Nostitz-Jänkendorf, Karl Graf von (1781-1838) deutscher General in russischen Diensten. Biographie

Allgemeine Deutsche Biographie Bd 24 (1886)
Autor: Poten Bernhard von (1828-1909) Preußischer Oberst, MIlitärbiograph
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Nostitz: Johann Karl Georg, in Russland Gregor Iwanowitsch genannt, von Nostitz aus dem Hause Ullersdorf, russischer Generallieutenant und Generaladjutant, ward am 10. Juni 1781 zu Dresden geboren. Die Ehe seiner Eltern war keine glückliche; das Missverhältnis, welches zwischen ihnen bestand, warf seine Schatten auf des Sohnes Kindheit; das unstete Leben, welches aus demselben folgte, störte seinen Bildungsgang. Trotzdem konnte Nostitz die Universität Halle beziehen und, als das Urbild des Hallenser Renommisten, klopfte Nostitz an König Friedrich Wilhelm III. Tür zu Potsdam, um Eingang in die preußische Armee zu erlangen. Seiner Beharrlichkeit glückte es, sein Vorhaben durchzusetzen. Nostitz kam als Cornet zu den Gensdarmen in Berlin, dem tonangebenden Reiterregimente. Wie er ein ausgelassener burschikoser Student gewesen war, so ward Nostitz bald der wildesten einer unter jenen Kavallerieoffizieren, welche damals in Berlins öffentlichem Leben eine gewisse Rolle spielten. Bald aber wandte Nostitz sich daneben dem Studium der Kriegswissenschaften zu, deren Betriebe eben jetzt Scharnhorst neue Anregung gegeben hatte. In beiden Richtungen passte es, daß er Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand wurde. Diesen begleitete er in den Krieg von 1806; in seinem letzten Augenblicke war Nostitz bei ihm, vergeblich bemühte Nostitz sich, den Franzosen den Leichnam zu entreißen. Er entkam später glücklich über die Oder und nahm tapfer Teil an dem Feldzuge des Jahres 1807 in Preußen. Durch eine unglückliche Verbindung, welche Nostitz kurz vor Ausbruch des Krieges geschlossen hatte, war ihm die Heimat verleidet; Schulden hatten ihn veranlasst, eine Heirat einzugehen, welche ihn in die Fremde trieb. Nostitz wandte sich zunächst nach Österreich, beschäftigte sich 1809 mit der Bildung einer Fränkischen Legion, welche nicht über die Anfänge hinauskam, ward dann Major bei Merveldt-Ulanen und machte 1812 den Krieg gegen Russland mit. Während dieser Zeit nahm Nostitz an den Bestrebungen zur Abschüttelung des fremdherrlichen Joches lebhaften Teil; er stand mit Gneisenau, Tettenborn, Gentz, Gruner, Varnhagen in Verkehr. 1813 trat Nostitz in russische Dienste, kam in den Generalstab der russisch-deutschen Legion, mit welcher Nostitz am Kriege an der unteren Elbe, in Holstein und den Niederlanden teil nahm, und ward nach Beendigung desselben der Suite des Kaisers zugeteilt, mit welcher Nostitz in Paris und später beim Kongress in Wien war; seine geistreichen Aufzeichnungen über den letzteren sind von großem Interesse. Als die Legion in den preußischen Dienst übertrat, blieb Nostitz im russischen, rückte 1815 zum zweiten Male in Frankreich ein und verblieb dort mit dem zu den Occupationstruppen gehörenden Woronzow’schen Corps bis 1818, jetzt ein Kavallerieregiment kommandierend. In dieser Zeit trat Nostitz zum Staatsrat Merian in ein näheres Verhältnis, von welchem die unten angegebene Quelle für diese Lebensskizze Zeugnis ablegt. Im Jahre 1824 verheiratete Nostitz sich zum zweiten Male, jetzt unter glücklichern Verhältnissen, mit einer Russin; 1828 machte Nostitz als General den Türkenkrieg mit, wo sein Name besonders bei Kurtepe im Kampfe gegen Omer Brione genannt wird, 1831 focht Nostitz an der Spitze einer Gardekavallerie-Division gegen die Polen. Am 4. April wurde Nostitz freilich, mit einer Recognoscirungsabteilung bei Roznan über den Narew gegangen, von Uminski geschlagen, tat sich dann aber bei Skrzynecki’s Verfolgung hervor und ward für Auszeichnung bei Ostrolenka, wo eine Schwadron seiner Garde-Ulanen ein Bataillon des berühmten 4. Regiments niederhieb, Generallieutenant. Beim Sturme auf Warschau wurde Nostitz im Reiterkampfe schwer verwundet. Er erhielt dann das Commando der 6. Ulanen-Division und starb zu Wisiliewka am 19. August 1838.

Aus Karl von Nostitz’s Leben und Briefwechsel. Auch ein Lebensbild aus den Befreiungskriegen. Dresden und Leipzig 1848.