Lage, Naturschönheiten, Baulichkeiten und Umgebungen Heiligendamms nebst geschichtlichen Daten.

Nachdem die in englischen, schon Mitte des vorigen Jahrhunderts florierenden Seebädern erzielten überraschenden Heilresultate die Aufmerksamkeit der Ärzte sowohl wie auch weiterer Laienkreise auf sich gezogen hatten, erwachte erst allmählich in Deutschland das Verlangen nach der Errichtung ähnlicher Badeanstalten an unseren Küsten. Es kamen verschiedene bezügliche Projekte in Anregung, ohne dass sie jedoch vorerst bis zur Ausführung gelangen konnten. Mannigfaltige Gründe brachten dieselben für Kolberg, Königsberg, die Insel Juist und Cuxhaven, welche Orte zuerst in Betracht gezogen worden waren, zum Scheitern. Hinsichtlich der beiden erst genannten scheint die geographische Lage derselben als Hindernis erachtet worden zu sein, welche, Angesichts der schwierigen und kostspieligen Verkehrsmittel jener Zeit, sie für die Mehrzahl der Badegäste aus deutschen Binnenlanden nur mit großen Opfern erreichbar machte. Gegen die Insel Juist wurden die Unannehmlichkeiten der Seefahrt angeführt. Auch das Cuxhavener Projekt geriet trotz einer mehrseitig unterstützten Agitation zu Gunsten dieser Ortswahl wider ins Stocken. Hier gab ein in J. L. Röper's „Geschichte und Anekdoten von Doberan in Mecklenburg“ (1808) erwähntes Gutachten den Ausschlag, welches sich dahin aussprach, „dass die Ostsee zur Anlegung eines großen öffentlichen Seebades weit bequemer und passender sei, weil sie den Abwechselungen der Ebbe und Flut nicht unterworfen ist, deshalb immer gleich salziges und frisches, auch wärmeres „Wasser ohne Triebsand, nebst manchen anderen Annehmlichkeiten und Vorzügen habe, die den Ufern der Nordsee fehlen.“

War hiermit einmal der Beweis für die besseren Ansprüche der Ost- gegen die Nordsee erbracht, so musste notwendigerweise bei der Wahl des geeignetsten baltischen Küstenpunkts die schon zu jener Zeit sprichwörtlich gewordene, überaus liebliche und anmutige Lage Heiligendamms, als der „Perle Mecklenburgs“, in erster Linie das Augenmerk auf sich ziehen. Und hier entstand denn auch im Jahre 1793 durch das Machtwort eines mecklenburgischen Fürsten, Friedrich Franz L, das erste deutsche Seebad. Der Herzog erteilte seinem Leibmedicus, dem Hofrath und Professor Vogel den Auftrag, „wegen Anlegung eines öffentlichen Seebades bei Doberan die nötigen Untersuchungen anzustellen und zugleich einen Plan zur bequemen und zweckmäßigen Einrichtung desselben zu überreichen. Vogel entledigte sich seiner Mission mit solchem Eifer, dass die definitive Gründung des Bades noch in den August desselben Jahres fiel — man kann sich des üblichen Wortes „Grundsteinlegung“ hier nicht bedienen, denn vorläufig schwamm das neue Seebad selbst noch lustig auf der See, da die erste Einrichtung aus zwei „Badeschiffen“ bestand. Allein schon drei Jahre später stand der Bau des Badehauses fertig und enthielt sogar auch gleich bei seinem Entstehen die Einrichtungen zu warmen Bädern. Aus diesen Anfängen wuchs das Seebad Heiligendamm — das vorerst noch den Namen „Seebad Doberan“ von der nahe gelegenen Stadt borgte — allmählich bis zu seiner gegenwärtigen blühenden Anlage heran, die ihm, wie es zeitlich das erste deutsche Seebad ist, auch in Bezug auf Komfort und Vornehmheit den ersten Hang vor allen Schwesteranstalten der deutschen Küste sichert.