener Vorhof mit seitlichen Bogengängen beabsichtigt war. Die spätere Ausführung hat daraus eine basilikale Vorkirche gemacht. Ihre Pfll. in der spezifisch thüringischen Gliederung (vgl. Talbürgeln und Petersberg b. Erfurt). — Von den Klst.-Gebäuden erhalten ein kleiner rom. Steinbau mit Arkadenfenstern und einige (im Stall des Gasthauses eingebaute) Skulpturreste. Großes Wasserbecken aus der Tonsur. — Stattlicher Fachwerkbau, jetzt Oberförsterei.